Knochen im Kehricht: Ein Eifel-Krimi (German Edition)
verbeißt sich immer weiter in ihre Theorie: Frieda hat ihren Bruder weit weg auf Kaffeefahrt geschickt, sich in Hermanns kleinen Laster gesetzt, sei auf die Kehr gefahren, wo sie Regine in mein Haus gelockt und sich ihrer dort mittels des Waffeleisens entledigt habe.
Ich versuche, Gudrun in ihrem Eifer zu bremsen: »Da bleiben nur ein paar Fragen übrig. Weshalb hat sie Regine dann bei mir liegen lassen?«
»Weil die alte Frau die Leiche nicht wegschaffen konnte. Vielleicht sollte es nach einem Raubmord aussehen.«
»Es ist aber nichts gestohlen worden.«
»Weißt du das so sicher?«
»Ja. Nichts ist durchwühlt worden. Und weshalb hat sie Regine dann verpackt und alle Blutspuren weggewischt?«
»Eifelerinnen sind ordentlich.«
»Regine ist aber gar nicht auf der Kehr gewesen; sie war mit Heins Auto unterwegs.«
»Dann haben sie sich eben unterwegs irgendwo getroffen«, sagt Gudrun ungeduldig.
»Wenn Frieda mit der Absicht, Regine zu ermorden, auf die Kehr gekommen wäre, hätte sie doch gleich eine Tatwaffe mitgenommen und nicht zu einem zufällig herumliegenden Waffeleisen gegriffen.«
Ich habe nicht die geringste Lust, mich noch länger mit Gudruns Besessenheit zu beschäftigen, und erkundige mich nach Hermann. Eigentlich hatte ich damit gerechnet, ihn ebenfalls in der Einkehr anzutreffen.
»Armer Kerl«, antwortet David traurig. »Ich habe mit ihm telefoniert. Er hat so geweint. Wollte gleich herkommen. Marcel sagte Nein. Besser ist, er sieht Regine bei der Gerichtsmedizin in Lüttich.«
»Weil sie die nämlich da erst richtig … auspacken«, sagt Gudrun stumpf. »Da werden sie überall auf der Decke Genmaterial von der Frieda finden, und dann kommt sie in den Knast.«
Ich schüttele den Kopf. »Klar werden sie Spuren von ihr auf der Decke finden. Von letztem Sonntag, als sie mit Regine und Hermann bei mir drüben zum Kaffeetrinken war. Da war ihr kalt, und Regine hat ihr fürsorglich die Decke umgehängt. Nee, Gudrun, da hast du dich in etwas verrannt. Die beiden Frauen haben sich gern gehabt, da bin ich mir ganz sicher.«
An jenem Sonntag hatte Regine ihre Muffeligkeit abgelegt, als sie mit Hermann und Frieda bei mir über die Schwelle getreten war. Was meinen Verdacht bestätigte, dass die schlechte Stimmung in der Einkehr nichts mit mir, sondern nur etwas mit Gudrun und David zu tun hatte. Um das herauszufinden, hatte ich diese Einladung überhaupt ausgesprochen. Außerhalb der Einkehr, in Gegenwart ihres Freundes und dessen Schwester, verhielt sich Regine genauso fröhlich wie früher. Es wurde ein nettes Plauderstündchen. Hermann überließ den Damen das Wort und trank schweigend seinen Tee. Mir fiel nur auf, dass er seinen Blick nicht von dem Loch in der Wand nehmen konnte – aber das war auch kein Wunder. Schließlich hatte er als einer der Ersten den dort entdeckten Unterschenkelknochen gesehen. Allerdings dürfte für ihn jener Tag eher von einem freudigen als von einem schrecklichen Erlebnis geprägt gewesen sein: Damals hatte er Regine kennengelernt. Die Frau, mit der er eine Zukunft geplant hatte. Und um die er jetzt trauern würde.
Anders als Gudrun, die meines Wissens Frieda nie außerhalb des Restaurants begegnet war, hatte ich den Eindruck, dass die ältere Frau die Wahl ihres Bruders begrüßte. Sie duzte Regine, nannte sie Kindchen , tätschelte ihr gelegentlich die Wange, lobte ihren exzentrischen Modegeschmack und den guten Einfluss, den sie auf Hermann ausübte. Von Heirat war da allerdings nicht die Rede gewesen. Ich kann mich auch nicht erinnern, an Regines Finger einen Verlobungsring gesehen zu haben. Gudrun schüttelt den Kopf, als ich sie jetzt danach frage.
»Kein Ring. Er hat ihr eine kostbare goldene Kette geschenkt, ein Erbstück seiner Mutter. Vielleicht hat das ja der Frieda nicht gepasst.«
»Ja, und deswegen hat sie Regine erschlagen. David hat schon recht: Das ist Quatsch, Gudrun. Frieda wird diesem Geschenk zugestimmt haben; schließlich erben Töchter den Schmuck der Mutter. Wir sollten mal in eine ganz andere Richtung denken. Immerhin hat Regine in den vergangenen Wochen eine Menge Männer verprellt, könnte da nicht auch einer auf Rache gesonnen haben? Was ist zum Beispiel mit dem Internetfuzzi, wo kam der noch mal her?«
»Aus Radevormwald«, antwortet Gudrun nachdenklich. »Aber der Robert war ganz in Ordnung. Gar nicht enttäuscht, dass die Regine schon vergeben war, weil sie sowieso nicht zu ihm gepasst hätte. Und sie war nett zu ihm. Hat sich mit
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