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Kloster Northanger

Kloster Northanger

Titel: Kloster Northanger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jane Austen
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eine eindrucksvolle Bestätigung. Sie sehen, Miss Morland, wie ungerecht Ihr Verdacht ist. Da habe ich in meiner Ungeduld weitergelesen, mich sogar geweigert, auch nur fünf Minuten auf meine Schwester zu warten, habe das Versprechen gebrochen, es ihr vorzulesen, und habe sie an der interessantesten Stelle auf die Folter gespannt, indem ich mich mit dem Band auf und davon machte, der, wie Sie bitte beachten wollen, sogar ihr gehörte, ihr ganz allein. Ich bin noch heute stolz darauf und hoffe, mir damit bei Ihnen einen guten Ruf erworben zu haben.«
    »Das freut mich aber wirklich, und jetzt werde ich mich selbst nie mehr schämen, dass mir
Udolpho
auch gefällt. Aber ich dachte wirklich immer, junge Männer fühlten sich über Romane ungeheuer erhaben.«
    »Das ist ungeheuer. Und eine Ungeheuerlichkeit wäre, wenn sie es täten, denn sie lesen beinahe genauso viel Romane wie Frauen. Ich selbst habe Hunderte und aber Hunderte gelesen. Glauben Sie bitte nicht, dass Sie es in der Kenntnis all der Julias und Louisas mit mir aufnehmen können. Wenn wir uns auf Einzelheiten einlassen und mit dem nie endenden Fragespiel anfangen ›Haben Sie dies gelesen?‹ und ›Haben Sie das gelesen?‹, lasse ich Sie bald so weit hinter mir zurück – wie soll ich sagen? – ich suche einen angemessenen Vergleich – so weit zurück wie Ihre Freundin Emily den armen Valancourt, als sie mit ihrer Tante nach Italien fuhr. 24 Bedenken Sie nur, wie viele Jahre Vorsprung ich vor Ihnen habe. Ich fing an, in Oxford zu studieren, als Sie ein artiges kleines Mädchen waren, das zu Hause in seiner Fibel las.«
    »Nicht sehr artig, fürchte ich. Aber im Ernst, finden Sie nicht, dass
Udolpho
das schönste Buch der Welt ist?«
    »Das schönste – womit Sie vermutlich meinen, das hübscheste. 25 Das hängt ausschließlich vom Einband ab.«
    »Henry«, sagte Miss Tilney, »du bist sehr unverschämt. Miss Morland, er behandelt Sie genau wie seine Schwester. Er hat immer irgendetwas an mir auszusetzen wegen irgendeiner sprachlichen Nachlässigkeit, und jetzt nimmt er sich bei Ihnen dieselben Freiheiten heraus. Das Wort ›schön‹, wie Sie es benutzt haben, hat ihm nicht gefallen, und Sie täten gut daran, es sobald wie möglich auszutauschen, sonst liegt er uns den Rest des Weges mit Johnson und Blair 26 in den Ohren.«
    »Ich wollte bestimmt nichts Falsches sagen«, rief Catherine, »aber es ist ein sehr schönes Buch, und warum sollte ich es dann nicht so nennen?«
    »Ganz recht«, sagte Henry, »und dies ist ein sehr schöner Tag, und wir machen einen sehr schönen Spaziergang, und ihr seid zwei sehr schöne junge Damen. Oh! Es ist wirklich ein sehr schönes Wort. Es passt für alles. Ursprünglich bezeichnete es wahrscheinlich nur das, was hübsch, geziemend, zart, kultiviert ist. Auf Schönheit legte man Wert in seiner Kleidung, inneren Einstellung, seinen Vorlieben. Aber heutzutage wird alles Lobenswerte an jeder Sache in dieses eine Wort gepresst.«
    »Während es eigentlich doch nur auf dich angewendet werden sollte«, rief seine Schwester, »und das ohne jeden Anlass zum Lob. Du bist schön kleinlich, nur nicht klug. Kommen Sie, Miss Morland, wir wollen es ihm überlassen, in höchst geziemender Wortwahl über unsere Fehler nachzudenken, während wir
Udolpho
in Ausdrücken loben, die uns gefallen. Es ist ein sehr interessantes Buch. Lesen Sie gern solche Romane?«
    »Ehrlich gesagt, ich lese kaum etwas anderes.«
    »Wirklich!«
    »Das heißt, ich lese auch Gedichte und Theaterstücke und solche Sachen, und Reisebeschreibungen gefallen mir auch ganz gut. Aber Geschichte, richtig ernsthafte Geschichte, dafür kann ich mich nicht interessieren, und Sie?«
    »Ja, mir gefällt Geschichte.«
    »Ich wollte, mir auch. Ich lese manchmal ein bisschen aus Pflichtgefühl, aber ich finde darin nichts, was mich nicht ärgert oder ermüdet. Auseinandersetzungen zwischen Päpsten und Königen, Kriege und Seuchen auf jeder Seite. Die Männer taugen alle nichts, und Frauen kommen meist gar nicht vor. Es ist richtig öde, und doch wundere ich mich manchmal, dass es so langweilig ist, denn ein großer Teil davon ist doch bestimmt reine Erfindung. Die Reden, die den Helden in den Mund gelegt werden, ihre Gedanken und Pläne, das meiste ist doch bestimmt Erfindung, und wenn ich auf Erfindungen aus bin, dann lese ich andere Bücher.«
    »Sie wollen damit also sagen«, sagte Miss Tilney, »dass Historiker mit den Aufschwüngen ihrer Phantasie kein Glück haben.

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