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Knecht – Die Schattenherren II

Knecht – Die Schattenherren II

Titel: Knecht – Die Schattenherren II Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Corvus
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angenehme waren dabei, nicht nur Tänzerinnen, Feuerspucker, Barden, ein Fluss voll mit schäumendem Wein. Es gab auch unheimliche. Die Schattenrosse, ins Gigantische vergrößert, die mit Flammen aus ihren Mäulern eine Stadt verheerten, Chaque, die Leichen entstellten, Köpfe mit ihren Kieferzangen abtrennten, Kinder entzweirissen. Bren suchte immer nur nach der glitzernden Essenz der Träumer und folgte ihr. Auch dann, als ein Traumbild ihn selbst zeigte, den unerschrockenen Kämpfer auf dem Baum mit dem Traumkristall, wie er acht Gegnern gegenüberstand und sie alle mit einem gezackten Säbel aufschlitzte. So war es nicht gewesen, aber darauf kam es nicht an. Es ging um das Gefühl, die Aufregung, den Triumph. Bren folgte weiter der Essenz. Verschiedene Flüsse des silbernen Schaums vereinigten sich, Traumlenker brachten sie zusammen, bis sie zu einem einzigen Strom wurden, der immer schneller floss. Bren glaubte zu ersticken, aber er folgte weiter der Lebenskraft. Gleich einem Tau, dick wie ein Baumriese, drehte sie sich in einen Himmel ineinander verfließender Farben. Dort oben, im Firmament der Unwirklichkeit, stand König Goran mit ausgebreiteten Armen und ließ die Essenz durch sich hindurchfließen.
    Bren ergoss sich in Kiretta. Niemals hatte er sich so sehrin einer Vereinigung verloren, so wenig zurückgehalten. Verzweifelt umklammerte er seinen Verstand, wollte ihn nicht aufgeben. Er musste zurück in den Traum. Noch hatte er nicht die ganze Wahrheit gesehen.
    Da war ein Berg, ein Kegel, dessen Spitze im Feuer auseinanderspritzte wie ein Brandgeschoss, das an eine Festungswand prallte. Donner erfüllte die Luft. Hier gab es keine Farbe außer dem brennenden Rot des Bergs. Auch die Dame hatte keine Farbe. Sie war weiß in einem schwarzen Himmel, schwebte über dem in alle Richtungen gierenden Feuer. Alles an ihr war weiß wie Schnee, ihre Haut, ihr Kleid, ihr Haar. Ihr Körper war so vollkommen, die Schwünge ihrer Figur, die Züge ihres Gesichts. Als sei sie das nie erreichte Vorbild, das Ideal, dem die Natur bei der Geburt jeder Frau vergeblich nacheiferte. Goran war hier, auch die Traumlenker. Bren sah sie nicht, aber er spürte sie durch ihre Verehrung, die die Luft füllte wie die Blitze eines Gewitters. Sie beteten die Dame an, ihre Herrin. Ihre Göttin. Ihr brachten sie alles dar, ihre Gefühle, ihr Leben, ihre Hingabe, die Essenz, die sie in den Träumen ernteten.
    Erschöpft glitt Kiretta von ihm, legte sich auf die Kissen. Bren achtete nicht auf die Zeit, die verging, während sie seine Brust streichelte. Als Bewegung in die Traumlenker kam, das Träumen also ein Ende nahm, ordneten sie ihre Kleidung und standen auf.
    Bren war noch benommen. Schließlich löste sich Kiretta von ihm. Er erhob sich mühsam und stellte sich aufrecht vor Goran. »Ich habe gesehen.«
    Der kindliche König lächelte. »Ich hoffe, was Ihr saht, war angenehm.«
    »Es war erleuchtend.«
    Etwas musste in Brens Stimme sein, das Goran verunsicherte. Seine Mundwinkel senkten sich. Leicht runzelte er die Stirn unter der Krone. »Was habt Ihr gesehen?«
    »Nicht ›was‹. ›Wen.‹« Er blickte dem König fest in die Augen. »Lisanne.«

FEUER
    » M ir scheint, es verlangt jemanden danach, mit uns zu sprechen.« Velon erhob sich mit der Würde eines Feldherrn, der die Kapitulation einer Stadt entgegennahm.
    Durch die Palastfenster flackerte Fackelschein. Eine Hundertschaft Chaque eskortierte eine Sänfte, die von einigen Edlen umgeben war. Die Insekten fächerten vor dem Palast auf, aber Bren erkannte keine Angriffsformation darin. Eher schon die geraden Linien, die bei einer Parade Verwendung fanden. Es war das erste Mal, dass er Chaque ohne Säbel sah.
    »Deine Beobachtungen waren hilfreich«, sagte Velon. »Vielleicht hören wir jetzt die Wahrheit von diesem Blag.«
    »Besser, Ihr geht jetzt«, raunte Bren Kiretta zu. Wenn Osadroi Angelegenheiten untereinander regelten, töteten sie Zeugen manchmal allein aus dem Grund, dass kein unwürdiges Gerede entstehen sollte.
    Kiretta drückte kräftig Brens Hinterteil. Sie lachte. »Nun schaut nicht so erbost, General. Keine Sorge, ich bin nichtanhänglich. Ich habe mich nur schon lange gefragt, wie es sich anfühlt, Euch in mir zu haben.« Damit verschwand sie durch die Tür, die zu den Gemächern führte, in denen die Seeräuber untergebracht waren.
    Velon, Gadior und Bren mussten nicht lange warten. Zwei mittelalte Männer in den roten Wickelgewändern der Edlen Blutsteins

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