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Kleiner Kummer Großer Kummer

Kleiner Kummer Großer Kummer

Titel: Kleiner Kummer Großer Kummer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Tibber
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einlegte und beide Hähne aufdrehte.
    »Das ist genau das, was ich hätte tun sollen«, überschrie Sylvia das Rauschen des Wassers, dann folgte sie mir wieder ins Schlafzimmer. »Wenigstens würde ich dann nicht morgens, mittags und abends ein Sklave des Telefons sein, um nichts als Stöhnen, Jammern und Klagen zu hören. Alle, die mit mir sprechen, sind krank; kannst du es mir da verdenken, wenn ich mal einige gesunde Leute zum Tee einlade?«
    Ich knurrte ablenkend etwas von Wilfreds blutarmem Aussehen.
    »Wenn du diese magere Portion gesund nennst...« Ich ergriff meinen Schlafanzug. Sylvia folgte mir wieder ins Badezimmer.
    »Es ist überhaupt nichts mit Wilfred«, erklärte sie über mir, während ich mir den Rücken mit dem Luffaschwamm schrubbte, »und wenn jemand Grund zur Klage hat, dann bin ich es.«
    Ich spülte die Seife mit der Handbrause ab und sah sie fragend an.
    Sie schlug ihre Arme unter. »Wenn du erwartest, daß ich dir diese Geschichte glauben soll, daß du Iris hierherbringst, weil du meinst, daß sie ein gutes Dienstmädchen abgibt, dann mußt du mich für sehr leichtgläubig halten. Sie ist genausowenig ein Dienstmädchen, wie ich eins bin. Und wenn sie ein Dienstmädchen ist, was tut sie dann mit diesem... diesem... Nichts von einem Nachthemd?« Sie kam noch dichter heran und stand nun auf der Badematte. »Erzähl mir nur nicht, daß sie es mitgebracht hat, um die Tapeten im Mädchenzimmer zu beeindrucken.«
    Ich öffnete meinen Mund, um die Sache mit dem Nachthemd zu erklären, aber sie gab mir keine Chance. »Mir kamen deine Briefe aus Edinburgh schon ein bißchen kurz vor. Jetzt weiß ich auch, warum. Ich vermute, du hattest nicht allzuviel Zeit dazu übrig...«
    »Sylvia«, sagte ich mit eisiger Würde, »würdest du bitte von der Badematte gehen, damit ich aus der Badewanne steigen kann.«
    Sie schob sich zur Tür zurück.
    »Geh ’raus aus deinem verdammten Bad«, schrie sie, alle Selbstkontrolle verlierend, »und du solltest dich schrecklich schämen, so ein Hotelzimmermädchen mit dir herumzuschleppen, nachdem wir erst drei Monate verheiratet sind.« Die Tränen rollten ihre Wangen herunter, und ihre Stimme wurde noch schriller. »Es wird dir noch leid tun, daß du mich so behandelst«, schluckte sie, »ausgerechnet jetzt. Sehr leid wird es dir tun.«
    »Versuch nur nicht, mich ins Unrecht zu setzen«, fuhr ich sie an, indem ich heftig meinen Rücken rubbelte. »Erinnere dich bitte, daß es Wilfred war, mit dem unsere Unterhaltung begann. Und warum sollte es mir leid tun, dich ausgerechnet jetzt so zu behandeln?«
    Sylvia ergriff einen Zipfel des Badetuchs, um sich die Augen zu wischen.
    »Weil ich ein Baaaabyyyy bekomme«, heulte sie und rannte aus dem Badezimmer, wobei sie die Tür hinter sich zuschlug.
    Ich war nicht sicher, ob ich richtig verstanden hatte. Plötzlich war mein Zorn verraucht. Meine Hände begannen zu zittern; ich schüttete den Puder auf den Boden statt auf mich, kämpfte mit meinem Schlafanzug, fuhr mit beiden Füßen in ein Hosenbein, und ein Ende der Kordel verschwand im Saum. Bemüht, nicht noch mehr Zeit zu verlieren, raffte ich die bauschige Hose zusammen und, ohne mich damit aufzuhalten, in meine Hausschuhe zu fahren, lief ich mit weichen Knien ins Schlafzimmer.
    »Was war das, was du da gesagt hast?« fragte ich in Richtung eines hohen Kissenberges. Der Berg wölbte sich nur noch mehr. Ich ergriff die Decke und zog sie fort.
    Sylvia drehte sich um und verbarg ihr Gesicht im Kopfkissen.
    »Ein Baby«, schluchzte sie, »ein baby, Baby.«
    Ich zögerte. »Mach dich nicht lächerlich«, schwankte ich ungewiß. »Wie kannst du schwanger sein, ohne daß ich es weiß? So was passiert nur in Büchern oder Frauenmagazinen, wo gewisse physiologische Funktionen nicht erwähnt werden.«
    Eine erstickte Stimme kam aus den Tiefen des Kissens: »Du scheinst zu vergessen, daß du zwei Wochen fort warst.«
    »Aber warum hast du es mir nicht geschrieben, wenn du das vermutest?«
    Ein neuer Schluchzer. »Ich wollte dich überraaaaschen...«
    Ich dachte darüber nach. »Vielleicht stimmt es aber doch nicht.«
    Sie warf sich herum und setzte sich kerzengerade auf.
    »Mr. Alleswisser«, begann sie, »ich bitte um Verzeihung, Doktor Alleswisser, aber ich habe einen Test machen lassen. Doktor Cataract hat das erledigt.« Sie sah mich mit rot umränderten Augen an, in denen neue Tränen aufstiegen. »Und steh um Himmels willen nicht länger da herum mit deiner Hose, die jeden

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