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Kleine Schiffe

Kleine Schiffe

Titel: Kleine Schiffe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Silke Schuetze
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an meinem Körper, die Körbchen unterstützen den Schwung meiner Brüste, die von Spitze umschmeichelt werden. Die Farbe lässt meine Haut schimmern, die Strapse machen meine Beine länger. Probeweise stelle ich mich auf die Zehenspitzen, als hätte ich hochhackige Schuhe an, drehe mich um die eigene Achse …
    Meine Figurprobleme begannen erst, als Andreas und ich nicht mehr miteinander schliefen. Es schlich sich ein, und irgendwann war es eine Tatsache. Als mir das klar wurde, hatte ich den Eindruck, dass sich meine Haut veränderte, rauher und schlaffer wurde. Ich bekam Röllchen über dem Hosenbund.
    Mein Körper wurde nicht mehr geliebt, weder von mir noch von meinem Mann. Ein geliebter Körper ist schön. Ganz von allein. Einen ungeliebten mag man noch nicht einmal in der Sauna zeigen. Ich schlüpfe mit Bedauern wieder aus dem schönen Stück. Aber ich werde es ja bald wieder tragen. Als ich die Kabine verlasse, ertönt eine sonore Männerstimme neben mir: »Darf ich Ihnen helfen?«
    Ich fahre herum. Ein Mann im Anzug steht mir gegenüber.
    »Wo kommen Sie denn her?«, rutscht es mir heraus. Er zeigt über seine Schulter. »Aus dem Büro. Ich bin der Geschäftsführer. Sie haben gewählt?« Er nimmt mir die Wäsche so vorsichtig aus den Händen, als handele es sich um rohe Eier oder Edelsteine.
    Ich betrachte ihn von der Seite. Er ist ungefähr in Simons Alter, mit einem sympathischen Grinsen und einem gepflegten blonden Wuschelhaarschnitt. Er geht zur Kasse, tippt die Beträge ein und nennt eine Summe, bei der mir schwindelig wird. Aber wenn ich diese Summe durch all die Jahre teile, die ich vernünftige, langweilige Unterwäsche gekauft habe, kann ich mir eine derart luxuriöse Verführung wirklich einmal leisten.
    Also schiebe ich fast trotzig meine Kreditkarte über den Tisch. Dabei spüre ich seine Blicke wie brennende Nadeln auf mir. Was der wohl denkt? »Was will die denn mit solcher Wäsche?« Oder: »Ist wahrscheinlich für ihre große Tochter.« Vielleicht auch: »Ist bestimmt ein Geschenk. Für eine jüngere, schönere Freundin.«
    Er liest die Karte ein, schiebt mir den Abschnitt, den der Apparat ausspuckt, zur Unterschrift hin, verpackt die Stücke und hält mir dann die Tüte entgegen. »Viel Spaß damit.« In seiner Stimme schwingt etwas mit, das über die Unverbindlichkeit dieser Verkaufsfloskel hinausgeht.

    Auf dem Weg nach Hause halte ich mich gerade. So, als trüge ich die neue Pracht schon und würde auf hohen Absätzen gehen. Ich schwinge die Hüften, wiege meinen Oberkörper, und wie ein Kribbeln auf der Haut spüre ich die Vorfreude, mich in den neuen Dessous auszuprobieren.
    In meinem Haus ist es still. Die Küche ist lichtdurchflutet, die Sonne verleiht dem abgezogenen Holzfußboden einen warmen Schimmer, der weinrote Samtbezug des Küchensofas leuchtet. Am Kühlschrank hängt ein Zettel in Lillis Handschrift: »Bin mit den Kindern im Park.«
    Das geht seit neuestem, weil Papa eines Tages mit einem gebrauchten Zwillingskinderwagen ankam. Den habe eine Frau beim Seniormittagstisch im Gemeindehaus abgegeben, sagte er. Zur Weiterleitung an den Kindergarten der Gemeinde. Da habe er sofort an uns gedacht. »Schließlich kann ja mal eine von euch krank werden, und dann sollte doch die andere mit den Kleinen trotzdem mobil sein!« Er hatte dem Kindergarten eine kleine Spende zukommen lassen und den Wagen eigenhändig in die Wiesenstraße geschoben. Der Gute!
    Im Kühlschrank steht eine Flasche Sekt. Genau das Richtige, um weiterhin die Unvernunft zu feiern! Ich gieße mir ein großes Glas ein. Dann kicke ich die Schuhe von den Füßen und kuschele mich aufs Sofa, von dem aus ich in den Garten sehen kann. Zufrieden nehme ich einen Schluck.
    Es klingelt. Ächzend erhebe ich mich vom Sofa.
    Vor der Tür steht … Simon! Mein Herz macht einen Hüpfer, und ich bekomme einen feuerroten Kopf. »Was machst du denn hier?«
    Das verletzt ihn. »Ich wollte … äh … Hm, ist Lilli da?« Er blickt an mir vorbei in Richtung Küche. Enttäuscht schüttele ich den Kopf. Also kommt er, um Lilli zu besuchen?
    Simon lächelt mich an. »Da bin ich aber froh! Ich würde nämlich gern etwas mit dir allein besprechen.«
    Mein Herz wird schwer. Jetzt kommt es also! Jetzt wird er etwas sagen wie: »Weißt du, die Nacht damals … die vor zwei Wochen. Das war ein Fehler.«
    Er tritt von einem Fuß auf den anderen. »Darf ich nicht reinkommen?«
    »Was?«
    »Franzi, was ist denn los? Man könnte meinen, ich wäre

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