Kleiner Kummer Großer Kummer

recht wenig von Frauen verstünden.
    Unsere Unterhaltung ging etwa folgendermaßen vor sich:
    »Schottische Halstücher.« .
    »Schottenröcke.«
    »Schottische Socken.«
    »Was fürs Gesicht.«
    »Slipper. Schottische.«
    »Kochbücher«, schlug Musgrove bedeutsam vor.
    Wir tranken unseren Kaffee. Ich versuchte nachzudenken. Sylvia sagte dauernd: »Ich muß dies haben«, oder »das« oder »das andere«, aber da ich nie richtig zugehört hatte, fiel mir jetzt nicht ein Ding ein, das sie als unerläßlich für ihr Wohlergehen bezeichnet hatte. Musgrove war in Trance verfallen. Plötzlich setzte er seine Kaffeetasse mit einem Knall nieder, seine Brille, die immer auf seiner Nasenspitze thronte, fiel auf den Teller mit Keksen.
    »Nachthemden!« rief er mit strahlendem Gesicht aus. Die Kellnerin, deren grüne Schürzenbänder sich über ihrem starken Busen kreuzten, eilte herbei.
    »Was war das, mein Herr?« sagte sie zitternd vor Entrüstung über das obszöne Wort, das Musgrove in ihrem Restaurant hatte laut werden lassen.
    Wir zahlten die Rechnung und flohen.
    Jetzt hatten wir ein Ziel. Wir kamen an Fenstern über Fenstern vorbei, die mit Schöttenröcken, Halstüchern, Handschuhen, Schals, Krawatten, Schuhen, Mänteln, Hüten, Kulturbeuteln und Koffern gefüllt waren, bis wir fanden, was wir suchten.
    Die Inhaberin war trotz ihrer grauen Haare und ihrer unmöglichen Figur hilfreich. Da wir keine Ahnung von der Größe hatten, die unsere »Madam« trug, rief sie vier ihrer jungen Verkäuferinnen herbei. Musgrove wählte eine einfältig lächelnde Miss Jeannie aus, wodurch ich erfuhr, daß Mrs. Musgrove klein und plump war, und ich zeigte auf Miss Marjorie, die noch am ehesten die gleiche Größe wie Sylvia hatte. Nachdem dieses Problem gelöst war, wählten wir die passende Art aus; schwarzes Nylon mit rosa Spitzen für Sylvia, und weißes Nylon mit blauen Bändern für Mrs. Musgrove. Voll befriedigt mit unserer Wahl klemmten wir uns unsere schottisch gemusterten Tragetaschen mit der Aufschrift »Unterwäsche und Mieder GmbH« unter den Arm und eilten zur Tür. Die Inhaberin begleitete uns hinaus.
    »Auf Wiedersehen, Herr Doktor«, sagte sie zu Musgrove. Ich blickte sie erstaunt an, und sie verabschiedete sich auch von mir mit »Vielen Dank, Herr Doktor«.
    »Was meinen Sie, woher sie das weiß?« fragte Musgrove draußen.
    »Keine Ahnung. Vielleicht, weil wir nicht rot geworden sind. Lassen Sie uns endlich diese verdammten Taschen wegbringen, damit wir zum Golfplatz gehen können. Heute haben wir Zeit für eine volle Runde.«
    Im Hotel angekommen, warf ich meine »Unterwäsche und Mieder GmbH«-Tragetasche oben auf den Kleiderschrank und begab mich auf die Suche nach meinen Golfsocken, als Iris mit einem Telegramm hereinkam. Es war von Sylvia und lautete: »Mondgesicht kann nicht kommen, Mutter erkrankt. Gibt es Mädchen in Edinburgh. Herzlichst S.«
    »Ist es schlimm?« fragte Iris, da sich bei ihr anscheinend Telegramme immer mit dem Begriff von Krankheit und Tod verbanden.
    Ein Gedanke lief mir durch den Kopf.
    »Iris«, sagte ich, »hätten Sie Lust, mitzukommen und für uns zu arbeiten? Wir sind ganz ohne Hilfe, und das ist in einem Arzthaushalt eine schwierige Sache. Meine Frau ist dann vollkommen ans Haus gebunden.«
    Iris überlegte.
    »Ist sie in Umständen?«
    »Wer? Sylvia? Nein.«
    »Schade. Ich liebe Babys.«
    »Das tut mir schrecklich leid«, sagte ich.
    »Nun, das macht nichts. Ich werde kommen, bis Sie jemanden finden.« Sie sah auf Sylvias Foto. »Sieht hübsch aus.«
    An der Tür hob sie noch einmal zweifelnd ihre Hand. »Ich verspreche aber nicht, zu bleiben, denn ich habe kein Sitzfleisch. Ich gehe jetzt und melde es der Beschließerin.« Sie warf mir einen kecken Blick zu. »Ich bin übrigens noch nie hiergeblieben, wenn der Arztkursus zu Ende war. Die Geschäftsreisenden machten zuviel Ärger.« Sie zwinkerte mir zweideutig zu. »Wenn Sie übrigens nach sauberen Golfsocken suchen, die sind in Ihrem Koffer. Und bemühen Sie sich, das nächste Mal nicht wieder solche Kartoffeln zu produzieren.«
    Ich war sicher, daß Sylvia sich mehr über Iris freuen würde als über ihr Nachthemd.
     

7
     
    Der Kursus endete Freitag abend. Musgrove und ich entschlossen uns jedoch, erst nach dem Mittagessen am Sonnabend fortzufahren, da wir noch auf eine Golfrunde versessen waren.
    Am Sonnabendmorgen fiel der Regen literweise aus einem trüben schottischen Himmel herunter. Wenn auch widerstrebend, mußten wir