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Kleine Suenden zum Dessert

Kleine Suenden zum Dessert

Titel: Kleine Suenden zum Dessert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Clare Dowling
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möglich auch in der Mittagspause. Ich behaupte dann im Büro einfach, ich müsste zu einer Besprechung oder so.«
    »Ich will nicht, dass du dich meinetwegen derart unter Druck setzt.« Sie begann, sich schuldig zu fühlen.
    »Wir werden eine Haushaltshilfe für dich besorgen. Ich kümmere mich gleich nachher darum, wenn ich dich abgesetzt habe.«
    »Das ist nicht nötig. Wenn ich jemanden brauche, kann ich mir selbst jemanden suchen.«
    »Wie willst du das denn machen? Du gehst an Krücken. Du kommst nicht einmal zum Supermarkt, um dort einen Zettel ans schwarze Brett zu hängen. Und Auto fahren kannst du auch nicht.«
    Wieder stieg dieses schreckliche Gefühl drohenden Unheils in ihr auf, und sie wollte, dass er aufhörte, ihr alles vorzuhalten, was sie nicht mehr tun konnte, und alle Gefahren, die auf verletzte, allein lebende, ältere Frauen lauerten.
    Plötzlich fiel ihr auf, dass sie die Hauptstraße von Hackettstown entlangfuhren. In einer Minute wäre sie zu Hause. »Ich will niemand Fremden in meinem Haus«, erklärte sie. Vor ihrem geistigen Auge erschien wieder der tote Vogel, auf dem blau schillernde Schmeißfliegen herumkrochen.
    Michael bog in die Bridge Street ein. »Du willst niemanden bei dir haben, und du willst nicht bei uns wohnen«, sagte Michael in gereiztem Ton. »Was willst du, Mammy? Wir haben alles versucht, um es dir recht zu machen, aber du bist mit nichts einverstanden.«
    Ihr Haus kam in Sicht. F2s sah alt und hinfällig aus und ungeliebt.
    »Ich habe niemanden gebeten, es mir recht zu machen«, antwortete sie. Der zerbrochene Fensterladen im ersten Stock wirkte plötzlich ein wenig bedrohlich, und sie hatte Angst, dass sie in Tränen ausbrechen könnte. Michael lenkte den Wagen mit Schwung in die Einfahrt und schaltete die Zündung aus. »Es ist einfach lachhaft!«, erregte er sich. »Du kannst unmöglich allein leben, solange du auf die Krücken angewiesen bist. Bleib wenigstens bei uns, bis dein Fuß geheilt ist. Dann kannst du immer noch hierher zurück.«
    »Ich habe andere Pläne«, eröffnete sie ihrem Sohn.
    »Was für Pläne?« Oje, jetzt saß sie in der Falle. »Redest du von dem Burschen da drüben? Diesem Frank? Den du erschießen wolltest? Der soll sich um dich kümmern?«
    Julia ballte hilflos die Fäuste. »Nein ...«
    »Wer dann?«
    Sie wurde von einer Zigarettenkippe gerettet, die auf der Kühlerhaube landete. Sie kokelte einen Moment fröhlich auf dem Lack und verlosch dann mit einer kleinen Rauchwolke.
    »Wo kam die denn her, zum Teufel?«, fragte Michael verblüfft.
    Sie ließen den Blick wandern, um den Übeltäter aufzuspüren, und entdeckten, dass das Panoramafenster sperrangelweit offen stand.
    »Einbrecher«, stieß Michael hervor. Er wurde blass.
    Doch gleich darauf schwappte ein Gelächterschwall aus dem Haus ins Freie. Einbrecher mit Humor? Julia hielt den Atem an. Zu ihrem Erstaunen verspürte sie nicht die geringste Angst.
    Jetzt kam noch ein anderes Geräusch dazu. Musik. »Sie lassen deinen alten Plattenspieler laufen, Mammy!«, ereiferte sich Michael. »Die trauen sich was!«
    »Elvis«, murmelte Julia. Sie fühlte sich auf einmal jahrzehnteweit zurückversetzt zu den Partys, die sie und JJ zu veranstalten pflegten. »Heartbreak Hotel«. Das hatte sie seit einer Ewigkeit nicht gehört.
    »Ich glaube, das sind eher Hausbesetzer als Einbrecher«, sagte Michael neben ihr.
    »Ja, ja, sei still!« Sie wünschte, jemand da drinnen würde die Musik lauter machen.
    Plötzlich öffnete sich die Eingangstür und eine nach Flittchen aussehende blonde Frau kam aus Julias Haus. Sie hielt eine Flasche Apfelwein in einem Arm und hatte den anderen um einen hoch gewachsenen, schlaksigen Burschen in engen Nappalederhosen und mit ungepflegter Mähne gelegt. Er trug eine Gitarre über der Schulter. »Daddys Gitarre!«, stammelte Michael entsetzt. »Sie haben sie gestohlen!«
    »Ich glaube, sie leihen sie sich nur aus.« Julia schaute dem Paar nach, das über den Rasen schlenderte. Der Mann begann eine Melodie zu spielen. Er machte seine Sache gar nicht schlecht. Die Frau drapierte sich dekorativ auf dem Rasen.
    »Ich werde die Polizei rufen«, erklärte Michael grimmig. »Sie werden die beiden da auf der Stelle verhaften.«
    Doch da kam noch jemand aus dem Haus: ein Junge mit wallenden Haaren, der ein Snickers aß.
    »Gavin!«, rief die Frau auf dem Rasen und winkte ihm zu.
    Michael rutschte auf seinem Sitz nach unten. »Vielleicht ist eine ganze Horde da drin! Es wäre zu

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