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Kleines Lexikon der Reise-Irrtuemer

Kleines Lexikon der Reise-Irrtuemer

Titel: Kleines Lexikon der Reise-Irrtuemer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nele-Marie Bruedgam
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Passagiere, kein einziger Toter.
    Wenn mich an Bord attraktive, sehr junge Männer und Frauen begrüßen, dann denke ich: Oh, wie nett, wie hübsch. Habe ich es aber mit gestandenen Männern und Frauen zu tun, dann fühle ich mich gut aufgehoben. Seltsam, dass noch keine Fluggesellschaft auf die Idee gekommen ist, mit dem Erfahrungsreichtum ihres Personals zu werben.

SÜDAFRIKA IST SO GEFÄHRLICH, DASS MAN AM BESTEN GAR NICHT ERST HINFÄHRT
    Auf den ersten Blick hat Südafrika eine große Ähnlichkeit mit Westeuropa. Es gibt moderne Städte mit teils urigen, teils eleganten historischen Vierteln. An den Stadträndern stehen riesige Einkaufszentren. Strände, Gebirge, Hügelland, Wälder, Felder und Weinberge ergeben eine landschaftliche Vielfalt wie in Europa. Nun gut, Südafrika hat zusätzlich Steppe, Buschland, Wüste, Wildtierreservate. Aber sonst? Die Menschen sprechen Englisch, es gibt jede Menge Golfplätze – alles sehr europäisch.
    Auf den zweiten Blick ist Südafrika ein Land der Zäune und Wachmänner. Hohe Mauern und Stacheldraht umgeben exklusive Hotelanlagen und Wohnhäuser, zusätzlich stehen Sicherheitsleute an jeder Ecke. Sichtbar gegen Kriminelle gesichert sind zum Beispiel auch Shopping Malls, öffentliche Schwimmbäder, öffentliche Plätze, Cafés, Einkaufsstraßen, Geschäfte, Kinos, Restaurants. Das massive Aufgebot an Schutzvorkehrungen ruft bei vielen, für die es nicht alltäglich ist, gemischte Gefühle hervor: Auf mich wird aufgepasst, sehr gut! – So mächtig muss man auf mich aufpassen? Gar nicht schön.
    Der dritte Blick schließlich offenbart: Südafrika ist ein gesellschaftlich tief gespaltenes Land. Der dünnen, mehrheitlich weißen Mittel- und Oberschicht steht eine breite Masse von Menschen gegenüber, die ärmlich oder in bitterer Armut leben. Ihre Schul- und Berufsbildung ist unzureichend, ihr Einkommen sehr gering, sie sind medizinisch schlecht versorgt. Die durchschnittliche Lebenserwartung eines in Südafrika geborenen Babys beträgt 52 Jahre. (Zum Vergleich: In Deutschland steht Neugeborenen ein im Durchschnitt 80 Jahre langes Leben bevor).
    Bei den Vereinten Nationen gibt es eine Einrichtung, die alljährlich den »Human Development Index« aufstellt. Sie ermittelt den Entwicklungsgrad jedes Staates unter Berücksichtigung der Kriterien Bildung, Gesundheit und Einkommen. Als am höchsten entwickeltes Land der Welt nannte der Index im Jahr 2010 Norwegen. Die USA erreichten Platz vier, Deutschland belegte Platz zehn. Und Südafrika? Platz 110. Weit hinter El Salvador (Platz 90), Sri Lanka (91), Gabun (93) und Ägypten (101). Zwischen 1990 und 2010 war laut Human Development Index keine Besserung in Südafrika festzustellen. 62
    Dies alles lässt nicht gerade auf sozialen Frieden schließen, und tatsächlich hat Südafrika eine hohe Kriminalitätsrate. Immer wieder erwähnen auch deutsche Medien die »durchschnittlich 50 Morde pro Tag« – was nicht ganz, aber leider doch ungefähr die Wirklichkeit beschreibt: 16834 Morde verzeichnete die südafrikanische Polizei von April 2009 bis März 2010, also rund 46 Morde pro Tag. 63 Die Mordrate in Relation zur Einwohnerzahl ist in manch anderem Land noch höher, in Venezuela beispielsweise, in Honduras und auf Jamaika. 64 Dennoch mag man sich angesichts der südafrikanischen Verhältnisse fragen: Ist das Risiko, dorthin zu reisen, nicht viel zu hoch? Sollten vernünftige Touristen nicht besser fernbleiben?
    Jeder, der eine Reise nach Südafrika (oder in andere Länder mit hoher Kriminalitätsrate) in Erwägung zieht, muss sich diese Fragen letztendlich selbst beantworten, nach eigenem Sicherheitsempfinden und nach eigenem Verständnis vom »vernünftigen Reisen«. Die grundsätzlich bestehende Möglichkeit, Opfer einer Straftat zu werden, lässt sich nicht leugnen. Taschendiebstahl, Einbruch in Autos und Hotelzimmer: So etwas kommt immer wieder vor in Südafrika – wie auch in fast jedem anderen Land. Die Zahl der Fälle, in denen Südafrika-Touristen einem Gewaltverbrechen zum Opfer fallen, ist jedoch sehr gering.
    Martin Schäfer von der Deutschen Botschaft in Pretoria bringt die Sache auf den Punkt: »Nach den Erfahrungen der Botschaft ist das Risiko, einen Verkehrsunfall zu erleiden, für deutsche Touristen in Südafrika deutlich höher als das Risiko, Opfer einer Straftat unter Anwendung von Gewalt zu werden.« Wobei man wissen muss: Trotz guter Straßenverhältnisse passieren in Südafrika extrem viele Verkehrsunfälle

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