Klotz Und Der Unbegabte Moerder
vernahm das Klackern von Leonie Zangenbergs Absätzen, schloss die Augen, gähnte geräuschlos und freute sich auf die bevorstehende Prozedur. Er spürte ihren warmen Atem in seinem Gesicht, dann den Strahl, der sich aus dem Duschkopf auf seine Haare ergoss.
»Ist es gut so? Passt es von der Temperatur her?«
Leonies freie Hand fuhr sanft durch die feucht gewordene Stelle an seinem Haar.
»Perfekt, Leonie, perfekt!«
Als er seine Augen wieder öffnete, musste er an frisches, saftiges Obst denken. Beinahe hätte er einen unpassenden Spruch gebracht, so etwas wie: »Auch mal schön, die Auslage von unten anzugucken.«
Dann erinnerte er sich an die Aldi-Kassiererin von gestern und daran, dass er in den letzten Tagen viel zu oft schon sein Talent unter Beweis gestellt hatte, zur falschen Zeit am falschen Ort das Falsche zu sagen, und er beschloss zu schweigen.
Leonies Oberkörper bewegte sich im Takt, während sie ihm die Haare wusch. Wieder wanderte sein Blick zu der Neonröhre, deren eines Ende nun verdeckt war. Wahlweise befand sich das Ende der Leuchtstoffröhre am Mund der Sekretärin oder an dem Punkt, wo ein purpurfarbenes Bustier durch die Schleife eines schwarzen, seidenen Bandes zusammengehalten wurde. Klotz schloss die Augen und lächelte.
»Da haben Sie sich aber eine schöne Krawatte herausgesucht, Herr Hauptkommissar.«
Der Klang ihrer Stimme schien verändert. Irgendwie hauchiger, beinahe lasziv. Das musste wohl an der körperlichen Arbeit liegen. Haare waschen, das war schon anstrengend, ja.
»Blau ist meine Lieblingsfarbe«, erklärte er.
»Blau ist schön, ja. Aber vor allem gefällt mir das Motiv, dieses Zeichen da.«
»Die Bourbonenlilie?«
»Ja.«
Mit kreisenden Bewegungen massierten die Fingerspitzen der Sekretärin das Shampoo in die Spitzen. Klotz genoss das Gefühl und entspannte sich.
»Diese Lilie«, schnurrte Leonie, »hat etwas sehr Männliches an sich.«
Klotz blinzelte. Er nahm die zwei wogenden Bogen wahr, die in dem Bustier steckten. Als er bemerkte, dass da in seiner Hose gewaltig etwas im Gange war, stellte er sich schnell das Gesicht von Angela Merkel vor. Gerettet!
»Willst du mich verarschen, Albert? Was ist denn das ?«
Klotz fuhr sich über seine neue Fönfrisur, denn er hatte den Eindruck, dass da vor Aufregung gerade etwas verrutscht war.
»Dein neuer Dienstwagen.«
Der Mitarbeiter der Instandsetzung lächelte so breit, dass seine schlechten Zähne sichtbar wurden. Klotz nippte an dem Kaffeeautomatenbecher und schwieg.
»Ein Camaro Baujahr ‘79, rost- und unfallfrei. Was will man mehr?«
»Steht da auf meiner Stirn etwa ›Freddy Schenk‹ geschrieben, oder was? Ich glaub’s nicht!«
Albert sah demonstrativ auf den Bauch des Hauptkommissars, der durch das hellbeige Sakko nicht gerade schlank wirkte.
»Wie passt denn das zusammen? Ich soll undercover als Lehrer ermitteln und nicht als Zuhälter oder Tunte! Mein Gott, wenn ich diese Farbe sehe! Hättet ihr den nicht wenigstens umspritzen können?«
»Wieso? Gefällt dir die Farbe nicht?«
»Das ist Rosa, Mann! Rosa!«
Klotz war kurz davor, sich die Haare zu raufen, konnte im letzten Moment aber noch an sich halten. Eine so füllige Haarpracht hatte er das letzte Mal vielleicht mit Anfang zwanzig gehabt.
»Das ist nicht Rosa.«
»Was denn dann? Bin ich etwa seit heute Morgen plötzlich farbenblind, oder was?«
»Pink. Das ist Pink.«
Klotz nahm einen letzten Schluck Kaffee. Schleuderte wutentbrannt den leeren Plastikbecher gegen den Kühlergrill.
»Sogar ein ganz außergewöhnliches Pink«, führte Albert genauer aus, »man nennt es auch cool down pink .«
»Wie bitte?«, brüllte Klotz aufgebracht. »Das ist doch jetzt alles nicht wahr!«
» Cool down pink . Mit dieser Farbe streichen sie in der Schweiz die Gefängniszellen. Macht aus Knackis mit besonders hohem Gewaltpotenzial die reinsten Lämmer. Diese Farbe knallt echt rein.«
»Ich werde diesen Wagen nicht fahren. Auf keinen Fall!«
Der Mechaniker ließ Klotz einige Sekunden auf die Motorhaube des Camaros starren. Dann hob er den Becher auf, der bis zur Metallkappe seines Sicherheitsschuhs gerollt war.
»Soll ich dir noch einen Kaffee holen?«
»Ja, bitte.«
In die gereizte Stimme des Hauptkommissars hatte sich ein weicher Unterton geschlichen.
»Milch? Zucker?«
»Normalerweise trink ich ihn immer schwarz.«
»Also schwarz.«
»Nein. Heute ausnahmsweise mit Milch und Zucker, bitte.«
Klotz war in die Hocke gegangen. Mit beiden
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