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Kleiner Kummer Großer Kummer

Kleiner Kummer Großer Kummer

Titel: Kleiner Kummer Großer Kummer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Tibber
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Augenblick ’runterrutscht, und versuch, würdevoll auszusehen.« Sie begann zu kichern und lachte dann hysterisch los. Ich setzte mich auf das Bett und legte meine Arme um sie.
    »Sylvia«, flüsterte ich zärtlich, »schsch.«
    Sie barg ihr Gesicht an meiner Schulter, und ich wartete, ihr Haar streichelnd, bis sie sich beruhigt hatte. Dann hob ich ihr Gesicht zu mir hoch und sah sie an.
    »Sylvia«, fragte ich, »ist das wahr?«
    Sie nickte. »Freust du dich?«
    Ich beugte meinen Kopf und küßte sie, so sehr von dem Gedanken an die zukünftige Vaterwürde überwältigt, daß ich einfach nicht sprechen konnte.
    Nach einer Weile sagte ich: »Ich könnte mich umbringen.«
    »Warum, Süßer?«
    »Weil ich dich so angeschrien habe.«
    »Das verstehe ich doch. Du warst müde.«
    »Du hättest mir vorher von dem Baby erzählen sollen.«
    »Ich hatte gar keine Gelegenheit.«
    »Du Armes, das stimmt.«
    »Ich habe so auf dich gewartet, daß ich es dir erzählen konnte.«
    »Und ich konnte es kaum erwarten, hier zu sein.«
    »Wir waren ja so dumm, nicht wahr?«
    »Saudumm.« Ich drehte das Licht aus und ging ins Bett.
    Wir sprachen, bis wir nichts mehr wußten, über die Aussicht auf unsere Elternschaft. Wir waren schon fast am Einschlafen, als ich mich noch an etwas erinnerte.
    »Sylvia«, sagte ich.
    »Mmh?«
    »Was wollte Wilfred hier?«
    Sie lachte. »Nun, du sprachst doch, bevor du nach Edinburgh fuhrst, davon, daß du mehr Privatpatienten haben müßtest.«
    »Na, und?«
    »Nun, Wilfred kennt so viele Leute aus der obersten Gesellschaft, die nichts weiter zu tun haben, als morgens, mittags und abends den Arzt zu rufen, und ohne zu zucken dicke Rechnungen bezahlen, daß ich dachte, er könnte dich vielleicht einigen seiner Freunde empfehlen, und ich wollte dich damit überraschen.«
    »Liebling«, flüsterte ich, »du steckst voller Überraschungen.« Ich küßte sie. »Es ist einfach süß von dir, Herzchen, aber ich sähe es doch lieber, wenn du nicht herumgehen und Patienten für mich werben würdest. Vor allem keine privaten.«
    »Gut. Ich dachte, du würdest erfreut sein. Immerhin wirst du die Hon. Mrs. Magnus-Wight besuchen müssen, weil schon alles abgemacht ist. Wilfred erzählte es mir, als er heute kam.«
    »O. K.« schloß ich, »laß uns jetzt schlafen.«
    »Nicht so schnell, Süßer. Ich habe dir jetzt meine Erklärung wegen Wilfred abgegeben, aber du hast mir noch nicht die Wahrheit über Iris und das Nachtgewand erzählt.«
    »Da gibt es nichts zu erzählen, meine Liebe. Iris war wirklich Zimmermädchen in dem Hotel, und ich bin sicher, daß sie eine gute Hilfe für dich sein wird. Und was das Spitzending anbetrifft, das habe ich für dich gekauft. Ein Mitbringsel von Edinburgh.«
    »Nein! Du bist wirklich in ein Geschäft gegangen und hast es für mich ausgesucht?«
    »Das ist wahr.«
    »Liebster«, erklärte sie feierlich, »ich werde es jede Nacht tragen, bis es mir nicht mehr paßt. Und danach werde ich es dann tragen, wenn ich Besucher empfange.«
    »Es war nicht gerade als Empfangskleid gedacht.«
    »Wen geht das schon was an?« gähnte Sylvia. »Gute Nacht.«
     

8
     
    Da es Quartalsende war, brachte mir die Post am Montag einen dicken braunen Umschlag, der die medizinischen Berichte über Patienten enthielt, die neu auf meine Liste gekommen waren, und -was wichtiger war - ein Blatt liniertes weißes Papier, das ich immer ängstlich in die Finger nahm. Hierauf standen die Namen der Patienten, die sich von meiner Liste hatten streichen lassen. Neben jedem Namen stand ein Buchstabe, und unter Bezugnahme auf die Fußnote am Ende des Formulares konnte man den Grund feststellen, warum die betreffende Person den Arzt wechseln wollte. Es waren die Buchstaben: X = auf die Liste eines anderen Arztes im gleichen Bezirk überschrieben, R = in einen anderen Bezirk umgezogen, D = Tod, E = Auswanderung und S = Militärdienst.
    Mrs. Rumbold, der ich die verlangten Eisentabletten verweigert hatte, war ein X, ebenso ihre Kinder. Ihres Mannes Name war nicht erwähnt, und ich schickte ihm einen stummen Dankesgruß, daß er sich geweigert hatte, so wankelmütig wie seine Frau zu sein. Der Name des Arztes, zu dem die Patienten überschrieben wurden, war nicht erwähnt. Nur seine offizielle Codenummer wurde angegeben. Da ich mit den Nummern aller anderen praktischen Ärzte in meinem Bezirk vertraut war, war es nicht schwer, festzustellen, daß die neue hohe Nummer, zu der sich Mrs. Rumbold hatte überschreiben

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