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Knecht – Die Schattenherren II

Knecht – Die Schattenherren II

Titel: Knecht – Die Schattenherren II Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Corvus
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Matrosen, die stumm ihrer Arbeit an Segeln und Takelage nachgingen, aber jetzt wurden die Wellen höher. Der Bug der Mordkrake stieg an, bis voraus kein Wasser mehr zu sehen war, nur weißer Nebel und darüber blauer Himmel, beides durch den rauchigen Schleier des magischen Schilds. Dann kippte er unvermittelt ab, was dazu führte, dass das Heck, auf dem Bren stand, dem entlasteten Ende einer Wippe gleich die Gegenbewegung ausführte und nach oben schwang. Für kurze Zeit lösten sich Brens Füße vom Boden, als der Rumpf auf die Wellen schlug. Wie Fontänen spritzte das Wasser zu beiden Seiten in die Höhe.
    Kiretta schrie: »Na komm schon! Mehr kannst du nicht?«
    Der Bug hob sich wieder, die Mordkrake fand in ein schlingerndes Gleichgewicht. Eine Böe traf sie an Steuerbord wie ein Faustschlag. Die Planken ächzten, als sich das Schiff auf die Seite legte. Nur knapp blieb Bren auf den Beinen.
    Es dauerte nicht lange. Die Mordkrake pendelte zurück.
    Lachend riss Kiretta am Steuerrad, richtete den Bug neuauf den Seelennebel aus. Eine Welle stand vor ihnen wie eine Wand. »Ja!«, rief Kiretta. »Zeig ihnen, wie du klettern kannst, meine Süße!«
    Für einen Moment hatte Bren den Eindruck, das Schiff stieße waagerecht in das stehende Wasser wie das Geschoss einer Ballista in eine Wand aus Stroh. Dann bewegte es sich knarrend in die Höhe. Der Aufstieg war so steil, dass Bren fürchtete, es könne wie ein Stein zurückfallen. Krieger und Matrosen suchten Halt, wo immer sie ihn finden konnten. Einer der Ondrier ging über Bord, als sein Halteseil riss. Brens Befehl gemäß trug er keine Rüstung, aber dennoch würde er durch dieses Wetter die Insel kaum erreichen können.
    »Das ist es!«, schrie Kiretta, als die Mordkrake den Wellenkamm erreichte und vornüberkippte, um in halsbrecherischer Fahrt abzustürzen. Das Salzwasser hatte sie ebenso durchnässt wie Bren, der sich bereits wie ein Fisch fühlte. »Das ist es!«, wiederholte Kiretta. »Genau darum fahren wir zur See! Solch einen Spaß hat man an Land nie!«
    Bren gab es auf, den Kurs des Schiffs zu verfolgen. Er konnte ohnehin nicht helfen, also kämpfte er sich zu der Treppe durch, die Achter- und Hauptdeck verband, um sich an deren Geländer festzuhalten. Kirettas Gelächter und ihre Rufe wehten in Fetzen zu ihm herüber, wenn das Krachen der Brecher sie nicht übertönte.
    Bren traute dem Frieden nicht, als plötzlich Stille herrschte. Er war nicht der Einzige, überall an Deck kamen die Männer nur langsam auf die Füße, obwohl das Schiff jetzt ruhig lag. Auf Anhieb sah Bren zwei gebrochene Arme.
    Kiretta hatte sich wohl heiser geschrien. Sie stand heftigatmend, mit leicht gesenkter Stirn, aber stumm am Steuerrad. Nur Alenias war noch auf seiner Wache im Bug, beide Hände um das Tauwerk geschlossen. Um nicht fortgespültzu werden, musste er Kräfte aufgeboten haben, die über das hinausgingen, was sein alter Körper zu geben imstande war. Ein Blick auf die Unkreaturen, die noch immer unbeeindruckt um die Mordkrake trieben, verriet, welcher Art diese Kräfte waren.
    Dann berührten sich die schwarzen und die weißen Schwaden, der Schild des Schiffs und der Seelennebel. Bren hielt den Atem an. Er stand auf, ging die Stufen zum Hauptdeck hinunter, dem Bug entgegen. Dorthin strebten auch die dunklen Wesenheiten des magischen Schutzes. Im Seelennebel sammelten sich knochenweiße Gesichter. Ihre Züge waren unverkennbar die von Fayé, dreieckige Formen, Ohren mit langen, zurückweichenden Spitzen, leere Augenhöhlen, die dennoch starrten.
    Die Mordkrake glitt jetzt mit einer Ruhe durch das Wasser, die dem vorherigen Tumult Hohn sprach. In einer anderen Wirklichkeit aber brach ein Sturm los. Bren konnte nur Ausläufer davon erkennen. Das greifbarste Anzeichen waren der dunkle und der helle Nebel, die nach einer kurzen Phase des Abtastens aufeinander losgingen. So war es also, wenn Geister fochten. Fetzen wurden aus der schützenden Dunkelheit gerissen, in die hellen Schwaden gezogen, wo sie sich auflösten. Vor dem Bug stießen Keile der Finsternis in das weiße Wallen, drückten die darin treibenden Gesichter beiseite, die mit unverkennbarer Pein in den Zügen weichen mussten.
    Es gab deutlichere, wenn auch den Sinnen schlechter zugängliche Anzeichen für den Kampf, mit dem sich das Schiff seinen Kurs erzwang. Kälte wischte durch Brens Brust, kurz, aber so intensiv, dass ihm der Atem stockte, als gefröre die Luft in seinen Lungen. Er hörte ein tiefes

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