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Klostergeist

Titel: Klostergeist Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Silke Porath
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Nächstes vorhatte, würde sie besser und schneller ohne Thorben Fischer im Schlepptau erledigen. Auch wenn es sie irgendwie wurmte, dass ihr Assistent diese Fernsehtante so angeschmachtet hatte.
     
    Hier ist Radio Donauwelle, euer Sender aus Tuttlingen, immer Neues für den ganzen Landkreis. Wir sind gleich mit Steven verbunden, der aktuell von der Pressekonferenz aus Spaichingen berichtet.
    Zuvor aber eine gute Nachricht: Sissi ist wieder zu Hause. Unsere Hörerin Frau Welke hat sich im Studio gemeldet – die Pudeldame hatte einen Ausflug in die Fußgängerzone gemacht. Am Rathausbrunnen wurde sie von einem freundlichen Passanten entdeckt.
    Und jetzt schalte ich live zu Steven in Spaichingen. Hallo, Steven, kannst du mich hören?
     
    Verena Hälble öffnete schwungvoll die Tür zum Büro im ersten Stock des Polizeireviers. Mit der rechten Hand warf sie die Pressemappe auf ihren Tisch, mit der linken angelte sie ihre Daunenjacke vom Garderobenständer, der offensichtlich noch aus den Zeiten des Wirtschaftswunders stammte, wie auch der braune Schreibtisch, an dem ihr Blick haften blieb. Statt in die Jacke zu schlüpfen, hastete die junge Frau zum Schreibtisch. Neben der schief gelandeten Mappe lag ein knallroter Umschlag.
    ›Kommissarin Hälble – persönlich – vertraulich – nur selbst zu öffnen!‹, stand dort in beinahe kindlicher Schreibschrift, zweimal unterstrichen und mit einem großen Kringel um alle Buchstaben. Verena zog ein paar Einmalhandschuhe aus der Box in der obersten Schublade, langte nach dem Umschlag, ließ sich in den Bürostuhl – dem Muster des abgeschossenen Bezuges nach zu urteilen ein Modell aus den späten 1980er-Jahren – und drehte den Brief hin und her. Sie schnupperte daran – leicht modrig –, hielt ihn gegen das Fenster – nicht durchscheinend.
    Vorsichtig fuhr sie mit dem Brieföffner unter die Klappe. Mit einem leisen Ratschen gab das Papier nach. Verena öffnete den Umschlag und zog ein Stück Papier heraus.
    »Ein Kontoauszug!«, rief die Kommissarin. Neugierig beugte sie sich über das zerknitterte und zerknautschte Stück Papier. Kontoinhaber Manfred Engel, Verwendungszweck bekannt, Überweisungssumme 57.000 Euro. Verena pfiff durch die Zähne.
    »Wow! Das sollte mir mal einer überweisen«, bemerkte sie. Dann ging sie zum Kopierer, zog ein Duplikat von Umschlag und Kontoauszug, legte die beiden Originale in eine Schutzhülle und streifte die Handschuhe ab. Die Kopien stopfte Verena in die Innentasche ihrer Daunenjacke, die Originale nahm sie mit.
    Unten an der Pforte saß Wachtmeister Weckerle und kaute auf einem Bleistift.
    »Sieben, vier, drei …«, murmelte er.
    »Na, klappt das Sudoku?«
    Weckerle zuckte zusammen, als er Verena sah.
    »Ich … also … wenn keiner anruft … die Journalisten sind ja alle weg …«, stammelte der Rater.
    »Schon gut, ist doch kein Problem, Weckerle«, beruhigte ihn Verena und klopfte dem Mann jovial auf die Schulter. »Ich bewundere jeden, der ein Sudoku lösen kann, für mich ist das nichts.«
    Dankbar lächelte Weckerle sie an.
    »Ach, schicken Sie das bitte zur SpuSi ins Labor«, bat Verena und reichte dem Wachtmeister die Schutzhülle mit Brief und Kontoauszug. »Die sollen mal schauen, ob da irgendwas Brauchbares zu finden ist, ein Fingerabdruck, irgendwas.«
    »Sofort, Frau Hälble, auf der Stelle«, antwortete Weckerle und sprang auf. »Die Sachen sind so gut wie schon dort.«
    »Danke. Ich bin dann mal außer Haus. Wenn was ist, ich bin über mein Handy zu erreichen«, lachte Verena und zog schwungvoll den Reißverschluss der Daunenjacke zu.
    »Jawohl, Frau Hälble, jawohl«, rief Weckerle. Verena hätte sich nicht gewundert, wenn der Wachtmeister salutiert und die Hacken zusammengeknallt hätte. Grinsend verließ sie das Revier und wandte sich nach links. Der Hauptstraße folgend stemmte sie sich gegen den Nieselregen, passierte das alte Rathaus, in dem mittlerweile Ärzte und eine Apotheke logierten, holte sich beim Bäcker die bei sich selbst gewonnene Schokobanane – vielleicht doch besser als ein Pokniff bei Thorben –, die sie unterwegs verzehrte, überquerte den Marktplatz und wunderte sich zum wiederholten Male über den haushohen schiefen Stuhl, den der Rottweiler Künstler Jürgen Knubben aus Metall geschweißt und mitten auf dem Platz installiert hatte. Sie erklomm die Betontreppe, die zum Haupteingang des Rathauses führte.
    Im Vorraum, auf einem der vier schwarzen Ledercouches, hockten ein

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