Knigge fuer Individualisten
Verabschiedung läuft ab wie die Begrüßung: Der
Höherrangige darf mit Ihrer Vorzugsbehandlung rechnen. Müssen Sie ein
Zusammensein vorzeitig verlassen? Teilen Sie Ihren Sitznachbarn ohne
Aufheben mit, was Sie vorhaben; das ist anständig, liebenswert, schnell und
klassisch zugleich. Nur als Ehrengast dürfen Sie allen die Hand
schütteln.
ZART HINAUS-
KOMPLIMENTIEREN
Genug geplaudert. Sie wollen nicht bis zum
Morgengrauen sitzen bleiben, Ihr Besuch sollte sich allmählich
verabschieden. Erwarten Sie nicht, dass er Ihre Gedanken liest. Bieten
Sie »zum Schluss noch einen Schluck« an. Fragen Sie nach den Plänen
für den nächsten Tag. Ist er immer noch da? Sagen Sie locker und
wertschätzend, aber bestimmt und pragmatisch: »Schön, dass du da
warst. Ich freue mich auf unser Wiedersehen. Komm gut heim.« Auf dem Weg zur Tür hat der Gast übrigens
Vortritt: Jetzt kennt er sich ja aus.
Unter einem Dach:
Nachwuchs, Übernachtungsgäste, Nachbarn
Man kann sich Lebenspartner aussuchen und manchmal
sogar Chefs und Arbeitskollegen. Für Familie und Nachbarschaft gilt das – ob
glücklicher- oder traurigerweise – nicht. Und selbst wenn man sich seine
Besucher noch auswählen kann, zerrt deren längere Anwesenheit doch manchmal
arg an den Nerven.
Knigge für Kids: gar nicht so
schwer
Verhalten sich Ihre Verwandten in Ihrer Anwesenheit
so, dass Sie sie gern um sich haben? Schön. Denn was würden Sie sagen, wenn
Ihnen die Cousine ihre Handtasche mitten auf den festlichen Esstisch knallt?
Und wenn der Vetter das Schlürfen und Schmatzen nicht lässt? Gar nichts
könnten Sie sagen, wenn Sie nicht wie Heidis Fräulein Rottenmeier dastehen
wollen.
Bei Ihren Kindern ist das anders, da müssten Sie sogar
etwas sagen. Doch die können sich bestimmt benehmen. Als Eltern brauchen
Sie nur altersgemäße Spielregeln aufzustellen
und bei der Umsetzung zu helfen. Manchmal fällt das Thema aber der Hektik
des Alltags zum Opfer. Oft merken Eltern erst, wenn sie sich selbst
beobachtet fühlen, dass das liebe Kind den einen oder anderen Fehler macht.
Dann geht es los mit Gängelei: »Sag jetzt der Oma endlich danke!«; mit
Tadel: »Messer in die rechte Hand!«; mit öffentlicher Demütigung: »Schaut
euch diese Trauerränder unter seinen Fingernägeln an.« Schade. Denn es ist
gar nicht so schwer, Kinder anzuleiten, in Fragen des Umgangs
Selbstbewusstsein, Resilienz (psychische Widerstandskraft) und
Persönlichkeit zu entwickeln, also:
auf die eigenen Fähigkeiten zu
vertrauen,
Fertigkeiten schrittweise zu
erlernen,
neue Lernfelder konstruktiv zu
bearbeiten.
Machen Sie Ihr Kind Schritt für Schritt mit den
Grundregeln des einvernehmlichen Miteinanders vertraut; dazu gehören auch
die Tischsitten. Und helfen Sie ihm, seinen eigenen Umgangsstil zu
entwickeln. Selbst wenn der nicht exakt der Ihre ist.
Übernachtungsbesuch – von
zwei Seiten betrachtet
Über das Kommen mancher Leute tröstet einen nur die
Hoffnung auf ihr Weggehen. Deshalb gilt für Übernachtungsgäste: Verhalten
Sie sich so, dass die Gastgeber Sie gern kommen … und ungern gehen sehen.
Wie setzen Sie das Ihren Stil-Fähigkeiten gemäß um?
Vertrauen Sie den Regeln der
alten Schule, sind Sie ein gern gesehener Gast: Es läge Ihnen
fern, andere als die Ihnen zugewiesenen Räumlichkeiten zu betreten und die
Gastgeber am Schlafengehen zu hindern oder zu wecken. Niemand muss
befürchten, Sie im Schlafanzug auf dem Flur anzutreffen, Sie präsentieren
sich immer wie aus dem Ei gepellt. Versäumen Sie als Dame nicht, den
Gastgebern Hilfe anzubieten. Auch Sie können anpacken.
Als natürlicher
Pragmatiker sind Sie ebenfalls stets willkommen. Sie helfen
beim Kochen und Abspülen, wischen nach Gebrauch die Dusche trocken und
ziehen vor der Abreise Ihr Bett ab. Die CDs zu ordnen und den Kindern die
Mathe-Aufgaben zu lösen, das fände allerdings nicht jeder Hausherr so gut
wie Sie.
Sind Sie grundsätzlich
locker drauf? Dann verbreiten Sie gute Stimmung von früh bis
spät – richtig toll. Nehmen Sie aber bitte die Aufforderung, Sie sollten
sich wie zu Hause fühlen, nicht allzu wörtlich. Setzen Sie sich nicht im
Negligee an den Frühstückstisch. Und gehen Sie vor den Hausherren ins
Bett.
Behalten Sie am liebsten das
Heft in der Hand? Dann ordnen Sie sich ungern in fremden
Haushalten ein. Sie gehen lieber ins Hotel. Müssen Sie eine Einladung
Weitere Kostenlose Bücher