Kleines Lexikon der Reise-Irrtuemer
man am besten schon vorab, was einem wichtiger ist: Einsamkeit oder Tierbegegnungen um jeden Preis. Die meisten Führer haben die Angewohnheit, ihren Kollegen sofort Bescheid zu sagen, wenn sie spektakuläre Tieransammlungen sehen. So kommen viele Gäste in den Genuss des Anblicks, aber sie müssen in Kauf nehmen, dass sich große Jeep-Trauben bilden.
SALZBURG IST EIN THEMENPARK FÜR MOZART UND DEN BAROCK
Soll die Reise in eine anregende, zukunftsweisende Stadt gehen? In ein Zentrum der aktuellen internationalen Kunst? Dann ist Salzburg für viele so ziemlich die letzte Wahl – irrtümlicherweise.
In letzter Zeit hat sich das unvermeidbar »Mozartstadt« genannte Salzburg in einen modernen Skulpturenpark von Weltrang verwandelt. Wer am Ufer der Salzach flaniert, dem springt plötzlich eine 15 Meter hohe Edelstahl-Installation ins Auge – von Marina Abramovi´c, die zu den wichtigsten Performance- und Videokünstlern der Gegenwart gehört. Auf dem Kapitelplatz, direkt am Salzburger Dom, liegt eine riesige goldene Kugel mit einem geschnitzten Mann darauf – ein Werk des Bildhauers Stephan Balkenhol. Gegenüber vom Festspielhaus hat Anselm Kiefer einen Kunstpavillon geschaffen. An einer Wand der begehbaren Installation prunkt ein großes, erdiges Bild, an einer anderen steht ein Regal mit Büchern aus Blei und scheinbar wild wucherndem Dornengebüsch. Der italienische Künstler Mario Merz sorgte für magisch scheinende »Ziffern im Wald« auf dem Mönchsberg oberhalb der Altstadt. Auch James Turrell, Christian Boltanski und weitere Kunststars schufen Werke für Salzburg – insgesamt sind es zwölf, die von 2002 bis 2011 aufgestellt wurden.
Alte Pracht, die man immer nur konserviert, wirkt irgendwann leb- und charakterlos. Je perfekter die historische Illusion, desto weiter entfernt sie sich von der Gegenwart, desto mehr wirkt sie wie ein künstlicher Themenpark. Um diesem Effekt entgegenzuwirken, organisierte eine private Initiative die Dauerausstellung im öffentlichen Raum. Die Salzburg Foundation finanzierte das Projekt ohne öffentliche Mittel allein aus Spendengeldern. Trotzdem gab es viel Protest. Vor allem angesichts des androgynen, nackten, einarmigen Bronzestandbildes vor der Markuskirche. »Mozart – Eine Hommage« heißt das Werk von Markus Lüpertz. »Eine Schande!«, empören sich die einen. »Eine Sensation!«, freuen sich die anderen und verbringen einen glücklichen Tag damit, von einer neuen Skulptur zur nächsten durch Salzburg zu schlendern.
Tags darauf kann man dann zum Beispiel das Museum der Moderne auf dem Mönchsberg besuchen. Der 2004 eröffnete Bau ist an sich schon ein facettenreiches Kunstwerk, wechselnde Ausstellungen zeigen Werke von Mitgliedern der ersten Welt-Kunst-Liga. Außerdem versammelt sich eine ganze Reihe privater Galerien für Gegenwartskunst in Salzburg. Darunter die Galerie Mario Mauroner: An zwei Stätten präsentiert sie Spitzenkünstler wie Eduardo Chillida, Jan Fabre oder Arnulf Rainer.
Seit 2009 etabliert sich die Stadt zudem als Zentrum für Neue Musik – mit dem Festival Salzburg Biennale, bei dem renommierte Ensembles aus ganz Europa auftreten. Neben Konzerten gibt es Musiktheateraufführungen und Multimedia-Performances – verteilt über die ganze Stadt, einen Monat lang, alle zwei Jahre. Und selbstverständlich gastieren auch bei den altehrwürdigen Salzburger Theater- und Opernfestspielen immer wieder Künstler, die für freche und frische Überraschungen sorgen.
Um Mozartklänge und -kugeln, barocke Pracht und touristischen Kitsch kommt man in Salzburg nicht herum. Will man ja auch gar nicht, oder? Richtig interessant aber wird die Stadt erst, wenn man seine Antennen auf die Spannung zwischen Altem und Neuem ausrichtet. Wo museale Perfektion, Fiaker-Romantik und kunstvolle Innovation aufeinanderstoßen, da sprühen Funken der Lebendigkeit.
JE MEHR SERVICE IM HOTEL, DESTO BESSER
Ein einziges Mal habe ich bisher in einem Hotel gewohnt, in dem den Gästen ein Butler zur Seite gestellt wurde. Ich hatte mir das Hotel nicht selbst ausgesucht (jawohl, ich war eingeladen, siehe hierzu auch »Alle REISEJOURNALISTEN sind bestechlich«) und konnte den Butlerservice unmöglich abbestellen, der Herr gehörte einfach dazu. Tag und Abend ging er mit freundlich-offenem Blick auf und ab in dem Garten rund um die südafrikanische Lodge, in der ich wohnte. Bei jeder Gelegenheit grüßte der Butler, erkundigte sich nach dem Befinden und ich wurde immer unsicherer. Wie
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