Kleines Herz in Not
Überraschung für mich?"
„Ich bin gleich fertig." Sie wusste selbst nicht, wie sie diesen Satz herausgebracht hatte. Ein lautes Fluchen ertönte, und Quint schlug noch einmal gegen die Tür.
Irgendetwas stimmte nicht. Nur was? Greeley wagte nicht zu hoffen. Hatte er es sich doch anders überlegt? „Was ist los?"
„Als du ,fertig' gesagt hast, ist es mir wieder eingefallen. Ich bin es nämlich nicht, und deshalb muss ich noch einmal kurz weg, Schätzchen."
Sie konnte ihr Glück kaum fassen. „Wo willst du hin?"
„Kondome kaufen. Ich habe gleich um die Ecke einen Supermarkt gesehen, der noch geöffnet ist. Mach dir inzwischen einen Drink. Allein der Gedanke daran, dass du splitterfasernackt auf mich wartest, verleiht mir Flügel. Ich bin gleich wieder da."
Greeley wartete einige Minuten und lief dann, so schnell sie konnte, aus der Suite und die Hintertreppe hinunter. Sie gab dem Portier ein Trinkgeld, und er holte, ohne zu fragen, sofort ihren Wagen.
Eine Nachricht für Quint Damian hatte sie nicht hinterlassen. Wie hätte sie auch unterschreiben sollen? Mit „Schätzchen" vielleicht?
Quint hatte sich im Gang versteckt, bis er sicher war, dass Greeleys Flucht geglückt war. Ich hätte glatt einen Oscar verdient, dachte er lächelnd. Vielleicht sollte er eine Schauspielkarriere in Erwägung ziehen, wenn Fern Kelly die Spedition übernahm! Er hatte das einzig Richtige getan. Hoffentlich fuhr Greeley jetzt auch nach Hause. Das ging ihn allerdings nichts mehr an. Jetzt waren die Lassiters an der Reihe. Sollten sie sich um Greeley kümmern. Er jedenfalls würde sie vergessen. Für immer.
Das glaubst du doch selbst nicht, sagte eine innere Stimme. Er konnte sie nicht einfach aus seinem Leben streichen. Immerhin war er mit verantwortlich für ihren Kummer.
Quint ging zurück in die Suite, griff zum Telefon und rief die Lassiters an. Keiner nahm ab. Er dachte kurz nach und wählte schließlich die Nummer der Steeles. Einer der Sicherheitsbeamten holte Thomas Steele, und Quint bat ihn, Worth auszurichten, dass er zurückrufen solle.
Es dauerte nicht einmal fünf Minuten, bis Greeleys Bruder sich meldete.
„Ich hoffe, sie fährt direkt nach Hause", erklärte Quint, ohne sich mit Höflichkeitsfloskeln aufzuhalten. „Sie sollten sie jetzt nicht allein lassen." Er fasste kurz zusammen, was an diesem Abend geschehen war - wobei er jedoch einiges verschwieg. „Wir sind noch ein bisschen herumgefahren, und ich habe Greeley zu einem Drink in der Hotelbar eingeladen."
„Was hatte meine Schwester bei Ihnen im Zimmer zu suchen?"
„Wer hat gesagt, dass wir zusammen oben waren?"
„Verkaufen Sie mich nicht für dumm, Damian. Dieses Hotel gehört meinem Schwager. Ich weiß ganz genau, wann Sie und Greeley in den Aufzug gestiegen sind."
„Das nächste Mal wohne ich im Hotel Jerome", erwiderte Quint kühl. „Und bevor Sie sich ganz umsonst aufregen: Es ist überhaupt nichts gewesen." Er legte auf.
Wenn Greeley ihrem Halbbruder die ganze Wahrheit erzählen wollte, war das ihre Sache. Er jedenfalls hatte noch andere Dinge vor. Als Erstes würde er kalt duschen.
5. KAPITEL
„Warum stehst du hier im Halbdunkeln?"
Greeley drehte sich nicht um, als sie die Stimme ihrer Mutter hörte, sondern blickte weiter starr hinaus in die Nacht.
„Warum quälst du dich so? Es ist zwar schade, dass dein Treffen mit Fern nicht gut verlaufen ist, aber sich noch länger den Kopf darüber zu zerbrechen bringt nichts."
Greeley antwortete nicht.
„Fern hat einen großen Fehler gemacht", sagte Mary Lassiter leise. „Sie hatte die Chance, dich nach vierundzwanzig Jahren endlich kennen zu lernen, und hat sie nicht genutzt. Sie hat ja keine Ahnung, was sie verpasst." Wieder keine Reaktion.
„Greeley Lassiter, hörst du mir überhaupt zu?"
„Sicher. Ich habe nur gerade darüber nachgedacht, warum ihr Cheyennes Party so schnell verlassen habt. Quint Damian hat euch nicht zufällig informiert, oder?"
„Wir..."
„Gib dir keine Mühe, Mom. Ich habe bei Cheyenne angerufen, um Bescheid zu sagen, wo ich bin. Von einem der Sicherheitsbeamten habe ich erfahren, dass Worth einen Anruf erhalten hat und ihr gleich darauf weggefahren seid. Ich kann doch noch zwei und zwei zusammenzählen. Habt ihr euch wirklich solche Sorgen um mich gemacht?" Greeley drehte sich um und betrachtete ihre Mutter forschend.
Mary Lassiter zuckte die Schultern. „Es war wohl eher das schlechte Gewissen. Wir haben uns in etwas eingemischt, das uns nichts
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