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Kleiner Kummer Großer Kummer

Kleiner Kummer Großer Kummer

Titel: Kleiner Kummer Großer Kummer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Tibber
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saßen dort mit Sylvia; jede von ihnen beobachtete mich mit ihren zurechtgemachten Augen, als sei ich ein Stück Käse. Auf dem Tisch standen Tee und delikat aussehende kleine Kuchen. Niemand bot mir etwas an. Sylvia sagte: »Keine Anrufe weiter, Lieber«, und ich fühlte, daß ich hier »über« war. Sie warteten höflich, bis ich die Tür schloß, bevor sie wieder mit ihrem kindischen Gequietsche begannen.
    Im Wohnzimmer war es kalt und öde, Bridget war in der Küche, und ich konnte mich nicht gut nachmittags um vier Uhr in mein Bett legen. Es stand mir bis oben hin, ich setzte mich wieder in meinen Wagen und fuhr auf eine Tasse Tee zu »Della’s Eistorten und Spezialitäten«.
     

3
     
    Als es Schlafenszeit war, ärgerte ich mich immer noch, daß ich meinen Tee hatte außerhalb trinken müssen, und alle guten Vorsätze waren dahingeschwunden.
    »Es muß auf alle meine Patienten einen seltsamen Eindruck machen, wenn sie sehen, daß ich meinen Tee bei >Della’s Eistorten und Spezialitäten einnehmen muß, obwohl ich daheim eine wirklich gute Hausfrau habe. Ich weiß wirklich nicht, warum du all dieses schwatzhafte Weibervolk zum Tee einladen mußtest.«
    »Herzchen, es sind doch meine Freundinnen«, sagte Sylvia. »Ein wenig muß ich ein eigenes Leben führen können. Du hast die Mädchen sehr in Verlegenheit gebracht.«
    »Die Mädchen in Verlegenheit gebracht?« knurrte ich. »Wessen Haus ist das hier? Du vergißt, daß es ein Arzthaus ist.«
    »Wie könnte ich das vergessen?« Sylvias Stimme hob sich. »Das Telefon, die Haustür! Seit wir hier wohnen, kann ich nicht einmal mehr baden, weil dieses unnütze Mädchen das Telefon nicht bedienen kann. Sie kann nicht einmal die Rezepte an der Haustür ausgeben; sie kichert nur und läuft davon. Nur wenn Miss Hornby hier ist, kann ich fortgehen, und das ist zweimal in der Woche zwei Stunden lang; und dann beschwerst du dich, daß ich mir ein paar Freundinnen zum Tee einlade. Ich möchte nicht ganz zum Einsiedler werden, weißt du.«
    Ich öffnete meinen Mund, um ihr zu sagen, daß alles ein Irrtum
    sei. Sie hätte niemals ihre Mannequinlaufbahn aufgeben dürfen, um mich zu heiraten. Daß es offensichtlich kein Leben für sie sei und daß sie sich nie daran gewöhnen würde. Dann erinnerte ich mich an Ted Jenkins und seine Philosophie der »Bewunderung«.
    »Ich weiß«, sagte ich und beschäftigte mich damit, meinen Schlips geradezustreichen, »es ist sehr schwer für dich, Liebling. Ich finde, du hast dich bis jetzt ganz großartig bewährt, wenn man bedenkt, daß du bisher noch nie einen Haushalt geführt und mit Patienten verhandelt hast. Die Patienten finden dich alle einfach süß.«
    Sylvia, einen Strumpf an und einen Strumpf in der Hand, sah mich ungläubig an.
    Ich mußte weitermachen. »Ehrlich. Sie erzählen mir alle, wie freundlich du am Telefon bist, und wie hilfsbereit, wenn ich nicht da bin. Von manchen Arztfrauen werden sie sehr kurz behandelt, das kann ich dir versichern.«
    Sie sagte nichts und betrachtete mich, als sei ich nicht ganz normal. Ich entschloß mich, der Jenkins-Technik eine weitere Chance zu geben, und danach wollte ich ihr klarmachen, was ich davon hielt, daß sie mich in meinem eigenen Haus wie einen Esel behandelte.
    »Und dann die Mahlzeiten!« fuhr ich fort. »Wenn ich gewußt hätte, daß du solch eine gute Köchin bist, hätte ich dich schon lange vorher gezwungen, mich zu heiraten. Wenn ich noch an die Zeiten denke, an denen ich mit Mrs. Littles Braten, Pasteten und Puddings zufrieden sein mußte!« Ich hängte meinen Schlips in den Schrank und sah heimlich über die Schulter. Sie kam auf mich zu, ihren Strumpf herumschlenkernd.
    »Meinst du wirklich, daß ich gut fertig werde?«
    »Großartig.«
    »Und wie steht es mit meinen Freundinnen?«
    »Du hast alles Recht zu einer Erholungspause.«
    »Wir hätten dir eine Tasse Tee geben sollen. Ich war noch wütend, weil du mich den ganzen Tag angeschnauzt hattest.«
    »Das tut mir leid. Ich bin immer reizbar, wenn ich nicht genug Schlaf bekommen habe. Du mußt nichts darauf geben.«
    »Da habe ich dich ohne Grund in die Nacht hinausgeschickt.«
    »Du konntest ja gar nicht anders. Ich war zu Beginn auch übereifrig.«
    Ihre Arme schlangen sich um meinen Hals.
    »Werde ich je eine richtige Arztfrau werden?«
    »Du bist es schon, Engel.«
    »Küß mich«, sagte sie sanft. »Aber vorher sage mir noch die Inkubationszeit für Masern, damit ich dich nicht zu stören brauche, wenn ich beim

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