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Kleiner Kummer Großer Kummer

Kleiner Kummer Großer Kummer

Titel: Kleiner Kummer Großer Kummer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Tibber
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aussehen und Doktor Archibald Comptons Wagen dazu bringen, sich verlegen von der Straße zu schleichen. Jeder, aber auch wirklich jeder Händler, mit dem ich sprach, versicherte mir, daß er genau das Stück für mich habe.
    Eines Vormittags hatte ich in dem Haus einen Besuch zu machen, aus dem ich in der vergangenen Woche Doktor Archibald Compton hatte kommen sehen. Mrs. Warrington und ihre Familie waren gute Patienten von mir gewesen, darum fragte ich sie geradeheraus. Ich wollte wissen, was vorgefallen war.
    »Das war so, Doktor«, erklärte sie, »er kam zu unserem neuen Mädchen. Angeblich ist Doktor Compton Hautspezialist, und sie hatte einen häßlichen Hautausschlag. Ich sagte ihr, daß Sie unser Arzt sind, aber sie entgegnete, daß ihre Freundin auf Doktor Compton schwöre. Darum gab sie mir die kleine Karte, und ich rief ihn an. Ihr Englisch ist nicht besonders gut, vor allem am Telefon.«
    »Kleine Karte?« fragte ich. »Was für eine kleine Karte?«
    Mrs. Warrington führte mich die Treppe hinauf, wo Angela, wegen deren entzündetem Hals ich gerufen worden war, zu Bett lag.
    »Ach, eine von diesen kleinen Visitenkarten, wissen Sie, mit der Telefonnummer darauf. Glauben Sie nicht, daß es meine Schuld war, Doktor; Sie wissen, daß ich für die Kinder oder für mich keinen anderen Arzt nehmen würde.«
    Ich konnte sehen, daß sie wegen meiner Anspielung auf Doktor Archibald Compton ganz aufgeregt war. Ich untersuchte die kleine Angela, ein nettes, siebenjähriges Mädchen mit akuter Mandelentzündung, und ließ mir alles über den »Grilla« erzählen, den sie während der Ferien im Zoo gesehen hatte, ehe ich wieder auf das Thema zurückkam.
    Als ich Mrs. Warrington das Rezept für Penicillintabletten gab, fragte ich beiläufig:
    »Sie haben nicht vielleicht noch die kleine Visitenkarte für mich?« Sie sah mich verwirrt an, mit ihren Gedanken noch bei Angela.
    »Doktor Comptons Karte; ich brauche seine Telefonnummer, er steht noch nicht im Buch«, gab ich vor.
    »Natürlich, Doktor. Ich werde Hildegard fragen.«
    Hildegard hatte die Karte noch. Wie ich schon dachte, der »Hautspezialist« war auch nicht mehr als ich. Ich steckte die Karte in meine Tasche. Reklame war in den Augen des Ärzterates kein Spaß.
    Als ich die Haustür mit meinem Schlüssel öffnete und in die Diele trat, hörte ich Sylvia in der Küche am Telefon.
    »Es tut mir leid, aber er macht Besuche«, hörte ich sie sagen; »aber ich werde Ihnen sagen, was Sie tun können. Setzen Sie ihn gerade auf - nein, nicht hinlegen, Mrs. Miffle - ganz aufrecht, und drücken Sie die Seite, die blutet, fest an, drei Minuten lang - sehen Sie auf die Uhr. Ja, ich bin sicher, daß es aufhören wird; wenn nicht, rufen Sie in einer halben Stunde wieder an, dann erwarte ich Herrn Doktor zurück. Es wird schon werden. Auf Wiedersehen.« Sie legte den Hörer auf, er war weiß vom Mehl, aus dem sie gerade einen Kuchenteig geknetet hatte.
    Ich nahm sie in die Arme und drückte sie an mich. Sie war machtlos wegen ihrer mehligen Hände.
    »Und seit wann weißt du, wie man Nasenbluten heilt?« fragte ich.
    »Erinnerst du dich an Mr. Boon, der letzte Woche mitten in der Nacht anrief?«
    »Ich dachte, du schliefst.«
    »Da hast du falsch gedacht. Laß mich jetzt den Kuchen in den Ofen schieben.« Sie strampelte, um loszukommen.
    Ich lockerte meinen Griff nicht.
    »Das hast du fein gemacht, Liebling. Ich bin stolz auf dich.«
    »Da ist doch nichts dabei«, sagte sie. »Ich weiß wirklich nicht, wozu du sechs Jahre Studium gebraucht hast.«
    »Hast du Bestellungen für mich?« Ich pickte eine Kirsche aus dem Kuchenteig, den sie gerade zusammenknetete.
    »Nur Faraday, er hat sich selbst zum Essen eingeladen; und mir kündigte man an, daß sich heute nachmittag das wundervollste Mädchen bei mir vorstellen würde. Ach ja! Da hat dir jemand ein kleines Geschenk gebracht. Ich habe es neben deinen Teller gelegt. Ich war nahe daran, es zu öffnen, aber ich habe es nicht getan.« Neugierig und ein wenig mißtrauisch wegen meines Geschenks ging ich in das Eßzimmer und nahm das Paket, das in Seidenpapier gewickelt und mit einem rosa Band zugebunden war, von meinem Teller. Ich packte es aus, und meine Vermutung wurde bestätigt. In der Küche strahlte mich Sylvia an, als ich es hochhielt.
    »Himmel! Eine Flasche«, rief sie. »Ist es Sherry oder Whisky? Egal, wir brauchen beides.«
    »Es ist eine Sondermarke«, erklärte ich, »irgend jemandes Urin. Es ist besser, wenn du

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