Kleines Herz in Not
über eine Aktenmappe auf dem Schreibtisch, und Greeley wusste, dass das Gespräch damit beendet war. Sie wandte sich wieder den Bildern an der Wand zu. Quint stand inmitten von feiernden Jugendlichen, die einen großen Pokal hochhoben. Er wird bestimmt einmal ein guter Vater, dachte sie traurig und schob die Hände in die Taschen ihrer Jeans.
Vielleicht hatte er Fern den Laufpass gegeben, weil sie ihm keine Kinder mehr schenken konnte.
Nein, er wollte mit den schlechten Genen der Familie Kelly nichts zu tun haben, das hatte er ihr, Greeley, ja deutlich zu verstehen gegeben.
Es würde sicher nicht lange dauern, bis er eine Frau gefunden hatte, die seinen Ansprüchen gerecht wurde. Warum bloß tat der Gedanke daran so weh?
Nach dem Abendessen ging Greeley in Quints Arbeitszimmer und blickte sich um. Ein großer, schwerer Mahagonitisch stand in der Mitte des Raumes. Die Einrichtung zeugte von erlesenem Geschmack, war aber unpersönlich. Kein einziges Foto hing an der Wand.
In diesem Augenblick klingelte das Telefon auf dem Schreibtisch. Greeley zögerte. Sollte sie abnehmen? Vielleicht war es etwas Wichtiges? Quints Freundin? Oder sein Großvater, der aus Hawaii anrief? Entschlossen hob sie ab. „Ja?"
„Wer sind Sie denn?" fragte eine weibliche Stimme ungehalten.
„Greeley Lassiter."
„Lassiter?" Die Frau am anderen Ende der Leitung schien zu überlegen. „Ach ja, Ferns Tochter." Ihr Tonfall war verächtlich. „Wo ist Quint?"
„Er schwimmt gerade."
„Richten Sie ihm aus, er möchte seine Mutter anrufen. Es ist dringend." Die Frau legte auf.
Willkommen im Club der Kelly-Hasser, dachte Greeley entnervt. Gab es hier überhaupt jemanden, der nicht gleich von der Mutter auf die Tochter schloss? Wahrscheinlich nicht. Plötzlich sehnte sie sich nach einer vertrauten Stimme. Sie nahm den Hörer ab und wählte.
„Ja.“
„Kein Mensch meldet sich so am Telefon, Worth. Mom ist anscheinend nicht zu Hause", sagte sie gespielt streng.
Ihre Bruder lachte. „Sie ist bei Cheyenne. Wird auch langsam Zeit, dass du mal anrufst. Wie läuft's bei euch? Hast du dich mit Fern ausgesöhnt?"
Greeley beschloss, Ferns Abwesenheit nicht zu erwähnen. Worth würde sich nur unnötig Sorgen machen. „Noch nicht." Schnell wechselte sie das Thema. „Quint hat einen Auftrag für mich. Ich soll für seinen Großvater eine Skulptur anfertigen."
„Tatsächlich?"
„Das ist eine große Chance für mich."
„Ach ja?"
„Cheyenne wird begeistert sein."
„Wie schön."
„Hör auf, alles madig zu machen. An den Auftrag sind keine Bedingungen geknüpft."
„Da wäre ich mir nicht so sicher. Quint Damian hat Hintergedanken. Er will mit dir schlafen."
„Wie kommst du denn darauf? Das ist doch absurd. Warum denkst du immer gleich das Schlimmste? Ich bin kein Kind mehr und kann auf mich selbst aufpassen. Glaub ja nicht, ich gehe mit dem Erstbesten ins Bett, der mir über den Weg läuft." Plötzlich hatte Greeley ein komisches Gefühl. „So gut müsstest du mich eigentlich kennen."
„Du bist und bleibst meine jüngste Schwester, und ich fühle mich für dich verantwortlich. Ich habe doch noch Augen im Kopf. Du bist mit einem Mann nach Denver gefahren, der dich ansieht wie Hannah einen Eisbecher mit Sahne."
„Von wegen, Worth! Ich bin hier ungefähr so beliebt wie das Ebolavirus."
„Dann komm doch nach Hause, und überlass die Kämpfe den Damians. Du brauchst den Auftrag nicht. Du hast genug Talent und wirst auch ohne diesen Mann berühmt werden."
„Danke. " Sein Vertrauen bedeutete ihr sehr viel.
„Aber du bleibst in Denver", sagte Worth resigniert.
„Ja. Dieser Auftrag reizt mich einfach zu sehr." Sie konnte die Missbilligung ihres Bruders deutlich spüren. „Hör auf, mich zu bevormunden, Worth. Quint Damian kann mir gestohlen bleiben. Ich mag ihn nicht, und ich werde auch nicht mit ihm schlafen. Dieses Gefühl beruht übrigens auf Gegenseitigkeit."
„Genau davor habe ich ja Angst." Worth legte auf.
Greeley schüttelte den Kopf und knallte den Hörer auf die Gabel. Was hatte ihr Bruder mit diesen rätselhaften Worten gemeint? Er sollte sich um seine eigenen Angelegenheiten kümmern!
Ein Geräusch ließ sie zusammenzucken. Quint stand auf der Türschwelle.
7. KAPITEL
Warum hat sie gelogen? dachte Quint. Natürlich war Greeley an ihm interessiert, denn sie hatte seinen letzten Kuss leidenschaftlich erwidert. Sie konnte es leugnen, solange sie wollte, er wusste es besser. Nachdenklich betrachtete er sie.
Weitere Kostenlose Bücher