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Kleiner Kummer Großer Kummer

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Titel: Kleiner Kummer Großer Kummer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Tibber
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um sie machte.
    »Es tut mir leid, daß ich mich verspätet habe«, sagte sie zu mir mit einer kleinen Spur Nervosität, die einen daran erinnerte, daß sie erst achtzehn war. »Ich mußte auf den Wagen warten.«
    Als ich sie bekannt gemacht hatte, setzte sie sich, und ich versuchte zu erkennen, wie Faraday es aufgenommen hatte und was aus »dem ersten Eindruck« geworden war. Er war ganz blaß, stand sprachlos da und starrte sie an, während sie ruhig mit Mrs. Loveday plauderte. Molly versuchte, Eric etwas zu sagen, aber auch er starrte fasziniert auf Tessa, und Loveday flüsterte mir zu, indem er seine feuchte Stirn abwischte, daß er wünschte, noch einmal einundzwanzig und allein zu sein.
    Das Essen verlief großartig. Sylvia hatte sich selbst übertroffen, und ihre Kochkunst wurde von allen gelobt, mit Ausnahme von
    Faraday, der überhaupt nichts aß, weil er seine Augen nicht von Tessa wenden konnte. Ich konnte es ihm nicht verdenken. Ganz abgesehen von ihrem Äußeren war sie durch ihre reizende Art der Mittelpunkt des Tisches.
    Als wir nach dem Essen wieder ins Wohnzimmer hinübergingen, setzte sich Eric auf die Armlehne von Tessas Sessel und fragte sie nach den Gemälden aus, die sie während ihrer kürzlichen Ferienreise in Rom gesehen hatte, während er eine Hand hinter ihrem Kopf liegen hatte, von wo er ab und zu ihr Haar berührte.
    Molly, Mr. und Mrs. Loveday, Sylvia und ich sprachen über neue Theaterstücke, und Faraday wanderte wie ein Löwe im Käfig herum, wobei er Tessa und Eric nicht aus den Augen ließ.
    Nach etwa einer halben Stunde, während der sich nur das Gesprächsthema in unserer kleinen Gruppe geändert hatte, konnte Faraday es nicht länger aushalten. Ich stand auf und lehnte mich neben ihn an den Kaminsims.
    »Was zum Teufel soll ich nur tun?« flüsterte er. »Sie hat meine Existenz überhaupt noch nicht bemerkt.«
    »Was ist denn aus dem ersten Eindruck geworden?«
    »Hoffnungslos untergegangen.«
    »Warum unterbrichst du das Tête-à-Tête nicht?« Ich nickte zu Tessa und Eric hinüber.
    »Das habe ich schon versucht, aber ich kann sie nicht aus der Sixtinischen Kapelle herausholen.«
    »Dann muß man etwas nachhelfen. Überlaß es mir«, schlug ich vor.
    Ich fing Sylvias Blick und sagte laut: »Hat schon jemand die letzte Tommy-Steele-Platte gehört?«
    Eric fuhr zusammen. »Oh!« stöhnte er. »Rock and Roll? Ich meinerseits halte es für einen Ausdruck von Dekadenz...«
    »Ihr Vater sagte mir, daß Sie einer seiner Fans seien, Tessa«, wandte ich mich an sie, den Einwurf nicht beachtend.
    Eric erkannte seinen Fehler. »Natürlich, ich habe nur zitiert...« Er warf Tessa einen glühenden Blick zu.
    »Meine eigene Meinung...«
    »Dr. Faraday hat eine wundervolle Rock-and-Roll-Sammlung«, fuhr ich unbeirrt fort. »Er hat einiges davon mitgebracht.« Ich blickte zu Tessa hin. »Vielleicht möchten Sie sich die Platten einmal im Morgenzimmer anhören.«
    Tessa, die nach allem jetzt nicht mehr höflich ablehnen konnte, stand auf. Eric tanzte um sie herum auf die andere Seite, als sie mit Faraday zur Tür ging. Offensichtlich hatte er die feste Absicht, mit ihnen zu gehen.
    »Oh! Eric«, rief Sylvia ihn an, und ich nickte ihr dankbar zu. »Molly erzählte mir, daß Sie Porträts malen. Nun, eine gute Freundin von mir sucht schon lange jemanden, von dem sie sich malen lassen will. Kommen Sie doch einmal und erzählen Sie mir etwas darüber.« Eric zögerte, dann schien er sich zu erinnern, daß Sylvia immerhin seine Gastgeberin war. Widerstrebend schloß er die Tür hinter Tessa und Faraday und kam ärgerlich durch das Zimmer zu uns zurück.
    Eine Weile plauderten wir vor dem schwachen Hintergrund eines Rock and Roll. Loveday unterhielt uns mit einer seiner Geschichten, und Eric saß schmollend in einer Ecke.
    Nach einer längeren Zeit wurde mir bewußt, daß man keine Musik mehr vom Morgenzimmer herübertönen hörte. Sylvia hatte es auch bemerkt, und wir tauschten ein Lächeln. Noch eine halbe Stunde später wurden wir ängstlich.
    »Liebster«, bat Sylvia bedeutungsvoll, »hilfst du mir bitte, eine neue Flasche Whisky zu holen? Ich bin sicher, daß Mr. Loveday einen Nightcap vertragen könnte.«
    Draußen in der Halle nahm ich Sylvias Hand und lauschte. Es kam kein Laut aus dem Morgenzimmer.
    »Wir müßten wohl Zusehen, was da los ist«, schlug ich vor. »Immerhin ist Tessa unser Gast, und ich fühle mich ein bißchen verantwortlich. Du weißt ja, daß unser Freund Faraday manchmal

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