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Kleine Suenden zum Dessert

Kleine Suenden zum Dessert

Titel: Kleine Suenden zum Dessert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Clare Dowling
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Stimme gehört haben, denn er sagte: »Es ist nicht ganz einfach für mich, Grace. Schließlich rechnet man bei einem Urlaub in Disneyworld nicht damit, dass dem Sohn plötzlich Brüste wachsen.«
    »Ich weiß, Ewan.« Grace konnte sich vorstellen, was Jamie die letzten Tage durchgemacht und wie viel Überwindung es ihn gekostet hatte, diese unerwünschten Auswüchse auf seiner Brust zur Sprache zu bringen - bei einem Vater und einem Bruder, die nur Interesse für typisch männliche Aktivitäten hatten. Es musste für ihn gewesen sein, als gestehe er in einem Umkleideraum eines Footballklubs, dass er die Periode bekommen habe.
    »Okay, dann. Ruf mich morgen an und erzähl mir, was der Arzt gesagt hat«, instruierte sie Ewan. »Ich werde versuchen, hier etwas in Erfahrung zu bringen.«
    »In Ordnung. Und - Grace?«
    »Was ist denn, Ewan?«, herrschte sie ihn ungeduldig an, weil sie weitere Rechtfertigungen erwartete.
    »Wo warst du, als ich anrief?«
    Sie erstarrte. »Was?«
    »Mrs Carr hat dich eine Ewigkeit suchen müssen, und das fand ich ein bisschen seltsam, denn bei euch ist doch Nacht.«
    »Ich war auf der Toilette«, erklärte sie und staunte, dass ihre Stimme völlig normal klang. »Dann bis morgen.« Bevor er noch etwas fragen konnte, legte sie auf.

14
    Trotz all der Aufregung, der hektischen Gespräche mit Natalies Schwägerin, die Ärztin war, der schlaflosen Nächte und der Telefonate in die Staaten konnte Grace ein Gefühl des Triumphes nicht verhehlen. Des Siegerstolzes. Sie verabscheute sich natürlich dafür, angesichts des Ernstes der Lage so zu empfinden, aber sie konnte nicht dagegen an: Sie brauchten sie noch immer. Dringend! Im Moment war sie der einzige Mensch, der helfen konnte. Oh, wie das ihr Herz jubilieren ließ. Es bereitete ihr beträchtliche Mühe, allzeit die gebotene Ernsthaftigkeit an den Tag zu legen.
    »Ein Busen - ist das nicht grauenvoll?«, trällerte sie bei Julia.
    Julia schaute sie befremdet an.
    »Der arme, kleine Wurm«, setzte Grace schuldbewusst hinzu.
    Natürlich war es grauenvoll - aber war nicht jeder Wolke ein silberner Rand gestattet? Und wenn Grace in diesem Fall Nutzen aus dem Unglück ihres Sohnes zog - was war so schlimm daran? Sie müsste nie mehr schlechte Witze wiedererzählen oder unglaubliche Tricks mit Lebensmitteln vollführen, um die Aufmerksamkeit ihrer Familie zu erringen. Ein unerwarteter Schlenker des Schicksals hatte ihr ihre Söhne zurückgegeben (na ja, zumindest Jamie.
    Gott allein wusste, was passieren müsste, damit Neil sie wieder brauchen würde. Vielleicht, wenn ihm ein zweiter Schniedel wüchse...). Sie hatte das Gefühl, als sei ihre Welt wieder zurechtgerückt worden.
    Es fiel ihr schwer, ihre Freude vor Ewan zu verbergen, obwohl sie sich redlich bemühte, denn immerhin befand sich Jamie in einer schweren Krise und es war nicht der geeignete Zeitpunkt, ihrem Mann gegenüber zu frohlocken, dass sie wieder das Alphatier des Rudels und er abgemeldet war, der Blindgänger! Doch sie hörte es selbst in ihrer Stimme mitschwingen, die ein neues Selbstvertrauen und eine neue Autorität vermittelte. »Hol ihn mir an den Apparat, ja?«, wies sie Ewan in den folgenden Tagen beispielsweise an, als sei sie eine Spitzenchirurgin, die gleich eine lebensrettende Operation vornehmen würde, während er nur eine unbedeutende OP-Schwester war, die in Hab-Acht-Stellung zu warten hatte, um ihr bei Bedarf den Schweiß von der Stirn zu tupfen.
    »Grace«, hatte er gestern am Telefon gesagt, »mit allem schuldigen Respekt - ich glaube, ich weiß, wie man ein Heftpflaster aufklebt.«
    »Das habe ich auch nicht bestritten. Ich habe dich lediglich daran erinnert, dass die Haut trocken sein muss, wenn du es anlegst, weil es sonst nicht hält. Das vergisst du manchmal«, erwiderte sie freundlich.
    Das tat er wirklich. (Die Pflastergeschichte hatte nichts mit Jamies Brüsten zu tun Neil hatte sich beim Baden ein Knie aufgeschürft -, doch Grace wandte ihre neue Autorität auch in diesem Fall an.)
    Aber seine Proteste waren nur reine Formsache, und am Ende der Diskussion gab er den Hörer merkbar erleichtert an Jamie weiter. »Du findest immer die richtigen Worte für ihn, Grace.«
    Es war schmeichelhaft - und es war wahr. Ewan verunsicherte ihn nur noch mehr, indem er ihn auf Menschen hinwies, die ein körperliches Gebrechen hatten, wie er es offenbar gestern getan hatte.
    »Ich wollte nicht, dass er denkt, er wäre der Einzige«, verteidigte er sich. Grace hatte es

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