Kleine Sünden erhalten die Liebe
etwas tut.«
Ich blieb ganz still stehen. »Ich höre nichts.«
»Das liegt daran, dass ich eine gesteigerte Sinneswahrnehmung habe, während du …«
Diesel unterbrach sich mitten im Satz.
»Und ich bin nur diejenige, die Cupcakes bäckt?«
»Schätzchen, es ist nichts daran auszusetzen, wenn jemand Cupcakes backen kann.«
»Du wirst mich nie nackt sehen.«
»Du hast sie noch nicht nackt gesehen?«, wollte Morty von Diesel wissen. »Wie kommt das? Wie lange seid ihr zwei schon zusammen? Vielleicht sollten wir mal ein Gespräch von Mann zu Mann führen. Ich hätte sie schon längst flachgelegt. Ich komme bei Frauen gut an. Wenn sie sehen, dass ich Löffel verbiegen kann, sind sie hin und weg. Es ist so einfach, wie einem Baby einen Lutscher wegzunehmen. Also, was klauen wir dieses Mal?«
»Das wissen wir noch nicht«, erwiderte ich. »Wir müssen uns zuerst einmal umschauen.«
Wir gingen nach links an dem Buchladen vorbei und blieben an den Aufzügen stehen.
»Nach oben«, erklärte Diesel und drückte auf den Knopf.
Ich trat einen Schritt zurück. »Auf keinen Fall. Bis hierhin und nicht weiter. Wir können morgen wieder herkommen, wenn das Gebäude geöffnet ist.«
»Ich dachte, du willst die Sache endlich zum Abschluss bringen.«
»Aber ich lege keinen Wert darauf, in den Knast zu kommen!«
Die Aufzugtüren öffneten sich, und Diesel schob mich vorwärts. »Du machst dir viel zu viele Gedanken, was erlaubt ist und was nicht.«
»Sie erinnert mich an meinen Sohn«, meinte Morty. »Ein verklemmter Umstandskrämer. Ich liebe ihn, aber ich will mir nichts vormachen. Der Junge hat Probleme. Und er sieht nicht einmal gut aus, so wie ich. Ich kann nicht begreifen, dass er überhaupt eine Frau gefunden hat, die bereit war, ihn zu heiraten. Wahrscheinlich ist es so, wie man sagt – für jeden Topf gibt es einen Deckel.«
Als wir eine Etage höher aus dem Lift stiegen, hörten wir Geräusche. Sie kamen eindeutig aus dem hinteren Teil des Gebäudes. Wir gingen durch die Hall of Flags auf die Great Hall zu. Die Glastüren waren geöffnet, und der Saal wurde für eine Festlichkeit vorbereitet. An den Wänden standen runde Tische mit jeweils acht Stühlen. Sie waren mit roten Leinentischdecken und Kerzen und Blumen geschmückt. Hinter zwei Theken standen Barkeeper mit weißen Hemden, schwarzen Krawatten und schwarzen Hosen. An zwei Tranchierstationen standen Köche mit albernen Hüten und weißen Kitteln. Und zwei lange Buffettische wurden mit Bergen von Krabben, unzähligen Wärmeplatten mit dampfenden Gerichten, einem kunstvollen Arrangement aus Brot, Salaten, Soßen, eingelegtem Gemüse, exotischen Früchten, stark riechendem Käse und geräuchertem Lachs beladen.
»Das nenne ich eine reichliche Auswahl«, bemerkte Morty. »Aber ich sehe keine Wurstbrötchen.«
Einer der weißbekittelten Männer kam auf uns zu. »Offensichtlich haben Sie sich verlaufen. Sie hat sicher die Agentur geschickt.«
»Ja«, sagte ich rasch. »Wir sind von der Agentur.«
»Die Türen werden in fünfzehn Minuten geöffnet, und ich bin spät dran. Sie können sich unten umziehen. Sie wissen ja, wie es läuft, oder? Sie haben so etwas schon gemacht, richtig?«
»Oh, ja«, bestätigte ich. »Schon sehr oft.«
Er musterte Morty. »Er sieht recht alt aus.«
»Ich bin steinalt«, sagte Morty. »Aber Sie sollten mal sehen, was ich alles mit einem Löffel machen kann.«
Der Mann in dem weißen Kittel schüttelte ungläubig den Kopf. »Die Arbeitslosenquote ist schwindelerregend hoch, und was Besseres konnten sie mir nicht schicken.« Er hastete davon.
»Was nun?«, fragte ich Diesel.
»Wir gehen nach unten und ziehen uns um. Wenn wir aussehen wie Servicepersonal, fallen wir nicht auf und haben überall Zugang.«
»Wie kommen wir nach unten?«
»Aus der Tür dort drüben kommen etliche schick gekleidete Kellner«, sagte Morty.
Fünfzehn Minuten später trugen wir weiße Hemden, schwarze Fliegen und schwarze Hosen und befanden uns wieder in dem großen Saal. Morty und ich sahen einigermaßen passabel aus, aber Diesel wirkte wie einer der Chippendales, der beinahe aus seinen Klamotten platzte.
Männer mit schwarzen Krawatten und Frauen in Cocktailkleidern kamen herein, lächelten, unterhielten sich und hielten Ausschau nach ihren Tischen. Kellner gingen mit Champagnergläsern und Horsd’œuvres auf Silbertabletts herum.
»Wenn der Saal sich gefüllt hat, wird es nicht auffallen, wenn wir verschwinden und uns um unseren eigenen
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