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Kleiner Kummer Großer Kummer

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Titel: Kleiner Kummer Großer Kummer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Tibber
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glaube, so macht es sich am besten«, erklärte Faraday und klopfte die Stuhllehne. »Der erste Eindruck ist immer der wichtigste.«
    »Sylvia hat sich einen Plan ausgedacht, falls du Tessa allein sprechen möchtest. Molly hat uns ihren Plattenspieler geliehen, und ich habe ihn im >Morgenzimmer< aufgestellt.«
    Faraday hob eine Augenbraue. »Die Briefmarkensammlungsmethode?«
    »Ja«, sagte ich, »nur ist es in diesem Fall Skiffle oder Rock and Roll.«
    »Sylvia denkt auch an alles.«
    »Sie meint, es sei schwierig, Bekanntschaften auf einer Dinner-Party voranzutreiben. Beim Tanz läßt sich das leichter machen.«
    »Keine Sorge«, meinte Faraday. »Wenn Tessa wirklich so ist, wie du mir erzählt hast, überlasse es nur mir.«
    Es klingelte, und Faraday brachte sein Gesicht sorgfältig in das, was er für ein charmantes Lächeln hielt. Es war Loveday mit seiner Frau. Iris geleitete sie in ihrer lebhaften, kecken Art ins Zimmer. Faraday stieß einen kleinen Seufzer der Erleichterung aus und erhob sich, um sie zu begrüßen. Nachdem ich sie vorgestellt hatte, ging ich, um Sylvia zu holen. Sie kam schon die Treppe herunter. Obwohl sie noch ein wenig blaß aussah, fühlte sie sich besser.
    »Mach mir mal die Sicherheitsnadel zu«, flüsterte sie und hob ihren Abendjumper hoch.
    Ich befestigte die große Nadel am Gurtband ihres Rockes, das sie jetzt in der sechzehnten Woche ihrer Schwangerschaft nicht mehr schließen konnte, und sie zog ihren schwarzen Jumper sorgfältig darüber. Ich bekam einen Kuß zum Dank, und dann begaben wir uns zu unseren Gastgeberpflichten.
    Loveday und seine Frau waren die idealen Gäste. Loveday, dick, gemütlich, mit frischem Gesicht vom Golfspielen, stand händereibend vor dem Kamin, lachte geräuschvoll und hielt ein interessantes Gespräch mit geistreichen Einlagen in Fluß. Mrs. Loveday, die ab und zu eine Bemerkung einwarf, eroberte wie immer sofort jeden durch ihre ruhige Art und ihr echtes Interesse an den Menschen, mit denen sie zusammen war.
    Molly und ihr Freund waren die nächsten, und nachdem ich den ersten Schock über seine Erscheinung überwunden hatte, begann ich mit der Vorstellung. Der Freund, Eric, trug ein erdbeerfarbenes Hemd, einen grünen Schlips und Sandalen. Er wischte sein Haar aus seinen intellektuellen Augen, erklärte Sylvia, wie außerordentlich nett es von ihr sei, ihn zum Essen einzuladen, und setzte sich auf den Boden. Er nahm ein Glas Sherry mit größter Begeisterung an und fragte: »Was halten Sie von Dufy?«, indem er diese Bemerkung wie einen Ball in den Raum warf.
    In das darauf folgende Schweigen klang die rauhe Stimme, die Molly in ihrer Glynis-Johns-Rolle verwandte: »Eric ist ein Maler.«
    »Das hätte ich nie vermutet«, entgegnete Mrs. Loveday in ihrer warmen, charmanten Art. »Was Dufy anbetrifft, so ist er für meinen Geschmack allzusehr Phantast, wenn auch niemand sein ausgezeichnetes handwerkliches Können bezweifeln kann.«
    Eric, der überrascht war, daß jemand seinen Ball aufgenommen und zurückgeworfen hatte, rutschte über den Boden, bis er zu ihren Füßen saß.
    »Aber das ist ja der ganze Sinn«, rief er aus. »Er will eine Art von Märchenglanz in das gewöhnliche Leben bringen. Seine Kunst ist ein köstliches Konzentrat französischen Lebens, eine Art zivilisierter Hedonismus, finden Sie nicht auch?«
    Faraday war bei seinem sechsten Whisky angelangt, und Sylvia sah ängstlich auf die Uhr, als wir endlich die Türglocke hörten.
    Sylvia ging hinaus, um Tessa zu empfangen, Faraday nahm seine ausprobierte Stellung auf der Armlehne seines Sessels ein, und ich erklärte strahlend: »Ah! Unser letzter Gast.«
    Sie trat vor Sylvia ins Zimmer und blieb einen Augenblick schüchtern auf der Türschwelle stehen. Faraday fiel fast von der Lehne herunter, Loveday zog sich seinen Schlips zurecht, und Eric erhob sich von Mrs. Lovedays Füßen. Ich hatte Tessa ein- oder zweimal vorher gesehen, aber auch ich spürte den erschlagenden Eindruck ihrer Schönheit.
    Sie war nicht sehr groß, aber was da war, war vollkommen. Ihre Figur war aufregend, ihre Beine - reine Poesie, ihr Haar - silberblond, und ihre Augen waren von einem seltsamen, leuchtenden Grün; wenn man einmal hineingeblickt hatte, ließen sie einen nicht wieder los. In ihrem schwarzen Kleid, das bis auf eine märchenhafte, kostbar aussehende sechsreihige Perlenkette ganz schlicht war, machte sie wirklich einen ungewöhnlichen Eindruck. Es überraschte mich nicht, daß ihr Vater sich Sorgen

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