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Knochen zu Asche

Knochen zu Asche

Titel: Knochen zu Asche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathy Reichs
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Annäherungsversuch.
    »Arschloch«, murmelte ich in mich hinein.
    »Das männliche Geschlecht ist eine lange Parade von Arschlöchern«, sagte die Frau und drückte ihre Kippe im Blechdeckel aus.
    »Aber der da ist der Anführer.«
    Die Frau machte in ihrer Kehle ein kicherndes Geräusch.
    Ich drehte mich und schaute zu ihr hinüber. So nahe bei ihr, konnte ich sehen, dass ihre Haare an den Wurzeln dunkelbraun waren. Vertrocknetes Make-up klebte in ihren Augen-und Mundwinkeln.

    »Ist ja komisch.« Die Frau zupfte sich einen Tabakkrümel von der Zunge und schnippte ihn weg. »Du bist Polizistin?«
    »Das ist jetzt wirklich komisch.«
    »Mr. Macho da hinten?«
    Ich nickte. »Ein ganz Harter. Hat ’ne große Marke.«
    »Officer Arschloch.«
    Jetzt kicherte ich. »Officer Arschloch. Gefällt mir.«
    »Aber ihm nicht.«
    »Der Trottel sollte mir eigentlich helfen.«
    Die Blonde biss nicht an. Und ich wollte nicht zu dick auftragen.
    Scheinbar noch immer stinksauer, schlug ich die Beine übereinander und wippte mit einem Fuß.
    Die Blonde zündete sich eine neue Zigarette an und atmete tief ein. Ihre Finger waren unter ihren falschen, pinkfarbenen Nägeln nikotingelb.
    Einige Minuten saßen wir schweigend da. Sie rauchte. Ich versuchte, mich daran zu erinnern, was ich von Ryan über die Kunst des Verhörs gelernt hatte.
    Ich wollte eben einen Versuch machen, als die Blonde das Schweigen brach.
    »Ich wurde schon so oft verhaftet, dass ich jeden Sittebullen in der Stadt beim Vornamen kenne. Ihr Officer Arschloch ist mir allerdings noch nie begegnet.«
    »Er ist von der SQ, aus Montreal.«
    »Bisschen weit weg von seinem Revier.«
    »Er sucht nach vermissten Mädchen. Eins davon ist meine Nichte.«
    »Sind diese Mädchen von hier verschwunden?«
    »Vielleicht.«
    »Wenn du nicht bei der Truppe bist, warum dann eben dieser Zoff?«
    »Wir kennen uns schon sehr lange.«
    »Vögelst du ihn?«

    »Nicht mehr«, sagte ich verächtlich.
    »Hast du dieses Veilchen von ihm?«
    Ich zuckte die Achseln.
    Die Frau inhalierte den Rauch und blies ihn dann in einem umgedrehten Kegel zur Decke. Ich sah zu, wie er im Schein der Neonlampen über der Bar davonwehte und sich auflöste.
    »Deine Nichte hat hier gearbeitet?«, fragte die Blonde.
    »Kann sein, dass sie mit dem Besitzer was zu tun hatte. Kennst du ihn?«
    »Klar kenne ich ihn. Arbeite seit zwanzig Jahren immer mal wieder für Mr. Bastarache. Meistens in Moncton.«
    »Was hältst du von ihm?«
    »Er zahlt ganz gut. Lässt nicht zu, dass Kunden seine Mädchen misshandeln.« Sie schürzte die Lippen und schüttelte den Kopf. »Aber ich sehe ihn kaum.«
    Das kam mir merkwürdig vor, da Bastarache doch oben wohnte. Ich speicherte es ab, um mich später damit zu beschäftigen.
    »Kann sein, dass meine Nichte sich da auf was eingelassen hat«, sagte ich.
    »Jeder lässt sich auf irgendwas ein, Sonnenschein.«
    »Auf etwas mehr als nur Tanzen.«
    Die Blonde sagte nichts.
    Ich senkte die Stimme. »Ich glaube, sie hat Pornos gemacht. «
    »Ein Mädchen muss sich seinen Lebensunterhalt verdienen. «
    »Sie war kaum achtzehn.«
    »Wie heißt denn diese Nichte?«
    »Kelly Sicard.«
    »Und du?«
    »Tempe.«
    »Céline.« Wieder das kehlige Kichern. »Nicht Dion, aber auch nicht ganz ohne Flair.«

    »Freut mich, Céline nicht Dion.«
    »Sind wir nicht ein nettes Paar?«
    Céline schniefte und fuhr sich mit dem Handgelenk über die Nase. Ich griff in meine Handtasche, ging zu ihrem Tisch und gab ihr ein Papiertaschentuch.
    »Wie lange suchst du schon nach dieser Kelly Sicard?«
    »Fast zehn Jahre.«
    Céline schaute mich an, als hätte ich gesagt, Kelly wäre nach Gallipoli durchgebrannt.
    »Das andere Mädchen ist erst seit zwei Wochen verschwunden. « Ich sagte nichts von Évangéline, die seit über dreißig Jahren verschwunden war. »Sie heißt Phoebe Jane Quincy.«
    Céline nahm noch einen langen Zug, und dann gesellte sich diese Kippe zur der anderen im Blechdeckel.
    »Phoebe ist erst dreizehn. Sie verschwand auf dem Weg zum Tanzunterricht.«
    Célines Hand hielt kurz inne und zerdrückte dann weiter den Zigarettenstummel. »Hast du Kinder?«
    »Nein«, sagte ich.
    »Ich auch nicht.« Céline starrte den Blechdeckel an, aber ich glaube nicht, dass sie ihn sah. Sie sah einen Ort und eine Zeit, die weit weg waren von dem kleinen Tisch im Le Passage Noir. »Dreizehn Jahre. Ich wollte Balletttänzerin werden.«
    »Das ist Phoebe.« Ich zog ein Foto aus Ryans Umschlag und legte es auf den

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