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Klondike

Titel: Klondike Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James A. Michener
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für eine Geschichte wird sie uns diesmal servieren?«
    Bevor Luton etwas sagen konnte, hatte Fogarty sie entdeckt und lief mit einem geradezu ungehörig gellenden Schrei auf sie los, umschlang ihre schlanke Taille, schleuderte sie in der Luft herum und gab ihr einen schmatzenden Kuß, bevor er sie wieder auf die Beine stellte. »Wie kommst du denn hierher, Madam Norddakota?«
    Fogarty kaum beachtend, strich sie ihr Kostüm glatt, das er zerknittert hatte, und wandte sich dem Mann zu, den sie unbedingt hatte wiedersehen wollen. »Wie ich Ihnen schon auf dem
    Boot gesagt habe, Lord Luton, ich war fest entschlossen, die Goldfelder zu erreichen, und wie Sie sehen, habe ich das auch.« Sie betonte das mit gerade soviel berechnendem Nachdruck, wie ihr nötig schien, um ihre Absicht deutlich zu machen, und als das gelungen war, wurde ihr Tonfall sofort weicher: »Ich habe niemals vergessen, daß Sie mich vor dem sicheren Tod errettet haben . daß Sie aus rein christlicher Nächstenliebe für meinen Fahrpreis zurück nach Edmonton aufgekommen sind . und daß Sie mir erst ermöglicht haben, die Dinge zu tun, die ich tun wollte.«
    Sie sprach mit so einnehmendem Akzent, mit so Wohlgefallen erregendem Lächeln, daß Luton fast genötigt war zu denken: »Jetzt, wo sie keinen jungen Bradcombe mehr auf Abwege bringen kann, wirkt sie nicht mehr ganz so wie von der üblen Sorte Mensch.« Und ihm schauderte bei dem Gedanken, daß er einst erwogen hatte, sie in dunkler Nacht vom Boot zu stoßen. In dem Versuch, seinen Fehler wiedergutzumachen, fragte er aus ungeheucheltem Interesse: »Wie sind Sie hierhergekommen?« Und sie schien glücklich über diese Aufforderung, denn sie brannte darauf, ihm die Fortsetzung ihrer dramatischen, aber zum Scheitern verurteilten Begegnung zu schildern.
    »Das große Schiff, auf das Sie mich gesetzt haben - und ich möchte Ihnen noch einmal danken, daß Sie die Passage bezahlt haben -, fuhr mit Volldampf den Fluß aufwärts, als sich hinter uns schon die Eisdecke bildete. Ich kam, ich glaube, es war Oktober, in Edmonton an, und wie Sie mir schon geraten hatten, meinten alle, ich sollte zurück nach Norddakota. Aber davon wollte ich nichts wissen. Ich suchte mir Arbeit als Kellnerin. Letzten Herbst konnte jeder in Edmonton Arbeit finden.«
    »Und welches Wunder hat Sie hierher verschlagen?« fragte Luton, und sie antwortete etwas geziert: »Es gab da einen kräftigen Australier, der schon in seiner Heimat nach Gold gegraben hatte und jetzt erpicht darauf war, sein Glück am Klondike zu versuchen. Aber wie alle vernünftigen Leute stürzte er nicht gleich ungeduldig Richtung Norden los, wie Ihre Mannschaft und meine Leute auch. Er blieb den Winter über in Edmonton, verbrachte ihn im Warmen, in einer kleinen Pension. Zur Essenszeit kam er immer in unser Restaurant, und eh’ wir uns versahen, waren wir verheiratet. Es ist der Mann, der da drüben steht. Er scherzt immer rum, er sei der einzige Mensch in Alaska ohne Nacken, aber wenn’s drauf ankommt, kann er hitzig werden.« Dann verlieh sie ihrem Bericht noch jenen außergewöhnlichen Hauch, der sie vor anderen auszeichnete: amüsant, aufschlußreich und mit einer Spur Selbstverachtung gewürzt: »Als Unverheiratete in Edmonton, vor allem als Witwe ohne Kinder, als Frau, die in einem für alle zugänglichen Restaurant arbeitet - also, ich glaube, ich erhielt sechs Heiratsanträge die Woche, und Verner hatte drei schwere Schlägereien zu überstehen, bevor die Rivalen abzogen. Ein Paradies, Lord Luton, und es scheint alles schon so lange her.«
    Ihre eigenen Angelegenheiten beiseite schiebend und dankbar für die häusliche Glückseligkeit, die sie erlangt hatte, fragte sie: »Wo sind Ihre anderen drei Begleiter? Der reizende junge Bursche, der sich so aufmerksam um mich sorgte? Wie war doch gleich sein Name? Philip?«
    Luton war nicht imstande, darauf zu antworten, und so sagte Fogarty: »Ertrunken. Die Stiefel, von denen du ihm noch abgeraten hast. Die haben ihn nach unten gezogen.«
    Sie stieß einen kurzen schmerzerstickten Schrei aus, bedeckte ihr Gesicht mit den Händen und brach bald darauf in Schluchzen aus. »Ich habe ihm gesagt, er sei zu jung für so ein Abenteuer.« Dann gewann sie ihre Selbstbeherrschung zurück und fragte: »Und Carpenter, der freundliche?«
    »Gestorben. Skorbut, im zweiten Winter.«
    »Ihr habt zwei Winter in der Kälte verbracht? Was ist aus dem geworden, der immer Gedichte vorgelesen hat?«
    »Tot.«
    »O mein Gott!

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