Kleine Suenden zum Dessert
Sache.«
Sie musste versuchen, sich ihm verständlich zu machen. »Aber es ist eine große Sache, Michael. Wenn ich dort einziehe, bedeutet das eine sehr große Umstellung für uns alle. Was sagt denn Gillian dazu?«
»Wenn es um ihre Mutter ginge, würden wir dasselbe tun«, antwortete er mit einer wegwerfenden Handbewegung.
»Ihre Mutter ist tot, Michael.« Als er darauf nichts sagte, fuhr sie fort: »Und was ist mit Susan?«
»Was soll mit ihr sein?«
»Sie ist dreizehn. Vielleicht gefällt es ihr nicht, mit einer alten Frau zusammenzuleben.«
»Sie wird sich daran gewöhnen. Ich bitte dich ja nur, dir die Garage mal anzusehen, Mammy. Okay?« Er schien entschlossen zu sein, alle mit dieser albernen Idee zu überfahren. Ausgerechnet Michael, das schüchterne Pflänzchen.
Als sie vor dem Haus anhielten, winkte Gillian ihnen vom Küchenfenster zu. Sie hatte etwas im Gesicht, das wie eine Gasmaske aussah.
»Trägt sie das Ding immer beim Kochen?«, fragte Julia. Vielleicht war sie ja allergisch gegen Pflanzenöl oder so was. Von Allergien gegen Nüsse, Knoblauch, Hefe, Fisch und Milchprodukte wusste sie bereits. Irgendwann hatte sie sich nur noch von Oliven und trockenen Kräckern ernährt - bis sie entdeckte, dass sie auch gegen Oliven allergisch war.
»Nein, nein - sie hat die Garage ausgeräuchert. Wenn sie mit ihrer Reinigungsaktion fertig ist, kannst du sicher sein, dass du das einzige Lebewesen dort bist.«
»Falls ich einziehe, Michael. Es ist noch nicht entschieden.«
»Ich weiß«, sagte er.
Gillian kam aus dem Haus. Netterweise hatte sie die Gasmaske abgenommen. »Julia! Willkommen zu Hause!«
»Ich bin hier nicht zu Hause«, erwiderte Julia scharf. Warum hörte ihr plötzlich niemand mehr zu?
»Ich hoffe, du hast Appetit mitgebracht - das Essen ist fertig«, überging Gillian die Brüskierung.
Aber Michael wollte erst zur Garage. »Komm, Mammy!« Er hatte vergessen, dass sie an Krücken ging, und lief voran, während sie langsam über den Rasen humpelte, wobei Gillian an ihrer Seite blieb, um sie zu stützen, falls sie stolperte.
»Ich musste noch nie an Krücken gehen«, sagte Gillian. Neid schwang in ihrer Stimme mit.
»Möchtest du es mal ausprobieren?«, bot Julia ihr an.
»Großer Gott, nein!« Aber man konnte ihr ansehen, dass es sie reizte.
Michael erwartete sie vor der Doppelgarage. »Ta-taa!«, sagte Ein dichter Insekten-Spray-Nebel hing in dem Raum, der keine Ähnlichkeit mehr mit einer Garage hatte. Rigipswände waren aufgestellt worden, um mehrere Räume zu schaffen, neue Stromleitungen hingen in Knäulen an der Wand, und eine neue Haustür, zu der wohl ihr Schlüssel passte, wartete darauf, eingebaut zu werden.
»Sagtest du nicht, ihr hättet bloß ausgeräumt?«
»Ach, wir haben kurzfristig einen Handwerker bekommen«, antwortete Michael. »Aber wir wollten es dir nicht sagen - es hätte ja sein können, dass er nicht ordentlich arbeitet.« Sein Doppelkinn bebte vor Aufregung.
»Michael hat gestern alles abgeschmirgelt, damit verputzt werden kann, sobald die Fassade fertig ist. Wenn wir gewusst hätten, dass du heute rauskommst, hätten wir die Eingangstür schon montieren lassen.«
Sie schienen davon auszugehen, dass sie bei ihnen wohnen wollte, und das machte sie wütend. »Ich habe euch nicht darum gebeten«, sagte sie nachdrücklich. Gekränktes Schweigen.
»Vielleicht brauchst du ein bisschen Zeit, um darüber nachzudenken«, meinte Gillian schließlich.
»Ich habe bereits darüber nachgedacht. Ich danke euch für das Angebot, aber ich werde es nicht annehmen. Es würde nicht gut gehen.«
Michael und Gillian sahen sich über ihren Kopf hinweg an.
»Weißt du, Mammy, es ist uns einfach nicht mehr wohl bei dem Gedanken, dass du allein lebst«, begann Michael. »Nach dem ... Zwischenfall mit der Waffe.«
»Und es wäre euch wohler, wenn ich bei euch lebte? Hättet ihr nicht Angst, dass ich ins Haus rüberkäme und euch alle mit einer Uzi niedermähte?«
Gillian stieß ein kleines, hysterisches Kichern aus.
»Wir möchten nur tun, was das Beste für dich ist, Mammy«, sagte Michael.
Plötzlich war sie den Tränen nahe. Ihr eigener Sohn bevormundete und überrumpelte sie, behandelte sie, als habe sie keinen eigenen Willen mehr - oder zumindest keinen Willen, den es zu berücksichtigen lohnte. Ihr Zorn war ebenso groß wie ihre neue Bedeutungslosigkeit.
»Bitte fahr mich nach Hause. Sofort.«
»Aber das Essen ...«
»Ich habe keinen Hunger.«
Jetzt sah er
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