Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Kleine Suenden zum Dessert

Kleine Suenden zum Dessert

Titel: Kleine Suenden zum Dessert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Clare Dowling
Vom Netzwerk:
Weg zurück an seinen Computer, um eine schwülstige E-Mail zu verfassen. Was für einen Kosenamen Sandy sich wohl für ihn ausgedacht hatte? Mr Stiffy, vielleicht. Ach nein - sie hatten die Beziehung ja noch nicht vollzogen, fiel ihr ein. Die bloße Vorstellung, dass die beiden es taten, stieß sie ab, und sie ging nach oben, um zu duschen und sich umzuziehen.
    Sie zog wieder die Sachen von gestern an. Die Wäsche hatte sie am Abend zuvor gewaschen, und die Socken waren noch nicht trocken, und so war sie barfuß, als sie eine Stunde später mit zwei Kaffeebechern in den Garten hinausschlenderte. Adam war fertig mit Mähen, und es duftete herrlich. Es war Jahre her, dass sie Gras zwischen ihren Zehen gespürt hatte (der Garten zu Hause erschöpfte sich in einer Terrasse mit Grillplatz), und sie wanderte zwischen ins Kraut geschossenen Büschen und einem höchst merkwürdig anmutenden Steinhaufen entlang, der an ein Hünengrab erinnerte - oder an ein windschiefes Grabmal. Vielleicht war hier ein geliebtes Haustier beerdigt. Allerdings musste es dann ein sehr großer Hund gewesen sein. Oder vielleicht ein junger Elefant.
    Adam war dabei, mit einer Gartenschere die Hecke am Ende des Gartens zu stutzen.
    »Ich habe Kaffee für Sie«, sagte Grace.
    »Großartig. Danke. Ich mach das hier bloß noch schnell fertig.«
    Sie ließ sich auf dem Rasen nieder und schaute ihm zu. Er trug ein strahlend weißes T-Shirt, das jedes Mal, wenn er die Schere schnappen ließ, hochrutschte. Als sie so dasaß und ihn musterte, kam sie sich ein bisschen wie ein Bauarbeiter vor und musste einige Beherrschung aufbringen, um nicht durch die Zähne zu pfeifen.
    »Erzählen Sie. Was studieren Sie?«, fragte sie in einem Ton, der, wie sie hoffte, nicht mehr als höfliches Interesse ausdrückte. Wenn er sich noch ein winziges bisschen weiter streckte, könnte sie seinen Bauchnabel sehen ... »Woher wissen Sie, dass ich studiere?«
    »Auf Ihrer Brieftasche klebt ein Sticker von einer Universität.«
    »Sie haben geschnüffelt?«
    »Ganz sicher nicht. Sie liegt für alle sichtbar auf dem Tisch in der Diele.«
    »Warum so aggressiv?«
    »Ich bin nicht aggressiv!«, erwiderte sie aggressiv. »Ich mag es nur nicht, wenn man mich der Neugier bezichtigt.«
    Er fuhr sich mit dem Arm über die Augen. Die Unterseite seines Pferdeschwanzes war feucht. »Wenn Sie es unbedingt wissen wollen - ich habe die Uni geschmissen.«
    »Oh.«
    »Das Studium hieß ›Wirtschaftslehre‹.«
    »War das kein interessantes Studium?«
    »Es war ein tolles Studium. Produzierte letztes Jahr vierundsechzig anständige, kleine Kapitalisten. Genau was die Welt braucht, meinen Sie nicht auch?« Das schien ein Seitenhieb gegen sie zu sein.
    Wieder reagierte sie aggressiv. »Warum haben Sie sich dann dafür entschieden?«
    »Es war das einzige Studium, für das ich eine Zulassung bekam.« Er lachte freudlos auf und hackte mit der Schere auf einen besonders widerspenstigen Heckentrieb ein. »Ich dachte, Uni wäre interessant«, sagte er nachdenklich. »Ich dachte, ich würde dort Gleichgesinnte finden. Leute mit Meinungen und Überzeugungen und Idealen. Stattdessen landete ich bei einer Horde egozentrischer, markenartikelbesessener Arschlöcher, die sich um den Verstand soffen.« Er klang fast gequält. »Wie war es denn zu Ihrer Zeit?«
    »Sie meinen, so vor dreißig Jahren?«, fragte sie spitz. Er lächelte. Sie wurde allmählich besser. »Wahrscheinlich nicht viel anders. Wir tranken auch eine Menge, daran erinnere ich mich noch.«
    »Aber hatten Sie eine Meinung?«
    »Wozu?«
    »Zu Beirut. Weltfrieden. Kommunismus gegen Kapitalismus.«
    »Vielleicht. Das weiß ich nicht mehr«, gestand sie schuldbewusst in der Erinnerung an all die vielen Nächte im Pub, wo sie über Sex und Klamotten redeten und über die Möglichkeit, ein Date mit Damien von Applied Physics zu ergattern.
    Adam schien ein wenig enttäuscht von ihr. Jedenfalls wandte er sich wieder der Hecke zu. Aber ehrlich - er war so idealistisch! Sollte sie ihm erzählen, dass sie mit sechzehn Vegetarierin gewesen war? Das würde ihn vielleicht beeindrucken. Er brauchte ja nicht zu wissen, dass es nur drei Wochen angehalten hatte und sie eines Sonntags beim Mittagessen schluchzend einem Brathähnchen zu Füßen gesunken war. Oh, wann würde sie erwachsen werden und aufhören, Jungs beeindrucken zu wollen? Ihre eigenen und die anderer Leute?
    Sie war so ärgerlich über sich selbst, dass sie ihn, als er sie in einem Ton, der ihr

Weitere Kostenlose Bücher