Knast oder Kühlfach: Roman (German Edition)
checken. Aber bevor ich den Gedanken in die Tat umsetzen konnte, überraschte mich Martin mit einer Einladung.
»Ich fahre zu Gregor. Kommst du mit?«
Wer könnte dazu schon Nein sagen?
Gregor sah so richtig scheiße aus. Um Jahre gealtert, grau, faltig und schlaff. Dass ihn fünf Tage im Knast so runterziehen würden, hätte ich nicht erwartet. Ein bisschenmehr Durchhaltevermögen sollte ein guter, deutscher Bulle schon haben.
»Danke, dass du gekommen bist«, sagte Gregor.
»Gern geschehen. Ich bin dein Freund. Ich stehe zu dir«, sagte Martin.
Das kann er. So sentimentalseliges Zeug sabbeln, darin ist er groß.
»Stein war hier und hat mich noch einmal verhört. Er verdächtigt jetzt Katrin«, murmelte Gregor. »Weißt du etwas davon?«
Martin schüttelte den Kopf.
»Ich weiß was!«, brüllte ich dazwischen, aber Martin winkte ab.
»Wie kommen die auf diesen Scheiß?«, fragte Gregor.
»Es ist sicher nur ein Missverständnis«, säuselte Martin.
»Die Indizien, die am Tatort platziert wurden …«, begann ich, aber Martin wollte das Thema offenbar ums Verrecken nicht vertiefen.
Gregor raufte sich die Haare, dann streckte er den Rücken durch und blickte Martin ins Gesicht. Seine Augen waren zwar gerötet, aber jetzt hatte er wieder diesen Killerblick drauf.
»Martin, sag mir die Wahrheit: Wie kommen die auf Katrin? Hat sie sich in die Ermittlungen eingemischt?«
»Nicht, dass ich wüsste.«
Jetzt hielt ich freiwillig die Quatschklappe. Ich wollte sicher nicht derjenige sein, der Gregor berichtete, dass seine Liebste seine Jacke zu Kommissar Stein geschleppt hat, damit er die Schuppen und die Fasern ordentlich mit den Spuren an der Leiche vergleichen konnte.
»Katrin darf sich nicht einmischen. Sag ihr …« Gregor schluckte. »Sag ihr, dass sie mich vergessen soll.«
Martins Kopfschütteln sah ähnlich unkoordiniert auswie das von Lukas, dem Lokomotivführer aus der Augsburger Puppenkiste.
»Das ist keine Bitte, es ist eine Anweisung«, sagte Gregor ernst. »Unter Freunden. Haltet euch da raus!«
»Schwachsinn«, brüllte ich. Das fehlte mir noch, dass Gregor Martins ohnehin kaum vorhandene Bereitschaft zur Mithilfe durch geheimnisvolle Andeutungen total abwürgte. Wie, zum heiligen Turbolader, sollte ich denn ganz allein die Wahrheit herausfinden? Ich brauchte Martin!
»Warum?«, fragte Martin.
Gregor fuhr sich mit den Händen durchs Gesicht, dann seufzte er. »Erinnerst du dich, dass ich einen Anruf bekam am Sonntag, gerade bevor die Kollegen mich einkassiert haben?«
Martins Kopf wackelte wieder auf diese seltsame Marionettenart. Was immer das auch bedeuten sollte, ich erinnerte mich an den Anruf.
»Jemand sagte: Halt die Klappe, sonst ist Katrin die Nächste.«
Martin wurde bleich.
»Diese Warnung gilt für dich genauso.«
»Nein!«, brüllte ich. »Wir können Gregor nicht hängen lassen.«
»Aber wenn jemand Beweise manipuliert, könnte es passieren, dass du wirklich …« Martin versagte die Stimme.
Gregor nickte. Er hatte Tränen in den Augen. »Lieber gehe ich in den Knast, als dass Katrin etwas zustößt.«
Martin schwieg eine gefühlte Ewigkeit, dann schüttelte er den Kopf. »Wir können nicht tatenlos zusehen …«
Gregor wurde wütend. »Ich will nicht, dass euch etwas passiert!«
Martin winkte ab. »Du hast mich missverstanden.« Er warf einen Seitenblick auf den Beamten, der in der Nähe der Tür stand, und lehnte sich dann so weit wie möglichüber den Tisch. »Du erinnerst dich doch noch an den Fall von dem Autoknacker?«, flüsterte er.
Der meinte mich!
»Ja.«
»Er ist, äh …«
Gregors Augen wurden groß. »Ist der etwa immer noch da?«
»Ja!«, brüllte ich. »Natürlich bin ich noch da. Hallo Gregor!«
Martin stöhnte. Oh, da war ich wohl in meiner Begeisterung etwas zu laut geworden.
»Er kann dir helfen.«
Immer wieder schön, wenn andere Leute über einen verfügen, das hatte ich schon zu Lebzeiten gehasst. Aber für meinen Lieblingsbullen war ich bereit, eine Ausnahme zu machen. Sollte Martin ruhig meinen Zuhälter spielen, so lange der Freier Gregor hieß und der Auftrag seine Rettung war. Allerdings war das ohne Martin praktisch nicht zu machen.
»Wir machen eine Uhrzeit aus, zu der er zu dir kommt. Dann kannst du mit ihm reden.«
»Hast du Lack gesoffen?«, fragte ich Martin.
»Wie meinst du das?«, fragte Gregor.
»Wenn du einen Verdacht hast, dann sprich ihn aus. Wenn Pascha jemanden observieren soll, dann macht er das. Wenn er etwas
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