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Kleine Rache zwischendurch (German Edition)

Kleine Rache zwischendurch (German Edition)

Titel: Kleine Rache zwischendurch (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Walter Fritz Müller
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begleitet werden. Er erinnerte sich, bei Balzac gelesen zu haben, hübsche Mädchen würden gern mit unscheinbaren Freundinnen spazieren gehen, um durch den Kontrast ihre eigene Schönheit zu verstärken. Wenn die Frau nun keine geeignete Freundin hat, dann nimmt sie sich eben einen kleinen dicklichen Mann.
    »Hattest du nicht mal einen Spionagefall?«, fragte Gero. »Damals war Getti oder einer seiner Anwälte unter Verdacht geraten. Das hatte sich aber nicht bestätigt.«
    Rex zog die Stirn kraus: »Du denkst an Spionage? Das ist was anderes, als wenn einer sich bei der Konkurrenz nur mal so umsieht. Hat Großmann von Spionage gesprochen, oder hast du selbst schon Hinweise gefunden?«
    Gero schüttelte den Kopf: »Weder, noch. Aber ich hätte gern Anhaltspunkte. Großmann sagt nur, jemand habe versucht, in seine Computer einzubrechen. Das ist alles. Wenn das alles ist, geht man dann gleich zu einer Detektei und löst einen nicht ganz billigen Auftrag aus?«
    »Ich merke schon«, sagte Rex, »dir ist Großmann verdächtiger als Friedanger. Aber ich kann seine Büros und seine Villa nicht überwachen lassen. Kein deutlicher Hinweis, Lauschangriff nicht zulässig.«
    Gero legte den Kopf auf die Seite und sah Rex mit treuen Hundeaugen an und bettelte: »Doch bloß ein bisschen.«
    Rex schüttelte den Kopf und lachte: »Sei nicht albern, Gero. Das ist strikt untersagt. Es gibt nicht den geringsten Verdacht gegen Großmann und ...«
    Rex beugte sich vor, senkte den Kopf und sprach eindringlich: »Und du lässt dir nicht etwa einfallen, Großmanns Werft selber zu verwanzen. Nun gut, es gibt für meine Dienststelle keinen Grund, bei Großmann Wanzen zu vermuten, aber das sollte dich nicht in Sicherheit wiegen. Wenn ich morgen beantrage, bei Großmann nach Minispionen suchen zu dürfen, habe ich die Genehmigung innerhalb von vierzehn Tagen. So schnell geht das bei uns.«
    Damit war alles klar. Sie redeten noch lange über alte Zeiten, tranken noch eine Flasche Bonnet, und dann brachte Gero Rex mit einem Taxi nach Hause.
    15.
    »Sag` mal, Heiko«, fragte Markus Großmann seinen Sohn, »Hast du eigentlich schon ein Diplomthema? Komm, setz` dich.«
    Markus Großmann lud seinen Sohn ein, an dem kleinen Tisch in seinem Dienstzimmer Platz zu nehmen. Er dirigierte ihn mit einer Handbewegung auf den Sessel, der gewöhnlich ihm, dem Direktor vorbehalten blieb. Er tat so, als sei das völlig unbewusst geschehen, und als würde er sich sonst zufällig immer auf diesen Sessel setzten. Sein Sohn bemerkte den Bruch mit der Tradition aber sofort, doch er maß ihm keine Bedeutung bei. Der Vater wollte ein Diplomthema vorschlagen, ein Thema, das sein Sohn Heiko vermutlich nicht so ganz freiwillig annehmen würde. Heiko sollte sich so fühlen wie sonst sein Vater. Darum saß er jetzt in dem Sessel, von dem aus immer die entscheidenden Worte gesprochen wurden. Ob dieses psychologische Spielchen aufging, war zumindest zweifelhaft, aber der Vater und Chef zweifelte überhaupt nicht, seinen Sohn letztlich doch zu dem einzig richtigen Thema zu drängen, zumal er sich mit Heikos Betreuer schon einig war.
    »Nein, eigentlich noch nicht«, antwortete Heiko zögernd und kleinlaut. Und der Vater dachte, das sei wieder einmal typisch für sein stets unentschlossenes Kind. Er schüttelte kaum merklich den Kopf. Es hatte ihm manchmal auf der Zunge gelegen, ihm zu sagen, welche Kräfte die meisten Frauen in seinem Alter entwickelten und wie sie vor allem zielbewusster seien als er. Doch damit wäre Heiko vermutlich nur bockig geworden. Starke Naturen versuchen sich durchzusetzen, aber Schwächlinge werden einfach nur störrisch.
    »Na, ja«, sagte der Vater, »so sehr eilt es ja auch noch nicht.«
    Das stimmte ganz und gar nicht. Es brannte ihm ganz im Gegenteil unter den Nägeln, endlich anzufangen. Er musste seinen Vorteil gegenüber Friedanger jetzt recht schnell nutzen. Die Zeit tickte für Friedanger. Heiko atmete auf. Wenn sein Vater sagte, es sei noch reichlich Zeit, dann brauchte er ja jetzt zum Glück noch nicht über das Diplomthema nachzudenken. Er wollte schon öfter das Studium abbrechen, mit dem Rucksack durch fremde Länder ziehen und den hungernden Menschen irgendwo in Afrika oder in Indien helfen. Sein Vater kannte diese Gedanken nicht. Und hätte er sie gekannt, dann wäre ein Vulkan ausgebrochen und ein Ascheregen über seinem Söhnchen niedergegangen, der ihm den Atem genommen hätte.
    »Wie findest du ...«
    Markus Großmann

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