Knochen im Kehricht: Ein Eifel-Krimi (German Edition)
gründlich sauber gemacht wie mein Wohnzimmer, den Tatort.
»Der Hermann wollte die Regine heiraten«, wiederhole ich und setze bemüht sachlich hinzu: »Aber das ist doch kein Grund, sie umzubringen.«
»Doch«, erwidert Gudrun zu meiner Überraschung. Ich starre sie entgeistert an und atme erst wieder aus, als sie hinzusetzt: »Für seine Schwester schon.«
» Stop this Quatsch!«, meldet sich David. Er mustert mich nachdenklich. »Ich habe geglaubt, du warst es. Du hast erst geglaubt, ich war es, und nun ist Gudrun an der Reihe or what do you mean? Spell it out! «
»Entschuldigung«, sagt Petronella Schröder. »Ich verstehe Sie so schlecht, David. Was haben Sie gesagt?«
»Katja glaubt, Gudrun hat Regine … Aber das is bullshit ! Auf die ganze Linie.«
»Ah ja«, sagt die Krewinklerin, immer noch verwirrt.
»Ich? Spinnst du?« Gudrun springt auf. »Regine war meine Freundin!«
»Davon habe ich in letzter Zeit wenig gemerkt«, sage ich.
»Bitte beruhigt euch.« Jakob Perings hebt mahnend die Hände. Er atmet schwer. Frau Schröder neigt sich zu ihm hin.
»Du solltest jetzt unbedingt ins Bett, Jung«, flüstert sie und steht auf. »Dat oss ze vill fürr dee schwaach Herz. Und ich gehe auch heim.«
»Unmöglich. Bei diesem Wetter«, sage ich. Frau Schröder ist bestimmt zu Fuß aus Krewinkel gekommen.
»Vielleicht kann mich jemand fahren?«
Ihre Stimme ist sehr klein.
Außer Gudrun bin ich die Einzige, die noch nüchtern ist. Aber ich will jetzt nicht weg, spüre förmlich, dass eine weitere Enthüllung unmittelbar bevorsteht.
»Wieso die Schwester?«, frage ich Gudrun.
»My god« , stöhnt David.
»Wir müssen auch gleich nach Losheim zurück«, sagt Jupp zu Petronella Schröder. »Da können wir Sie in Krewinkel absetzen.«
»Das ist sehr freundlich, vielen Dank«, flüstert die alte Frau, als wüsste sie nicht, dass Krewinkel in genau entgegengesetzter Richtung liegt. »Kommst du zurecht, Jakob?«
Der alte Herr nickt.
»Und du hast keine Angst, so allein im Restaurant zu schlafen, nach allem, was hier passiert ist? Ich meine, wenn da wieder jemand kommt …«
»Bist du bang, Nellchen, jaanz alleng onn dengem hous o Krijwenkel?«
Jetzt nickt sie. Sehr heftig.
»Früher hatte ich immer eine Gans. Jedes Weihnachten habe ich eine neue gekriegt, die ich über das Jahr gemästet habe. Die Gans hat mich immer gewarnt, wenn was war. Aber die letzte hat leider der Fuchs geholt. Seitdem habe ich Angst.«
Jupp, Hein, Gudrun, David und ich wechseln Blicke. Wir denken alle dasselbe. Aber keiner sagt etwas.
»Dann fahre ich mit dir, Nellchen«, erklärt Jakob Perings. »Ich lege mich mit der Axt auf dein Sofa und vertreibe jeden, der sich deinem Haus nähert.«
»Jodd sei Dank!«
»Jetzt wissen wir wenigstens, wo Nicolina herkommt«, sagt Gudrun, als das seltsame Quartett die Einkehr verlassen hat. »Wir sollten sie ihr zurückgeben.«
»Und warum hat eben keiner was dazu gesagt?«, frage ich.
»Weil bald Weihnachten ist«, sagt David finster. »Sehr bald.«
Ich schlage vor, die Rückgabe mit einer Gnadenbrot-Auflage zu verbinden, da von uns eh keiner Zeit hätte, sich um Nicolina zu kümmern.
»Ja, wenn der tierliebe Daniel hier wäre, mein Gott, der arme Junge …«
»Er kommt übermorgen«, sagt David leise.
»Wie hat er es aufgenommen?«, frage ich.
»Gar nicht«, antwortet Gudrun für ihn.
Ich erfahre, dass David nur mit seiner Mutter gesprochen hat. Ist bestimmt auch besser so. Wenn überhaupt jemand dem Jungen das Unfassliche sensibel übermitteln kann, dann seine Großmutter Mathilde. Allerdings halte ich es für unvorstellbar, dass die alte Frau den Jungen die Reise allein machen lässt. Doch auf die Frage, ob seine Mutter mitkomme, zuckt David nur mit den Schultern.
»Es war die Schwester von Hermann«, wiederholt Gudrun eindringlich.
»Quatsch, die ist doch im hospital «, wehrt David ungeduldig ab.
»Wieso ist Frieda im Krankenhaus?«, frage ich.
»Hat irgendwas mit der Hüfte«, antwortet David. »Ist bei alten Frauen ja normal.«
»Klar hat sie was an der Hüfte, wenn sie das schwere Waffeleisen geschwungen hat!«, ereifert sich Gudrun und entwirft ein abenteuerliches Szenario. Demnach sei Frieda eifersüchtig auf Regine gewesen. Sie habe es nicht ertragen können, dass ihr Hermännche heirate und ausziehe. »Deshalb hat sie Regine ermordet. Weil die ihr den Bruder wegholen wollte. Für den sie gelebt hat. Ist doch ganz klar.«
Gudrun lässt keine Argumente gelten und
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