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Klondike

Titel: Klondike Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James A. Michener
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Tod entronnen, weil wir zufällig vorbeigekommen sind. Das nächstemal kommen Sie nicht mehr davon.« Sie jammerte, daß nun all ihre Träume dahin seien. Carpenter sprach ihr Trost zu, aber Luton setzte dem ein Ende: »Ma’am«, sagte er mit fester Stimme, »wir werden Sie mit dem ersten Flußboot, das unseren Weg kreuzt, nach Hause schicken, und jetzt möchte ich meinen Neffen bitten, ein kurzes Dankgebet zu sprechen dafür, daß wir unbeschadet aus dem Sturm herausgekommen sind und Ihnen der sichere Tod erspart blieb.«
    Die sturmerfahrenen Goldsucher senkten die Köpfe, und Philip hob flüsternd an: »Lieber Gott, wie Petrus damals, den du vor jenem Sturm auf dem galiläischen Meer errettet hast, wollen auch wir dir danken für unsere Errettung vor dem Sturm auf dem Great Slave.« Er hielt einen Augenblick inne: »Besonders aber danken wir, daß du deine tapfere Tochter Irina gerettet hast, die nur durch dein Wunder dem Tod entkam. Führe uns auf unserer Fahrt auf dem Mackenzie sicher durch alle Gefahren.«
    Nachdem das Amen gesprochen war, hob Carpenter die junge Frau an Deck der »Sweet Alton«, die anschließend ohne weitere Unterbrechungen auf den Ausgang des Sees zusteuerte. Sobald sie sich wieder auf dem Fluß befanden, trat ein, wovon Philip in seinem Gebet gesprochen hatte: Sie fühlten sich wieder in Sicherheit geborgen und in guten Händen.
    Irina Kozlok blieb mehrere Tage an Bord der »Sweet Afton«. Es war eine unangenehme Situation. Da Lord Luton nun einmal entschlossen war, das Rennen mit dem Winter aufzunehmen und vorzupreschen, koste es, was es wolle, fuhren sie, ohne auch nur einmal vor Anker zu gehen. Das aber bereitete Probleme, wenn die Männer ihren natürlichen Bedürfnissen nachkommen wollten, jetzt, wo sich eine Frau an Deck befand. Vorher hatten die Männer diese Dinge nach der hygienisch einfachsten Methode gelöst, doch jetzt fühlten sie sich gehemmt. Fogarty schließlich war es, der das Eis brach. Als er es nicht mehr länger halten konnte, platzte er heraus: »Madam, würden Sie sich bitte einmal umdrehen?«
    Und mit der stillen Eleganz einer Fürstin entgegnete sie: »Gentlemen, ich war verheiratet, und ich habe Brüder. Lassen Sie sich durch mich nicht stören.« Das erste Lächeln nach dem schrecklichen Untergang ihres Schiffes huschte über ihr Gesicht, und sie fügte noch hinzu: »Ich erwarte natürlich dieselbe Geste auch von Ihnen.«
    Philip fühlte sich durch diesen Wortwechsel getroffen, denn wie jeder junge Verliebte es getan hätte, gab er sich dem Glauben hin, es müsse mehr als nur ein Zufall gewesen sein, daß Irina ihm in Edmonton das Leben gerettet hatte - so nämlich erklärte er sich jetzt ihre Warnung vor der Route über Land -und er nun an der Küste des Great Slave Lake das ihre. »Schicksal«, murmelte er vor sich hin, »es war Schicksal.« Und je mehr er von ihrer tapferen Entschlossenheit mitbekam, je länger er ihre hübsche Erscheinung vor Augen hatte, nachdem ihre Kleidung getrocknet war und sie die Jacke wieder tragen konnte, desto lebhafter wurde die Erinnerung an jenen Abend ihrer ersten Begegnung in der Stadt.
    »Wie herrlich wäre es, ein solches Prachtweib zur Frau zu haben ...«, dachte er bei sich, und am Ende des zweiten Tages mit ihr an Bord waren seine Gefühle seltsam durcheinandergeraten, eine betörende Mischung aus Mitleid, Bewunderung und starker Anziehung. In seiner blinden Vernarrtheit interpretierte er auch die kleinste Geste ihrer Freundlichkeit als eine Erwiderung seiner Gefühle.
    Lord Luton war der erste unter den vier anderen Mitgliedern der Mannschaft, der erkannte, daß Philip dabei war, sich in eine Frau zu verlieben, die um einiges älter war als er, und wie ein echter Bradcombe verfiel er in eine gewisse Förmlichkeit und besann sich auf die Tradition seines uralten und ehrwürdigen Adelsgeschlechts. Die Bradcombes haben überlebt, während viele andere Familien zugrunde gegangen sind, rief er sich ins Gedächtnis, weil sie es verstanden haben, über die Jahrhunderte hindurch ihre männlichen Sprößlinge vor den Fallstricken aufreizender junger Frauen aus Frankreich zu bewahren - und nicht nur solcher, ebenso englischer Bürgerlicher, vorlauter irischer Gören und, seit einigen Jahren, auch verzogener Töchter millionenschwerer amerikanischer Emporkömmlinge. Mit untrüglichem Gespür hatten sie eheliche Verbindungen nur mit den am meisten Gewinn versprechenden Frauen aus den angesehensten Familien Englands geduldet, und

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