Klondike
gerade einfach, wenn man kein Geräusch machen darf. Aber meine größte Liebe, das ist, sich in einer mondlosen Nacht rauszuschleichen und sich einen erstklassigen Lachs zu fangen.«
»Lachs!« wiederholte Carpenter voller Erstaunen. Seine Vorfahren hatten Wilderer noch erschossen, wenn sie auch nur den Versuch unternahmen, Lachse aus den Flüssen zu fangen, die unter ihren Besitz fielen, und hatten mehr als einen für das Verbrechen zu lebenslangem Exil nach Australien verbannt.
»Ach, der Lachs, der König der Tiere für die Kunst des Wilderns.« Und während er über seine Kenntnis und seine Geduld sprach, fing er an, gerade soviel von den einzelnen Örtlichkeiten seiner Triumphe zu verraten, daß Lord Luton nicht umhinkonnte, die irischen Flüsse, die Fogarty geplündert hatte, als die in seinen eigenen Besitztümern liegenden zu erkennen, und schließlich dämmerte es ihm, daß dieser hochmütige Ire seit langem Lachs aus just den Bächen stahl, die er zu schützen bestellt war.
Erschüttert über diese unangenehme Entdeckung, fragte Luton an einer Stelle der Erzählung: »Meinen Sie etwa den zweiten Pfuhl unter der Steinbrücke, die General Netford 1803 erbauen ließ?«
»Ja. Genau die Brücke. Es heißt, sie wurde dort zum Nutzen der Armee hingestellt, für den Fall, daß Napoleon nach Irland übergesetzt hätte.«
Hier fiel Carpenter ihm ins Wort: »Das ist der Pfuhl, über den mein Onkel Jack in seinem Buch über die bedeutendsten Binnenflüsse Irlands schreibt. Er hat ihn Spiegelpfuhl genannt, weil sich der Himmel darin perfekt widerspiegelt.«
»Genau den meine ich.« Seit über hundert Jahren verfaßten die Sportfischer Englands Bücher über ihre Lieblingslachsbäche, bis jeder Flußabschnitt der Britischen Inseln, der den geschätzten Fisch beherbergte, beschrieben und bewertet war. Männer wie Harry Carpenter mochten irgendwo in Indien oder am Nil sitzen und konnten ganze Flußabschnitte fehlerfrei dahersagen und stolz berichten, wie ein entfernter Verwandter 1873 dort seinen Preisfang gemacht hatte. Und hier saß Fogarty, rundgesichtig und nicht ahnend, welche Aufregung er verursachte, und gab die Version des kleinen Mannes von derselben Jagd zum besten. »Bei Vollmond habe ich mich nie rausgewagt, drei Tage vorher nicht und drei Tage nachher nicht, und den jungen Burschen habe ich immer geraten ...«
»Sie haben anderen das Wildern beigebracht?« unterbrach Trevor, aber Fogarty wiegelte ab: »Nicht, wie man Lesen und Schreiben in der Schule lehrt, aber wenn ein junger Kerl von zuverlässigem Charakter mit dem Wunsch zu mir kam, ein erstklassiger Wilderer zu werden, dann habe ich ihm die Regeln beigebracht.«
»Wie lauten die Regeln?« fragte Luton mit eisiger Reserviertheit in der Stimme, die seine Abscheu über die Offenbarungen, die er zu hören bekam, verbarg, und Fogarty gab eine so detaillierte Antwort, daß der Abend zu einem der besten in der Seminarreihe wurde, denn interessierte Studenten lauschten einem Experten, der ein erstaunliches Wissen ausbreitete.
»Ich habe immer drei Grundregeln beachtet, in meinem eigenen Verhalten und bei allen, denen ich die Erlaubnis zum Wildern in den Flüssen gab, die meiner Kontrolle unterstanden.«
»Sie haben Fangrechte verkauft?« fragte Luton, worauf Fogarty entgegnete: »Um Himmels willen, nein! Das war die erste Regel. Niemals wildern, wenn man den Fisch nicht braucht und nicht auch essen will. Niemals den Fisch verkaufen und ihn keinem anderen geben als nur der eigenen Familie. Gegen Geld zu wildern wäre ziemlich unehrenhaft, finden Sie nicht?«
Durch solche Fragen und die erhabene Würde, die er in seiner Tätigkeit als Lachsdieb an den Tag zu legen schien, gewann Fogarty allmählich das Vertrauen seiner Zuhörer, und nach kurzer Zeit nahmen alle teil an nächtlichen Streifzügen und Phantasiereisen, die großen fischreichen Flüsse Englands auf und ab. Vor allem Harry Carpenter tat sich in dem Gespräch hervor, denn er hatte in den meisten Flußabschnitten und Pfuhlen, die der Ire erwähnte, selbst geangelt.
»Meinen Sie weiter aufwärts, den Fluß, der bei den Anwohnern Princeps heißt?«
»Ja, genau der. Mit den Weiden am anderen Ufer.«
Erst als Fogarty sie entlang etwa ein Dutzend weiterer Flüsse geführt hatte, fragte Trevor Blythe schüchtern: »Ist Wildern nicht verboten?« Aber Fogarty entgegnete, ohne daß er peinlich berührt zu sein schien: »Ich betrachte es als eine Art umgekehrter Besteuerung.«
»Wie meinen Sie
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