Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Klondike

Titel: Klondike Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James A. Michener
Vom Netzwerk:
läuft bei der Kälte . auch im Sommer nicht«, worauf Harry leise entgegnete: »Das glaube ich gern.«
    Der Mestize blieb eine ganze Woche bei den Engländern, half ihnen, den Wiederaufbau ihres Quartiers zu vervollständigen, und ging auf die Jagd mit Fogarty, in dem er einen verwandten Geist erkannte. Sie waren beide hochtalentierte Jäger und erlegten einen großen Elch am anderen Ufer des Mackenzie - »Das war sein Werk, nicht meins«, erklärte Fogarty den anderen -, und am nächsten Morgen, nachdem Luton ihm überschwenglich gedankt und ihm obendrein einen Sovereign überreicht hatte, war er verschwunden, eine einsame Gestalt, Richtung Norden ausschreitend, das Gewehr auf dem Rücken, mitten auf dem mächtigen Strom.
    Das Leben ging wieder seinen gewohnten Gang. Lord Luton gab nur einen unvollständigen Bericht über seinen außergewöhnlichen Besuch in Fort Norman. »Wir haben die Karten studiert, und einige haben sie für uns nachgezeichnet, wir sind also ganz gut ausgerüstet«, worauf er die Blätter kurz vor ihnen ausbreitete. Carpenter sah sofort, daß Luton offenbar entschieden hatte, dem Peel River zu folgen bis in eine ziemlich hohe Region, und ruhig frage er: »Wäre es vielleicht angebrachter, sich einen Weg durch die kleineren Zuflüsse und den niedrigeren Paß zu bahnen? In Edmonton hat man mir gesagt .«
    »Fremden kann man alles mögliche erzählen«, schnitt Luton ihm barsch das Wort ab und rollte seine Karte wieder zusammen.
    Eines Morgens, aus heiterem Himmel, ohne daß vorher darüber gesprochen worden wäre, meinte er zu den Männern: »In Fort Norman fühlte ich mich völlig nackt. Bei diesen Riesen von Kerlen und ihren Bärten so dick wie Büsche. Sie sagten, sie hätten sich seit dem 15. Oktober nicht mehr rasiert, aus Tradition, wie sie versicherten.« Er schaute sich in der Runde um und zeigte auf Trevor Blythe, dessen Bart kurz gehalten und von so ausgebleichter, strohfarbener Tönung war, daß er tatsächlich kümmerlich aussah: »Sag mal, Trevor, willst du dir nicht mein Rasiermesser borgen und dir das alberne Ding abschneiden?« Aber der Jüngere wehrte den Vorschlag mit dem verlegenen Eingeständnis ab: »Ich verabscheue es, mich selbst zu rasieren. Zu Hause lasse ich nur Forbes ran. Ich wünschte, er wäre jetzt hier.«
    In gewisser Hinsicht war es Blythe, der sich am besten der Wintereinsamkeit anzupassen verstand, denn er war eingestimmt auf die Veränderungen der Natur und fand Gefallen an dem, was er erlebte. »Habt ihr jemals himmlischere Pastelltöne gesehen als die da draußen? Ich fürchtete schon, die Nacht würde ewig dauern, aber diese Mittagsstunden sind traumhaft. Gerade genug Licht, um die Welt in Schönheit zu tauchen.«
    Er zog die Bewunderung aller auf sich, als ihm etwas Erstaunliches gelang. Die Männer waren überrascht, selbst hier, in den entlegensten und kältesten Regionen der Arktis, Raben vorzufinden, riesige schwarze Geschöpfe, die häßliche Schreie ausstießen. »Wovon ernähren sie sich?« wunderte sich Blythe. »Wo kriegen die in dieser ausgestorbenen Ödnis bloß ihr Fressen her?« Nach einiger Zeit gingen die Raben an die Tischabfälle, die er ihnen hinstellte, und schon bald hüpfte einer der Wagemutigeren vor seine Füße und pickte die Krümel vom Schnee auf. Für die anderen Männer sahen die Raben alle gleich aus, aber Trevor entdeckte auf dem einen ein bestimmtes Erkennungsmal, und immer wenn der Vogel auftauchte, lockte Trevor ihn dichter und dichter zu sich heran. Othello nannte er ihn, und als würde der Rabe seinen Namen tatsächlich verstehen, reagierte er auf den Zuruf.
    Eines Morgens, während Trevor draußen Othello fütterte, vernahmen die Männer einen unterdrückten Schrei. »Sieh einer an. Kommt her, aber seid leise.« Als sie langsam die Tür öffneten, sahen sie den Raben auf Trevors linkem Arm thronen und Krümel picken, die ihm der junge Mann mit der rechten Hand hinhielt.
    »Erstaunlich!« rief Luton, worauf der Vogel mit einem leichten Schwung seiner schwarzen Flügel davonflog, aber an den folgenden Tagen kehrte er zurück und wurde immer dreister, bis er sich zum Schluß Blythes linke Schulter als einen sicheren Rastplatz erkor. Als die anderen dieses außergewöhnliche Spektakel betrachteten, ein junger Mann, in arktische Kleidung gehüllt, der flachsblonde Haarschopf dem Wetter ausgesetzt, ein Rabe auf seiner Schulter, das Ganze vor einer Kulisse aus blendendweißem Schnee, versuchten auch sie, den Vogel zu locken,

Weitere Kostenlose Bücher