Kleiner Musicalratgeber für Anfänger und Fortge
damals meinte, das Stück an den amerikanischen Humor anpassen zu müssen. Dadurch mutierte es zu einer Witznummer, zur kruden Parodie einer Parodie. Nach sage und schreibe 117 Vorstellungen, von denen 61 als so genannte Preview galten, wurde die Neufassung eingestellt. Grundlegender Fehler war wohl, an einer gut funktionierende Story herumzubasteln.
Für alle, die die Handlung nicht kennen, gibt es hier einen kurzen Abriss: Der Vampirforscher Professor Abronsius und sein Assistent Alfred reisen nach Transsylvanien, um die Existenz von Vampiren zu beweisen. Gleich an ihrer ersten Station, dem Wirtshaus der Familie Chagal, finden sie neben zahlreichen abergläubischen Dorfbewohnern tatsächlich den ersten Hinweis auf die unheiligen Blutsauger: Knoblauch. Hier trifft Alfred zum ersten Mal auf die hübsche Wirtstochter Sarah, die ihm gleich den Kopf verdreht. Doch leider ist er nicht der Einzige, der ein lebhaftes Interesse an Sarah zeigt. Sie hat ebenfalls die Aufmerksamkeit des im nahen Schlosse lebenden Vampirfürsten Graf von Krolock auf sich gezogen, der sie zu seinem alljährlich stattfindenden Mitternachtsball einlädt. Nur allzu bereitwillig folgt die abenteuerlustige und freiheitsliebende Sarah ihm dorthin, scheinbar blind für die Gefahren. Neben ihrem Vater, der jedoch auf dem Weg zum Schloss rasch Vampiren zum Opfer fällt, eilen ihr auch der Professor und sein Assistent nach, um sie aus den Klauen des Grafen zu befreien. Im Schloss selbst erleben sie zahlreiche Abenteuer und Alfred trifft dort auf Herbert, den schwulen Sohn von Krolocks, der ihn mit seinen amourösen Absichten hartnäckig verfolgt.
Herzstück des Stückes ist wohl das berühmte Liebesduett »Totale Finsternis«, in dem Sarah dem Grafen ihre Sehnsüchte gesteht und er sie mit dunklen Versprechungen noch weiter in seinen Bann zieht. Dramaturgischer Höhepunkt ist schließlich der Mitternachtsball, in dessen Verlauf der Graf Sarah beißt. Wenig später gelingt den drei Menschen durch eine List die Flucht, doch als sich Abronsius und Alfred schon gerettet glauben, verwandelt sich Sarah von ihnen unbemerkt in einen Vampir und verwandelt auch Alfred, während Abronsius immer noch im Glauben ist, den Vampirenentkommen zu sein und damit endgültig den Beweis für deren Existenz zu haben.
Der Kult um »Tanz der Vampire« lässt sich durch mehrere Faktoren begründen: Anders als bei der »Rocky Horror Show« gab es erst den Film – und zwar geschlagene 30 Jahre vor der Welturaufführung! Roman Polanskis »Tanz der Vampire« war einer Menge Leute also damals schon ein Begriff und bereits in den Kultstatus erhoben, lange bevor es überhaupt Pläne für eine Bühnenfassung gab. Es ist dem Kreativteam unglaublich gut gelungen, die Szenen und die Atmosphäre des Films auf die Bühne zu transportieren und auch Erfolgskomponist Jim Steinman hat bei der Musik ganze Arbeit geleistet. Dabei ist es spannend zu sehen, dass quasi alle Songs und Melodien bereits existierten; ja teilweise schon Nummer 1-Hits weltweit waren, bevor sie für das Musical »verwurstet« wurden. Das machte der musikalische Leiter des Palladium Theaters, Klaus Wilhelm, in der überaus interessanten Verstanstaltung »Making of a Musical« deutlich, die 2011 mehrfach stattfand.
Denken wir nur einmal an das oben bereits angesprochene »Totale Finsternis«, welches den zweiten Akt eröffnet. Der sofortig einsetzende »Aber das kenne ich doch!«-Moment ist Bonnie Tyler geschuldet, die den Titel (im Original »Total Eclipse of the Heart«) 1983 einem Millionenpublikum bekannt machte. Meat Loafs Hit »Objects in the rear view mirror (may appear closer than they are)« wurde zum bekannten Grafensolo »Die Unstillbare Gier« umfunktioniert. In dem Zusammenhang ist es witzig zu erfahren, dass Meat Loaf seinerseits »Carpe Noctem« als Vorlage für seinen Song »Seize the Night« nahm, den er 2006 auf seinem Album »Bat out of Hell III: The Monster is loose« veröffentlichte. Auch der Song »Original Sin«, der aus dem Konzeptalbum des gleichen Namens von »Pandora’s Box« stammt, spielt eine große musikalische Rolle für »Tanz der Vampire«, basieren mit »Gott ist tot«, »Einladung zum Ball« und »Ballsaal« doch gleich drei wesentliche Nummern des Stückes auf ihm. Es würde jedoch zu weit gehen, hier alle musikalischen Quellen aufzuzählen. Wesentlich ist nur die Erkenntnis, dass der Bekanntheitsgrad und der Wiedererkennungswert jener bereits veröffentlichten Melodien wahrscheinlich
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