Kleines Lexikon christlicher Irrtümer - von Abendmahl bis Zungenreden
Bischöfe, die meist gleichzeitig Mönche sind, auch in der orthodoxen Kirche im Zölibat. Einen orthodoxen Papst gibt es nicht, jedoch hat der Patriarch von Konstantinopel den Ehrenprimat über fast alle orthodoxen Kirchen inne. Der Orthodoxie ist die Einheit der Kirche sehr wichtig, deswegen setzte sie sich schon früh für ökumenische Gespräche ein. So sind sie auch Mitglied im »Ökumenischen Rat der Kirchen«, in dem sich über einhundert
Kirchen der ganzen Welt zusammengeschlossen haben. Trotzdem gibt es bis heute Differenzen sowohl zur katholischen Kirche als auch zu den evangelischen. Dennoch: Es lohnt sich, im Gespräch zu bleiben, einander besser kennenzulernen und auch von einander zu lernen. Gerade evangelische Christen können im Kontakt zu den Orthodoxen den Wert eines symbolisch und mystisch geprägten Zugangs zum Glauben neu entdecken.
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Es gab eine PÄPSTIN
Etwas Unvorstellbares soll Anfang des Jahres 858 während einer Prozession in der Nähe des Lateran-Palasts in Rom geschehen sein. Papst Johannes VIII., der die Prozession anführte, sei plötzlich niedergefallen und habe ein Kind zur Welt gebracht, heißt es. Zweieinhalb Jahre lang soll eine Frau als Mann verkleidet das Papstamt innegehabt haben.
Die aus dem dreizehnten Jahrhundert stammende und immer weiter ausgeschmückte Legende, die selbst die Päpste lange Zeit glaubten, bietet auch heute noch Stoff für immer neue Spekulationen, Bücher und Filme. Was ist dran an dieser Geschichte? Die Legende erzählt von einem aus Mainz oder England stammenden Mädchen, das von seinem Vater eine gute Ausbildung erhalten hat und dann verkleidet als junger Mann in Athen studiert haben soll. Sie sei dann nach Rom gegangen, dort durch ihre Bildung und ihr großes Wissen aufgefallen und 855 nach dem Tod des Papstes Leo IV. als Johannes Anglicus zum Papst gewählt worden. Während ihrer Amtszeit soll sie mehrere Liebschaften gehabt haben und schließlich schwanger geworden sein. Um zu verhindern, dass jemals wieder versehentlich eine Frau auf dem Stuhl Petri Platz nehme, heißt es in fantasievoller Weiterführung der Legende, habe sich von da an jeder neu gewählte Papst zunächst auf einen Stuhl mit Loch niederlassen müssen. Ein Priester sei dann unter diesen Stuhl gekrochen und habe unter dem Gewand des Papstes nach dessen Männlichkeit gefühlt. Rief dieser Priester »Habet!« – »Er hat!« –, konnte der Gewählte Papst werden. Gerade wegen ihrer Anstößigkeit möchte man diese Geschichten doch zu gerne glauben. Allerdings kamen
schon früh Zweifel an ihrer Echtheit auf und alle angeblichen Belege für die tatsächliche Existenz einer Päpstin lassen sich schnell widerlegen. Der wirkliche Nachfolger von Papst Leo IV. war Benedikt III., der auch nicht, wie manch einer behauptet, von der katholischen Kirche erfunden wurde, um die Existenz der Päpstin zu verschleiern, denn er ist auf zeitgenössischen Münzen abgebildet und seine Korrespondenz ist heute noch erhalten. Dass die Päpste eine »Vicus Papessa« genannte Gasse zwischen Lateran und Vatikan seit jener Zeit mieden, liegt wohl eher daran, dass sie für große Prozessionen zu eng war, als daran, dass die angebliche Päpstin hier ein Kind gebar, zumal der Name »Papessa« nicht auf die Päpstin, sondern auf die damals in Rom lebende Adelsfamilie Papes hinweist. Eine schöne Legende, die die Sensationslust der Menschen anstachelt, aber vermutlich nur darauf zurückzuführen ist, dass ein Satiriker dem echten Papst Johannes VIII., der erst einige Jahre später regierte, wegen seines zurückhaltenden und nachgiebigen Verhaltens in der Diskussion mit dem Patriarchen von Konstantinopel einmal weibliche Charakterzüge unterstellte.
Wer Christ ist, muss PAZIFIST sein
Ist im Alten Testament vom Frieden, von »Schalom«, die Rede, meint das mehr als nur die zeitweilige Abwesenheit von Krieg. Schon dass der Begriff in semitischen und arabischen Sprachen bis heute als geläufiger Gruß gilt, zeigt, dass mehr an Bedeutung in ihm steckt. »Schalom« bedeutet nicht nur Freiheit von Unheil, sondern auch Wohlergehen, Sicherheit, Gesundheit und Ruhe. Frieden wird nicht als Zustand ohne Krieg angesehen, sondern als eine Art Prozess, an dem die zusammenlebenden Menschen und auch Gott beteiligt sind, um ihn zu erhalten.
Jesus knüpfte an diese Vorstellungen an. Im Mittelpunkt seiner Überlegungen steht nicht die Politik, sondern der einzelne Mensch, der sich in Gewissheit um das anbrechende Gottesreich schon
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