Kleines Lexikon der Reise-Irrtuemer
herankommen oder ist es mir wichtiger, dass sie ihr ursprüngliches Verhalten bewahren? Sind Menschen- beziehungsweise Autoansammlungen für mich in Ordnung, oder lege ich Wert auf Einsamkeit? Und will ich möglichst bequem reisen oder sind für mich auch lange Fahrten und einfache Unterkünfte akzeptabel? Je nachdem, wie man zu diesen Themen steht, sind unterschiedliche Reiseziele, -zeiten und -formen die richtigen.
Das berühmteste afrikanische Safarigebiet, der Krüger Nationalpark, bietet eine hohe Big-Five-Wahrscheinlichkeit und eine enorme Fauna-Vielfalt: Auf rund 20000 Quadratkilometern (das entspricht in etwa der Fläche von Rheinland-Pfalz) leben 147 Säugetierarten, 507 Vogel- und 114 Reptilienarten. Die touristische Infrastruktur im Park – mit geteerten Straßen, Camps und Hotels, Swimmingpools, Gaststätten und Souvenirshops – ermöglicht einen komfortablen Aufenthalt, jährlich reisen rund eine Million Gäste an. Dabei kann es trotz Einlassbeschränkungen gelegentlich zu Verkehrsstaus im Park kommen, vor allem an Feiertagen. Auch passieren immer wieder Unfälle, bei denen Tiere zu Tode kommen, weil Touristen abends kurz vor Schließung des Parks zu den Ausgängen rasen und weil Lieferwagenfahrer (die Touristenunterkünfte und Raststationen versorgen) ihren Job schnell hinter sich bringen wollen. Die Polizei unterhält sowohl fest installierte als auch mobile Radaranlagen, um Rasern auf die Schliche zu kommen.
Weniger Trubel herrscht in der Serengeti in Tansania, die Savannenlandschaft einschließlich des gleichnamigen Nationalparks ist etwa 30000 Quadratkilometer groß und zählt nur 90000 Besucher pro Jahr. Auch im Ruaha Nationalpark, dem zweitgrößten Nationalpark Tansanias, kann man Einblicke in die wahre Wildnis genießen, und es beschleicht einen nicht das Gefühl, durch einen Themenpark zu fahren. Dafür muss man auf eine große Hotel- und Gastronomieauswahl verzichten und mit einer relativ aufwendigen Anreise rechnen. Das gleiche gilt für die vielen kleineren Wildreservate und Nationalparks, die es in fast allen Ländern des südlichen Afrika gibt und die in den Programmen internationaler Reiseveranstalter nicht auftauchen. Manche bieten keine sehr hohe Big-Five-Dichte, bei diesen Parks sollte man Zeit und Geduld mitbringen oder sich über den Anblick von Zebras und Giraffen freuen.
Die Wahl der Reisezeit verdient ebenso viel Aufmerksamkeit wie die des Reisezieles. Touristik-Hochsaison ist im ganzen südlichen Afrika von November bis Februar, wenn die Europäer vor dem Winter fliehen und die Afrikaner gleichzeitig Sommer- und Weihnachtsferien haben. Viele Safarigebiete sind in diesem Zeitraum gut besucht, wenn nicht überlaufen. In den meisten Gegenden fallen außerdem die Regenzeiten ins europäische Winterhalbjahr. Während der feuchten Zeit ist in Malariagebieten das Risiko am größten und die Tierbeobachtung am schwierigsten. Je weniger Regen, desto weniger Moskitos und desto größer die Wahrscheinlichkeit, Tiergruppen an bekannten Wasserstellen zu finden. Dies trifft besonders im namibischen Etosha Nationalpark zu, in dem Wasserlöcher nahe Touristenunterkünften bei Dunkelheit angestrahlt werden, sodass Besucher das tierische Nachtleben verfolgen können.
Hinzu kommt die Frage der Vegetation: In buschreichen Parks ist die Landschaft während des südafrikanischen Sommers saftig und schön anzuschauen, bessere Aussichten auf Tiere verspricht die trockene und weniger heiße Saison, in der das Gras nur niedrig wächst und Sträucher kahl bleiben. Unter Safari-Gesichtspunkten empfiehlt sich im Allgemeinen also der europäische Sommer – aber nicht immer. Klimatische Besonderheiten, die Verhalten und Aufenthaltsorte der Tiere beeinflussen, kommen sowohl in kleineren Reservaten vor als auch in einzelnen Regionen großer Parks und Landschaften. Wer auf Nummer sicher gehen will, muss die Regenwahrscheinlichkeiten seiner Reiseziele detailliert studieren. Entsprechende Infos erhält man bei den Nationalparkverwaltungen und bei spezialisierten Reiseveranstaltern.
Eine weitere große Frage lautet: Fahren wir auf eigene Faust? Oder schließen wir uns einer Gruppe an? Für individuelle Touren spricht die Unabhängigkeit und Flexibilität. Organisierte Fahrten haben den Vorteil, dass man von großen Jeeps einen besseren Ausblick hat, mehr oder beeindruckendere Tiere sieht und Erklärungen zu ihnen erhält. Am besten ist sicherlich die Luxuslösung: ein eigener Fahrer und Guide. Mit ihm klärt
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