Knigge fuer Individualisten
und verfolgen Sie, wie der
Begriff »Abnehmen« aufgefasst wird: Dreht Ihnen das Gegenüber seine Schulter
zu? Helfen Sie ihm aus dem Mantel. Reicht es Ihnen den Mantel? Hängen Sie
diesen auf. Und merken Sie sich, wem Sie beim Abschied helfen und wem Sie
den Mantel nur reichen sollten.
GPSP: Gute Plätze, schlechte
Plätze
Die Grundregeln für das Sitzen basieren – wie die für
das Stehen und Gehen – auf den Prinzipien Schutz und Wertschätzung:
1. Setzen
Sie eine »wichtige« Person an Ihre rechte Seite. Dort können Sie
sie umsorgen und ihr gut z. B. Speisen reichen.
2. Gewähren
Sie ihr freie Sicht in den Raum und aus dem Fenster. Überblick
vermittelt Sicherheit. Und weiter: Wie fühlt sich ein
Besucher, der am Ess- oder Spieltisch oder beim Barbecue im Garten
stets am Rand platziert wird, fern vom Zentrum des Geschehens, dem
Gastgeber? Gut, hat er Sie nicht ins Herz geschlossen, ist er froh.
Sonst aber gewinnt er im Lauf der Zeit den Eindruck, Sie stuften ihn
unter »ferner liefen« ein. Denn:
WO DRÜCKT DENN DER SCHUH?
Gastgeber sehen es ungern, wenn Besucher Schmutz in
ihre Wohnung tragen. Bei einem legeren Spieleabend mit guten Freunden
werden Sie eine praktikable Lösung finden: Ob barfuß oder
Gästepantoffeln – Sie werden sich einigen. Verlangen Sie aber nicht,
dass Ihre Gäste bei einem feinen Abendessen in Socken oder fremden
Hausschuhen bei Ihnen herumlaufen.
Bei gehobenen Anlässen halten Sie am Eingang Tücher
bereit, mit denen die Gäste ihre Straßenschuhe säubern können.
Umsichtige Gäste haben bei Schmuddelwetter ein sauberes Paar Schuhe
dabei.
Mit Überblick über den
gesamten Raum, Ausblick aus einem Fenster, Schutz durch eine Wand im
Rücken und einer Person an der linken Seite: So sitzt ein Gast am
liebsten.
3. Zentrum ist besser als Rand. Wem können
Sie einen Eck- oder Stirnplatz zumuten? Das überlegen Sie sich
gut ( > ).
Der Platz spricht also
mit. Überlassen Sie deshalb die Platzierung nicht dem Zufall.
Da kecke Gäste anderen gern die besten Plätze wegnehmen, weisen Sie alle
ein: »Harry, setzt du dich bitte zu Inge aufs Sofa?« Es lohnt sich, Regie zu
führen. Mäntel aufhängen, Blumen versorgen, Teewasser aufsetzen – das kann
warten.
Die Knigge-Spieler im Raum
Sie sehen: Die Knigge-Regeln für das Verhalten im Raum
sind differenziert auf Situationen bezogen. Sie können das Spiel nun nach
Ihrer Art individuell gestalten.
Vertreter der
Tradition legen mit
wohlgesetzten Schritten und Gesten ein elegantes Tänzchen auf jedes
Parkett. Treten Sie aber als Herr einer Frau, die sich nicht zum
»schwachen Geschlecht« rechnet, bitte nicht zu nahe. Nicht jede
schätzt, wenn Sie ihr den Stuhl hinrücken oder die Tasche
tragen.
Dynamische
Spieler lassen sich ungern
umsorgen. Giften Sie aber bitte als Power-Frau einen traditionellen
Mann nicht an, der für Sie den Liftknopf drückt. Seien Sie konsequent
so schnell wie sonst auch: Bis sich ein »Kümmerer« umsieht, haben Sie
doch die Türklinke schon gedrückt oder Ihren Mantel aufgehängt. Als
Gastgeber dirigieren Sie: »Bitte vorne rechts«, oder: »Nach Ihnen.«
Als Gast gestatten Sie bitte dem Gastgeber, seine Pflicht zu tun.
Nimmt er seine Aufgabe nicht wahr, können Sie immer noch vorschlagen:
»Soll ich zuerst gehen?«
Zählen Sie zum Typ Locker, geht Ihnen eine kalkulierte Schrittfolge
gegen den Strich. Sie tanzen lieber nach Stimmung als nach
Choreographie. Sie finden ja immer Ihren Platz – geschmeidig und
spontan, wie Sie sind. Sie können hervorragend die Atmosphäre
erspüren, richtig? Konzentrieren Sie Ihre Intuition ruhig einmal
darauf, herauszufinden, welche Distanz Ihr jeweiliges Gegenüber
offensichtlich schätzt.
Der natürliche Typ geht es pragmatisch an: »Hier links ist
die Garderobe, da hinten geht’s ins Wohnzimmer. Setzt euch schon, ich
bin gleich da.« Manchen Gast überfordert so viel Freiheit; helfen Sie
ihm mit ein wenig Regie. Nimmt ein Mann seiner Partnerin den Mantel
nicht ab? St op! Springen Sie nicht hilfsbereit ein; er könnte
sich getadelt fühlen. Es wäre doch seine Aufgabe gewesen!
NAH UND
FERN: KOMFORTZONEN UND DISTANZ
Die meisten Menschen empfinden für jede Art von
Beziehung eine bestimmte räumliche Distanz als »normal«. Der Bereich
unter einem halben Meter gilt für Mitteleuropäer (in anderen Gegenden
sieht man das ganz anders!) als
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