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Klondike

Titel: Klondike Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James A. Michener
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ihrer wohlerwogenen Ratschläge und die Vorstellung einer Route, die dem, was sie für richtig hielten, vollständig widersprach, rief erst einmal Schweigen hervor, aber dann studierte einer der Kanadier die Karte genauer und sagte trocken: »Soweit ich erkennen kann, würden Sie auf einen der höchsten Pässe in den Rockies zufahren.« Ein anderer, ebenfalls erfahrener Reisender warnte: »Das wäre reichlich verwegen, Sir.« Sogar George Michael pflichtete dem bei: »Duke, ich bin einmal auf dem Peel gefahren, wobei mir die Strömung noch zu Hilfe kam. Sie ist sehr schnell. Zu beiden Seiten des Flusses sind Berge. Sie stehen dicht am Wasser, sehr dicht. Sich seinen Weg zu bahnen gegen die Strömung - da gibt es enge Stellen, die werden Ihnen große Probleme bereiten.«
    Es war augenfällig: Ihre Argumente gegen einen Verbleib auf dem Peel hatten ihn nicht umgestimmt, und es war ebenfalls klar, daß er, Mitglied des Adels und Leiter der Expedition, kein Verlangen spürte, die Diskussion weiter fortzuführen. Die Männer von Fort Norman erkannten, daß er fest entschlossen war, und wußten, daß äußerste Mühsal und vielleicht eine Tragödie die Folge sein würden, aber das sollte sein Problem sein, nicht ihres.
    Als Luton jedoch fort war und an seinen Aufzeichnungen arbeitete, fragte einer der drei Frankokanadier: »Was macht Engländer bloß so dickköpfig ... blind gegenüber Tatsachen?« Und der Älteste unter ihnen, der sich in verschiedenen Gegenden Kanadas oft mit Engländern eingelassen hatte, meinte: »Vielleicht macht sie gerade das zu Engländern. Sie sind dazu geboren, die Dinge auf ihre Weise zu tun«, worauf die anderen widerwillig einräumten: »Vielleicht hat er recht. Wir wissen, wir schaffen die Rat-Bell-Route. Aber vielleicht findet er ja einen besseren Weg, wenn er mit dem Peel anfängt.« Der Erfahrene dagegen warnte: »Man soll in einem Spiel nie gegen einen Engländer wetten.«
    Und der dritte sagte: »Aber das hier ist kein Spiel.« Doch der Älteste entgegnete: »Für sie schon. Warum sollte er sonst wohl im kältesten Winter den Mackenzie heruntermarschieren? Um zu beweisen, daß er dazu in der Lage ist. Er wird auch den Peel aufwärts fahren, nur um zu beweisen, daß wir nicht recht hatten«, worauf alle drei in Gelächter ausbrachen.
    Abgesehen von den Meinungsunterschieden, was die Routen anging, brachte der sechstägige Besuch eine von allen geschätzte Abwechslung, und die Kanadier bedauerten es, als Luton ankündigte: »Morgen muß ich wieder zurück und meine Mannschaft auf die Schneeschmelze vorbereiten.«
    Sie erkundigten sich, ob er irgendeine Vorstellung davon hatte, was mit einem zugefrorenen Fluß passierte, wenn das Eis aufbrach, und er antwortete: »Ich habe gehört, es könne recht beängstigend zugehen.«
    »Schier unglaublich«, bestätigten sie, »und auf diesem Fluß ist es am schlimmsten.« Sie führten ihn auf die vordere Veranda oberhalb der Anhöhe und erklärten ihm eine Besonderheit des Mackenzie. »Er fließt von den Bergen im Süden bis in tiefliegendes Flachland im Norden. Wenn im März die Sonne wieder hervorkommt, schmilzt zuerst das Eis am Oberlauf und bringt das Wasser in Bewegung. Dann schmelzen die Hochplateaus und setzen ganze Seen frei, und mit jedem wärmeren Tag wird mehr und mehr Wasser weiter südlich entbunden, während unser Flußabschnitt hier fest zugefroren bleibt. Und was passiert?« fragten die Männer, zu sehen, ob Luton begriffen hatte.
    »Ist doch klar, das Wasser flutet unter die Eisdecke und verdrängt sie.«
    »Verdrängen ist nicht das passende Wort. Es bringt das Eis von unten zum Explodieren. Wirbelt es umher wie Blätter in einem Sturm. Brocken, größer, als Sie sich in Ihrer Phantasie ausmalen können, werden heraufgeschleudert, als wiegten sie soviel wie ein Büschel Strohhalme. Glauben Sie mir, Sir, halten Sie sich bloß fern, wenn der Mackenzie seine Fesseln sprengt. Aber gleichzeitig ist es auch ein Anblick, den man nicht versäumen sollte.«
    Am nächsten Morgen, als er sich anschickte, den Fünfzig-Meilen-Marsch zurück zum Gravel anzutreten, war er überrascht, die Männer der Niederlassung einig in dem Beharren darauf zu finden, daß George Michael ihn begleitete. »Ein Gebot des gesunden Menschenverstandes. Als Kopf der Expedition dürfen Sie keinen Unfall riskieren.«
    »Ich habe hierhergefunden. Ich bin sicher, ich kann ...« Sie lehnten es ab, ihren Entschluß auch nur zu diskutieren. »Und wie kommt er zurück?«

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