Kleine Luegen erhalten die Liebe
mit Liv zu reden, ihrer besten Freundin und Frasers einstiger Partnerin.
Oh Gott. Mia radelt noch ein wenig schneller.
♥
»Mr. Morgan?«
Fraser starrt Demetrius, der sich mit seinen muskulösen, haarigen Armen über die Theke beugt, mindestens fünf Sekunden lang mit verständnisloser Miene an, bevor er sich erinnert, wozu er hergekommen ist.
»Oh ja, natürlich, entschuldigen Sie, Demetrius! Schluss mit den Tagträumen! Ich nehme Ciabatta, etwas Parmaschinken,eine kleine Dose mit Sardellen gefüllte Oliven und … hm …« Er starrt den Käse an, aber er nimmt ihn gar nicht richtig wahr.
»Den gleichen wie immer? Manchego?«
Fraser blinzelt. »Ja. Entschuldigung. Ein Stück Manchego.«
Fraser bezahlt.
»Schlafen Sie sich mal aus, Mann!«, sagt Demetrius und klopft ihm auf die Schulter, als er ihn zur Tür begleitet.
Dann steht Fraser auf der Straße, die Plastiktüte in der Hand, und merkt, dass er auf keinen Fall nach Hause will.
Und dabei war er eben noch fest entschlossen, sich heute zusammenzunehmen und Mia und Karen zu zeigen, dass er weit entfernt ist von dem Wrack, das letztes Jahr um diese Zeit heulend an der Bar im Bull gehockt hatte. Er würde auch Anna zeigen, dass nichts von ihrem absurden Gerede über Karma oder ihrer Herumnestelei an seinem Kopf ihm etwas anhaben konnte.
Er hatte ein paar Tage abgewartet, bevor er Anna nach diesem echt bizarren Abend anrief, an dem sie versucht hatte, ihn anzumachen, teilweise, weil er so schockiert gewesen war. Sie hatte noch nie zuvor erkennen lassen, dass sie auf ihn stand! Und war sie nicht mit Steve zusammen?
Aber sie hatte ihn nicht einmal zu Wort kommen lassen. »Vergiss es, Fraser. Ich war stockbetrunken. Ich hatte keine Ahnung, was ich tat.«
Das schmälerte jedoch nicht die Tatsache, dass sie nicht ganz dicht gewesen war an jenem Abend, völlig gaga mit ihrem Gerede über Karma und ihren eindringlichen Fragen nach Liv und ob sie wohl an ihrem Todestag glücklich war. Trotzdem hatten Annas Fragen ihn sehr aufgewühlt. Heute Morgen beim Aufwachen hat er sich geschworen, dass dieser Tag ihm nicht an die Nieren gehen würde, doch jetzt fragt er sich, ob das überhaupt noch möglich ist.
Karen war an diesem Morgen geradezu lachhaft nett zu ihm, was natürlich auch ein Teil seines Problems ist. Kaum schlug er die Augen auf, schaute sie ihn schon an und strich ihm das Haar aus dem Gesicht wie einem fieberkranken Kind.
»Heute Morgen dreht sich alles nur um dich, Liebling. Was immer du brauchst, wo immer du hinwillst …«
Und Fraser dachte: Trinken. Ich will in den Pub – was nichts Gutes für den Tag verhieß.
Dann wies sie ihn an, sich hinzusetzen, um ihm den angespannten Nacken zu massieren.
»Wenn du dir Fotos von Liv ansehen oder spazieren gehen oder allein sein willst …«
(Oder zur Arbeit gehen? Warum zum Teufel hatte er sich den Tag freigenommen?)
Dann ging sie ins Wohnzimmer und kam grinsend mit einer pinkfarbenen Tüte mit der Aufschrift FREED zurück, was Fraser innerlich zusammenfahren ließ.
»Ein Geschenk, um dir den heutigen Tag zu erleichtern«, sagte sie stolz, als sie sich auf der Bettkante niederließ.
Fraser nahm langsam den Karton aus der Tüte, entfernte den Deckel, als befände sich eine tote Maus darunter, und fand genau das, was er befürchtet hatte: ein Paar Herrentanzschuhe mit Blockabsätzen. Mit – er konnte es fast nicht glauben – Blockabsätzen !
»Ich weiß ja, wie verrückt du nach Salsa-Tanzen bist«, sagte sie, »und deshalb sollst du auch die richtigen Schuhe dazu haben. Du kannst sie gleich heute Abend einweihen, dann hast du etwas, worauf du dich freuen kannst. Freitags finden doch die Salsa-Partys statt …«
Der Salsa-Unterricht jeden Dienstag macht Fraser in der Tat noch Spaß. Er hat sich jedenfalls nicht als die Folterqual herausgestellt, die er beim ersten Mal befürchtet hatte – siehtman einmal von Joshi ab, denn mit ihm zu reden ist noch immer Folter. Mittlerweile kann Fraser eine ganze Serie tanzen, ohne so auszusehen, als hätte er eine neurologische Störung, was Liv, wenn sie noch leben würde, für ein Wunder halten würde, und deshalb betrachtet Fraser seine Aufgabe als erfüllt. Aber er ist keineswegs »verrückt nach Salsa« und hat auch nicht die Absicht, mit dem Unterricht weiterzumachen, wenn der Kurs, den sie gebucht haben, beendet ist.
Aber jetzt hatte Karen ihm diese Schuhe gekauft, und die Gewissensbisse wurden unerträglich. Das Schlimmste war, dass Mia
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