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Knautschgesicht und Fiedelfranz

Knautschgesicht und Fiedelfranz

Titel: Knautschgesicht und Fiedelfranz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Ecke
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hing die Schürze in den Schrank zurück und räumte auch die Lebensmittel zur Seite. Trotz des auf ihn zukommenden Auftrags ließ sich seine Laune nur als „halbgut“ bezeichnen.

    Um der Gefahr zu entgehen, von einem der riesigen Schuhe des umherstampfenden Detektivs getroffen zu werden, ging Pinsel unter dem Tisch in Wartestellung. Irgendwie schien sein Herr schlechte Nachrichten erhalten zu haben. Ob er mal kräftig bellte? Vielleicht würde ihn das aufheitern.
    „Wau-wau-wau!!“
    „Ruhe, Pinsel!!“ schnauzte es von oben herab. Und weiter: „Ein Diätler kommt, Pinsel. Ein Zahnstocher, der Pampelmusen auskratzt und Joghurt mit einem zugespitzten Streichholz löffelt... Wenn die Leute mehr laufen würden, brauchten sie nicht zu diäten. Oh, wie das einen alten Freßsack wie mich aufregt. Komm her, Pinsel, ich brauche Trost und Ansprache!“
    „Wau!!“
    Vorsichtig robbte Pinsel ins Freie. Und er frohlockte, als er sah, was Balduin Pfiff in der Hand hielt: das Päckchen mit dem halbscharfen Leberkäse. Eine Delikatesse, die neben zarten Kalbsknorpeln zur Zeit zu seinen Schleckerbissen gehörte.
    Zwei Minuten brauchte er für die hundertfünfzig Gramm.
    Mit so einem guten Geschmack auf der Zunge lag es sich besonders gut auf dem weichen Lager neben dem Ofen.
    Balduin Pfiff dagegen kontrollierte noch einmal sein Äußeres, zündete sich anschließend eine Zigarrre an und begab sich dann ebenfalls in die gute Stube, wo er sich in Erwartung des diätenden Zahnstochers in seine Lieblingssofaecke plumpsen ließ.
    Rrrrrrrrrr — Rrrrrrrrrrr — Rrrrrrrrr!
    Der kleine Detektiv fuhr hoch. „Heiliges Kanonenröhrchen!“ schimpfte er. „Reicht nicht ein Klingeln auch, Frau, Fräulein oder Witwe Luise Bernbach?“
    Er stampfte zur Tür, öffnete und begann mit dem großen Staunen.
    Der Zahnstocher, der keiner war, trug einen breitrandigen Hut und steckte in einem Pelz, der mindestens so teuer war wie ein Mittelklasseauto. Durch den geöffneten Mantel sah der Detektiv eine zweireihige Perlenkette auf einem dunkelblauen Seidenkleid. Ihre Linke, an der etliche Karat Edelsteine blitzten, hielt eine Krokotasche und die Rechte — welcher Kontrast — balancierte eine prallgefüllte Tüte.
    „Eine Millionendame!“ glaubte Balduin, während er selbst von zwei neugierigen Augen durch eine brillantenbesetzte Schildpattbrille gigantischen Ausmaßes gemustert wurde.
    „Wollen Sie warten, bis ich hier draußen versteinert bin?“ fragte die Besucherin, deren Umfang Balduin Pfiff die Sprache geraubt hatte. Jetzt kehrte Leben in seine eigene Rundlichkeit zurück. Er produzierte eine tiefe Verbeugung, und mit der Grandezza eines spanischen Granden sagte er: „Bitte, treten Sie ein. Mein Haus sei Ihr Haus!“
    „Sie muß so groß sein wie ich, aber mindestens zwanzig Pfund schwerer!“ schätzte der Detektiv im stillen, als die Dame ihn passierte. Und er erschrak, als sie ihm just in diesem Augenblick die Tüte gegen die Brust knallte.
    „Hier, Herr Meisterdetektiv, das sollte Ihre Laune ein bißchen heben!“
    „Was... was ist das?“ stotterte Balduin verblüfft.
    „Ein Kilo Rosinen! Die waren, wenn ich Sie am Telefon richtig verstanden habe, Ihr augenblicklich größtes Problem. Ich habe sie unterwegs eingekauft!“
    Balduin Pfiff war gerührt. „Sie haben damit meine Quarkkeulchen gerettet. Was bin ich Ihnen schuldig?“
    „Wir verrechnen es mit dem Honorar!“ Sie winkte ab. Balduin stieß die Tür zu seiner guten Stube auf.
    „Bitte!“
    Die Dielenbretter ächzten schmerzerfüllt, als sich plötzlich reichlich vier freundliche Zentner darüber hinwegbewegten.
    Die Dame im Pelz blieb abrupt stehen und begann sich mit der Hand vor der Nase herumzuwedeln.
    „Pfui“, sagte sie, als habe ihr jemand einen breitgelaufenen Limburger Käse neben die Schwarzwälder Torte gelegt. „Was rauchen Sie nur für ein schreckliches Kraut?“
    „Aber hören Sie, gnä’ Frau“, sagte Balduin Pfiff ärgerlich, „das ist eine Fehlfarbe für einszwanzig das Stück!“ Dabei dachte er: „So ein aufgeplustertes Dickerchen meckert an meinen Zigarren rum!“ Dann fielen ihm jedoch die Rosinen ein, und er beschloß, das „aufgeplustert“ zu streichen und es bei dem „Dickerchen“ zu belassen.
    „Ich darf doch!“ sagte das Dickerchen, schlüpfte aus ihrem Pelz und sank, noch bevor sie der kleine Detektiv dazu auffordern konnte, auf das Sofa. Nicht auf einen Stuhl, nicht in einen Sessel, nein, auf das Sofa. Der teure Pelz lag, zu

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