Knochen im Kehricht: Ein Eifel-Krimi (German Edition)
ihm stundenlang übers Kochen unterhalten. Fleisch im lauwarmen Ofen, schauderhaft.«
Ach, der war das. Regine hatte mir schon vor einigen Wochen den Vorschlag eines Gastes überbracht, das Niedrigtemperaturgaren auszuprobieren. Könnte es sein, dass sie mit ihm heute in meinem Haus über die Zubereitung altmodischer Waffeln gesprochen hat?
»Wie viele von diesen Internetmännern hatten Regines Adresse?«
»Nicht Regines Adresse«, tönt Gudrun empört. »Nur die der Einkehr. «
»Schlimm genug. Wie viele?«
»Da müsste der Hein nachsehen.«
»Könnte ja einer von denen gewesen sein. Auf der Welt laufen viele kranke Typen rum. Wir müssen Regines Mörder gar nicht persönlich kennen, Gudrun.«
»Ogottogott!« Gudrun wird ganz bleich. »Vielleicht ist es sogar ein Serienmörder? Der uns nacheinander auslöschen will …«
»Serienmörder?«, kommt es von der Tür. Wir fahren alle auf. Keiner von uns hat bemerkt, dass Marcel eingetreten ist. Nicht einmal Linus, der in seiner Ecke fest schläft. Marcel schüttelt den Schnee von der Polizistenmütze, legt sie zwischen die Gläser und Flaschen auf den runden Tisch und schiebt sich einen Stuhl heran. Wir blicken erwartungsvoll zu ihm hin.
»Ich hab furchtbar Hunger. Gibt es noch was zu essen?«, fragt er müde.
Gudrun springt auf.
»Nichts Warmes zu so später Stunde. Ich kann dir aber ein Rührei mit Speck machen.«
»Ist noch was von meinem Salat von gestern übrig?«, frage ich mein Küchenpersonal.
»Alles«, erwidert Gudrun. »Keiner der Gäste wollte heute deinen Blutwurst-Käse-Salat mit Schokoladenjus anrühren. Ich hab dich ja gewarnt.«
»Den will ich haben«, sagt Marcel freundlich.
Er muss mir meine Herzlosigkeit verziehen haben. Sonst hätte er sich nie für ein solches Gericht entschieden.
»Vielleicht ist der Mord an Regine der Anfang einer Serie«, flüstert Gudrun, als sie Marcel mit zitternden Fingern Messer und Gabel reicht. »Dann sind wir hier alle nicht sicher!«
»Wir brauchen eine Waffe«, sagt der Amerikaner. »Brecheisen innen vor die Tür.«
Marcel schüttelt den Kopf.
»Kein Brecheisen«, nuschelt er mit vollem Mund. »Das macht sich vor Gericht nicht gut. Weil man dann Absicht dahinter vermuten könnte.«
»Was dann?«, fragt Gudrun.
»Ein Staubsaugerrohr. Liegt in jedem Haushalt rum.« Er schluckt seinen Bissen runter. » Délicieux . Schmeckt wirklich gut, Katja, Kompliment. Macht doch bitte noch so einen Teller fertig. Den bring ich Erwin rüber. Ich muss nämlich gleich wieder gehen.«
»Staubsaugerrohr?«, fragt Gudrun misstrauisch.
»Ja, das könnte dann als Totschlag im Affekt zählen«, erläutert er und stopft sich einen weiteren Bissen in den Mund. »Wie bei Regine. Das war bestimmt kein Serienmörder.«
»Woher weißt du das?«, fragt David.
Kauend sieht Marcel jedem von uns nachdenklich ins Gesicht.
»Der Täter hat alles gründlich geputzt und die Leiche transportbereit zurechtgelegt …«
»Das wissen wir doch!«, sage ich ungeduldig.
»Warum hat er das wohl getan?«
Er gibt die Antwort selbst: »Weil niemand merken sollte, dass in diesem Haus ein Mord verübt worden ist. Der Täter wollte die Nacht abwarten, um die Leiche und wahrscheinlich auch das Waffeleisen abzuholen. Dann wäre niemandem was aufgefallen. Keiner hätte Regines Verschwinden mit deinem Haus in Verbindung gebracht. Tagsüber wäre es für den Täter zu gefährlich gewesen; man hätte ihn von der Straße oder vom Restaurant aus sehen können.«
»Abends auch«, erkläre ich. »Wir haben manchmal bis Mitternacht Betrieb.«
»So oft nun auch nicht«, murmelt Gudrun.
»Aber danach ist alles zappenduster auf der Kehr.«
Ich ahne, worauf Marcel hinauswill. Fürchte die Antwort auf die Frage, die mich schon seit Stunden umtreibt: Weshalb konnte der Mörder so sicher sein, dass sich niemand im Haus aufhalten oder später hineinkommen würde?
Marcel sieht erst jedem von uns noch einmal in die Augen, mustert dann angelegentlich ein leeres Glas, befindet es für sauber und schüttet Wasser hinein. Es gluckert sehr laut.
Er nimmt einen Schluck und wischt sich den Mund ab. »Der Täter muss gemeint haben, in der Nacht in ein leeres Haus zurückzukehren. Nun sag schon, Katja. Wer alles wusste davon, dass du für die letzte Nacht ein Zimmer in Cochem reserviert hattest?«
»Herbert Budweg vom Germania «, gebe ich flüsternd zurück. »Und natürlich Gudrun, David und Regine. Jakob Perings hat das auch mitbekommen, glaube ich. Ich weiß
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