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Kleiner König Kalle Wirsch

Kleiner König Kalle Wirsch

Titel: Kleiner König Kalle Wirsch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tilde Michels
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lief über den schimmernden Edelsteinboden in die Richtung, wo er Kalle und
Jenny verschwinden sah. Als er die weite Halle durchquert hatte, tat sich ein
tunnelartiger Gang vor ihm auf. »Der Rubinberg ist groß«, tönte Kalles Stimme
wie ein Echo aus diesem Tunnel.
    »Seid ihr hier drin?« rief Max.
    »Hier drin«, schallte es zurück.
    »Wartet, ich komm’ schon.«
    »Komm schon!« wurde er ungeduldig
aufgefordert.
    Die Stimmen klangen entfernt; Kalle
und Jenny mußten ziemlich weit vorausgegangen sein. Max lief in den Tunnel
hinein, der ebenso wie die große Halle ganz aus Rubin bestand. Aber obwohl er
sich jetzt sehr beeilte, holte er die beiden nicht ein. Merkwürdig war das. So
lange hatte er sich doch gar nicht aufgehalten.
    Zu allem Unglück teilte sich nach
einigen Schritten der Weg. Warum sie nicht wenigstens hier auf ihn gewartet
hatten! Woher sollte er wissen, welcher Weg der richtige war?
    »Wo seid ihr?« rief Max.
    »Hier!« tönte es aus der rechten der
beiden Abzweigungen — oder war es die linke gewesen?«
    Max rannte erst in den einen Gang und
dann in den andern. Beide waren erfüllt von dem rotschimmernden Rubinglanz, wie
alles im Innern dieses Berges, aber von Kalle und Jenny fand sich keine Spur.
    »Jenny, wo bist du?« schrie Max.
    »Wo bist du?« kam die Frage zurück.
    Da überfiel Max ein schrecklicher
Verdacht: War das überhaupt Jennys Stimme? War er womöglich in die Irre
gelaufen?
    »Jenny!« Er brüllte den Namen der
Schwester in großer Angst. »Jenny!«
    »Hehi, hehihi!« Wie ein vielstimmiges
Kichern kam die Antwort.
    »Ist jemand hier?« fragte Max
beklommen.
    »Wir, wir, wir!« kicherte es.
    Wer kicherte da? Es war doch niemand
zu sehen.
    Max legte die Hände auf sein
wild-klopfendes Herz. »Ich muß zurück«, dachte er. »Ich muß in die große
Rubinhalle zurück. Wenn Kalle Wirsch und Jenny merken, daß ich nicht
nachgekommen bin, werden sie mich dort suchen.«
    Wo aber war der Weg zurück?
    Als sich Max umwandte, tat sich ein
Gewirr von Gängen vor ihm auf, die er beim Hergehen nicht bemerkt hatte. Zuerst
glaubte er, gewisse Gesteinsformen wiederzuerkennen, kaum war er jedoch ein
Stück weit gelaufen, kam ihm die Richtung falsch vor, und er schlug eine andere
ein. Schließlich irrte er völlig planlos umher.
    Die Stimmen, die ihn die ganze Zeit
über genarrt hatten, hörten auch jetzt noch nicht auf zu flüstern und zu
kichern.
    Das Unheimlichste war, daß sie sogar
seine Gedanken laut wiederholten, wenn auch falsch und verstümmelt.
    >Ich muß schneller laufen<,
dachte er.
    »Teller kaufen«, schallte es ihm
sofort spöttisch entgegen.
    Um sich selbst Mut zu machen, redete
Max sich ein, daß er diese Kicherdinger fangen und unschädlich machen wollte.
    »Wenn ich euch erst erwische!«
    »Fische, Fische«, lachten sie ihn aus.
    Er hielt sich die Ohren zu und rannte
blind darauf los. Einmal kam es ihm vor, als stolpere er über etwas Hartes,
Rundes, ein andermal schien etwas vor ihm herzurollen. Aber vielleicht bildete
er sich das nur ein. Er fühlte sich so wirr im Kopf, vielleicht waren das alles
Wahnvorstellungen.
    >Ich will nach Haus, nach Haus<,
wünschte er inbrünstig.
    »Aus, aus, aus«, verhöhnten ihn die
Stimmen.
    Max sank erschöpft zu Boden. Nicht
mehr denken, nur nicht mehr denken!
    Wenn er auf hörte zu denken, schwiegen
auch diese gräßlichen Stimmen, dann war es ganz still in dem rotdurchfluteten
Gewölbe.
    Eine große Müdigkeit überkam ihn. Fast
wäre er eingeschlafen, aber da — da war ja schon wieder eine Stimme! Er hatte
doch nicht geredet, und gedacht hatte er auch nicht. Was wollten sie nur von
ihm?
    »Laßt mich in Ruh!« schrie er.
    Zu seiner Verwunderung kam kein spöttisches
Echo, sondern eine freundliche Stimme nannte seinen Namen. »Max, hab keine
Angst, ich will dir helfen.«
    Helfen? War da wirklich jemand, der
ihm helfen wollte?
    Max blickte sich vorsichtig um. An der
Decke des Gewölbes huschte ein dunkler Schatten hin und her wie ein Vogel.
    »Hast du zu mir gesprochen?« fragte
Max.
    Der Schatten flatterte und klammerte
sich dann an der Wand über seinem Kopf fest. Jetzt erkannte Max, was es war:
eine Fledermaus.
    »Ich komme von Kalle Wirsch und Jenny.
Ich führe dich zu ihnen«, sagte sie.
    Max war so hoffnungslos und
verzweifelt gewesen, daß er kaum an eine Rettung glauben konnte. Am Ende war
das nur ein neuer Trick, ihn zu quälen.
    »Ist das auch sicher wahr?« fragte er.
    »Kicherbar, kicherbar«, spottete es
schon wieder

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