Knigge fuer Individualisten
ausloten.
Anzug: Die Etikette empfiehlt Jacke und Hose aus dem
gleichen Stoff. Ein Hamburger Senator wählt dennoch den blauen
Blazer zur grauen Hose. Architekten und andere Kreative wirken
mit Anzug ohne Krawatte oder mit Hose und (Leder-)Jacke
überzeugender als im blauen Dreiteiler mit rotem Schlips.
Schließen Sie sogar als lockerer Stilvertreter bei der
Begrüßung Ihr Jackett? Das kommt echt gut an. Natürliche Typen tragen
ungern Jackett. Wollen Sie Ihrem Kunden oder
Chef aber wirklich im Hemd entgegentreten? Bringen Sie sich wenigstens
zur Begrüßung für ihn in Form. Lockere Schnitte und weiche Naturstoffe
geben Ihnen Raum und Luft. Es ist übrigens nicht nur sinnvoll, ein
Jackett zu tragen, es sollte Ihnen auch (nach Jahren noch) passen. Ist
das – plötzlich? – nicht mehr der Fall, könnte es in der Reinigung
eingelaufen sein. Bevor Sie aber dort reklamieren: Stellen Sie sich
auf die Waage: Vielleicht ist nicht das Jackett eingelaufen, sondern
Sie sind ein wenig … Lassen wir das.
Fliege: Haben
Sie einen Hang zum Nonkonformismus? Und dazu ein schmales Kinn? Dann
kann eine Ta gesfliege für Sie eine gute Idee
sein. Da sie aus dem Rahmen fällt, wirkt sie wie ein
Versprechen: Vom Träger wird Besonderes erwartet. Enttäuschen
Sie diese Erwartu ngen nicht.
Gürtel: Ja,
Sie haben es schon gehört: Der Gürtel soll in
Stil, Material und Farbe zu den Schuhen oder zur Hose passen.
Beides muss aber nicht genau gleich sein. Lockere und
Dynam ische delegieren die tragende Rolle des Gürtels gern
an Hosenträger. Dann bitte die Gürtelschlaufen vom Hosenbund
abtrennen.
Hemd: Ein Langarmhemd ist immer korrekt. Müssen Sie
bei der Arbeit Hand anlegen, können Sie die Ärmel sorgfältig
aufkrempeln. Das Kurzarmhemd ist im gehobenen Business und mit
Krawatte ein Nogo. An alle Natürlichen und Lockeren: Greifen Sie
nur im absoluten Notfall darauf zurück und verzichten Sie dann
auf Jackett und Krawatte. Am schlüssigsten wirkt es, wenn sich
das ganze Team inkl. Chef diese Erleichterung verschafft: »Wir
haben wegen der Hitze unser Outfit gelockert.«
Trad itionellelegante Herren tragen Hemden ohne Tasche. Für
taillierte Hemden à la Bundestrainer Jogi Löw brauchen Sie nicht
unbedingt einen Waschbrettbauch, aber einen schmalen Oberkörper. Wenn
Sie Ihren idealen Hemdenschnitt gefunden haben, bleiben Sie
praktischerweise dabei; oder Sie lassen sich (Halb-)Maßhemden
schneidern.
Hemdkragen: Der »Kent« (1) mit einem Winkel von circa 90° zwischen den
Kragenschenkeln ist immer in Ordnung. Da seine Schenkel unter
dem Revers des Jacketts verschwinden, geben Kragen, Revers und
Krawatte ein einheitliches Bild ab. Mögliche Alternativen sind:
der New Kent (2) mit etwas längeren
Spitzen – gern von lockeren und dynamischen Herren
getragen,
der Haifisch- oder Spreizkragen mit
einem fast 180° breiten Winkel für die Krawatte, Voraussetzung:
schmales Gesicht, nicht zu kurzer Hals,
der Steg- oder Tab-Kragen (4) , dessen
Steg unter dem Krawattenknoten zugeknöpft wird, den man eher bei
Herren der alten Schule sieht.
Natürliche tragen gern Krägen ohne Knopf sowie
Buttondown-Krägen (3) mit auf die Brust
geknöpften Spitzen. Beide kommen im strengen Business-Code nicht vor.
Letztere sind zur legeren Kombination akzeptabel und ohne Krawatte
ideal. Für ein schlüssiges Bild bleibt der oberste Knopf unter der
Krawatte geschlossen. Damit Ihnen nicht der Kragen platzt, wählen Sie
Hemden, die am Hals weich und locker anliegen. Aber mit der Weite
nicht übertreiben. Sonst fragt Sie ein Witzbold, ob es das Hemd nicht
in Ihrer Größe gegeben hätte.
Hose: An einer Bügelfalte geht kein Weg vorbei. Und
tragen Sie Ihre Hose im Zweifel lieber einen Zentimeter zu kurz
als zu lang. Zu lange Hosen stauchen optisch den Körper ,
und das ist schlimmer als »Hochwasser«.
Krawatten sind
mit ihren unzähligen Stoff-, Muster- und Knotenvarianten das
Gestaltungselement für Individualisten schlechthin. Erlaubt ist, was
zu Ihrem Körperbau plus Charakter passt ( Knoten > ). Wollen Sie als
Traditioneller Ihre Krawatten viele Jahre tragen? Lieber nicht. Zwar
kommen Muster – wie Paisley – immer wieder, im Detail aber ist der
Retro-Trend z. B. im Material leicht von »alter« Mode zu
unterscheiden. Ein Wermutstropfen für Lockere und Natürliche: Die
Ableitung des »Kulturstricks« vom Lätzchen oder
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