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Knochen zu Asche

Knochen zu Asche

Titel: Knochen zu Asche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathy Reichs
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aufzuzählen, unterbrach ich sie. »Vielleicht könnten wir das überspringen, bis ich Ihren schriftlichen Bericht habe.«
    »Natürlich. Nun, mal sehen. Es gibt Variationen im Vorhanden- oder Nichtvorhandensein von unbedeutenderen Arten undVariationen imVerhältnis der dominanten Arten. Das ist bei der Komplexität der Kleinstlebensräume zu erwarten.«
    Ich fügte Schwanzfedern hinzu.
    »Im Wesentlichen unterteilen sich die Proben in drei Cluster-Zonen. Ein Lebensraum in der Flussmitte mit einer Wassertiefe von über zwei Metern und mäßiger Strömung. Ein Flachwasser-Lebensraum mit weniger als zwei Metern Tiefe und langsamer Strömung. Und ein Lebensraum am Fluss- oder Seeufer, also über dem Wasserspiegel.«
    Ein Auge. Noch mehr Federn.
    »Vielleicht sollte ich unser statistisches Vorgehen erläutern. Wir machen eine Cluster-Analyse, um die Cluster zu bestimmen, die ich eben erwähnt habe.« Suskind machte ein trötendes Geräusch, das wohl Lachen sein sollte. »Natürlich. Deshalb nennt man sie ja Cluster-Analyse.«
    Ich zeichnete einen Schnabel.
    »Um die Kontrollproben mit den Opferproben zu vergleichen, benutzen wir eine Transferfunktion, die man moderne Analogtechnik nennt. Wir berechnen die Unähnlichkeit zwischen einer Opferprobe und der ähnlichsten Referenzprobe, wobei wir die Sehnenlänge im Quadrat als Unähnlichkeitskoeffizienten –«

    »Können wir auch die quantitative Analyse für den schriftlichen Bericht aufheben?«
    »Natürlich. Das Endergebnis.Wir fanden heraus, dass die Diatomeen-Zusammensetzung in der Socke starke Ähnlichkeit mit Proben aufwies, die wir in der Seemitte und am Seeufer entnommen hatten.«
    Füße mit Schwimmhäuten.
    »Unsere analoge Vergleichstechnik deutet darauf hin, dass die größte Ähnlichkeit am Seeufer mit einer Referenzprobe besteht, die wir an der Unterseite eines Bootsanlegestegs im Naturreservat Bois de L’Île-Bizard entnommen haben, nicht weit von Ihrem Leichenfundort entfernt.«
    Mein Stift verharrte.
    »Sie können das mit einer solchen Präzision feststellen?«
    »Natürlich. Was wir machen –«
    »Wo ist dieses Reservat?«
    Sie sagte es mir. Ich notierte es.
    »Was ist mit der Knochenprobe?«
    »Ich fürchte, das ist ein bisschen komplexer …«
    Aber jetzt war ich ganz Ohr. »Fahren Sie fort.«
    »Die Diatomeen-Flora an der Knochenoberfläche ist der aus der Socke sehr ähnlich. Der Markhöhle konnten wir keine Diatomeen entnehmen.«
    »Das heißt?«
    »Die Interpretation einer negativen Beweislage ist immer riskant.«
    »Schlagen Sie ein paar Szenarien vor.«
    »Diatomeen gelangen in den Körper durch Einatmen, Schlucken und durch das Eindringen von Wasser in die Lunge. Egal, auf welchem Weg sie in den Körper gelangen, wenn sie nur winzig genug sind, setzen Diatomeen sich in den Organen und dem Mark eines Körpers ab. Bei etwa dreißig Prozent aller Ertrunkenen lassen sich Diatomeen im Knochenmark feststellen. Doch bei Fällen, in denen das Opfer in der Badewanne oder
einer ähnlichen Stadtwasserumgebung ertrank, sind sie nur bei einem erheblich geringeren Prozentsatz feststellbar, etwa bei zehn Prozent.«
    »Weil Diatomeen und andere Verunreinigungen aus unserem Haushaltswasser herausgefiltert werden«, vermutete ich.
    »Natürlich. Wenn sie in Haushaltswasser vorhanden sind, dann stammen sie am ehesten aus Reinigungsmitteln. Aber das sind einzigartige und leicht erkennbare Arten.«
    »Sie haben keine gefunden.«
    »In der Markhöhle haben wir rein gar nichts gefunden.«
    »Dann ist es also möglich, dass das Opfer in behandeltem oder gefiltertem Wasser ertrunken ist und nicht im Fluss?«
    »Das ist möglich.Aber lassen Sie mich fortfahren. Die Diatomeen-Konzentration im Knochenmark ist normalerweise proportional zur Diatomeen-Konzentration im Ertrinkensmedium. Diese Konzentration variiert in Relation zum natürlichen Zyklus des Erblühens und Absterbens. In der nördlichen Hemisphäre kommt es im Frühjahr und im Herbst zur Diatomeen-Blüte, was während des ganzen Sommers für eine dauerhaft hohe Dichte in Flüssen und Seen sorgt. Im Winter ist die Dichte normalerweise am geringsten.«
    »Das Opfer hätte also im Fluss ertrunken sein können, aber vor der diesjährigen Frühjahrsblüte.«
    »Das ist eine andere Möglichkeit.«
    »Wann war die Blüte dieses Jahr?«
    »Im April.«
    Ich schrieb Text neben mein Gekritzel.
    »Zum Transport der Diatomeen ist das Einatmen von Wasser nötig«, fuhr Suskind fort. »Der Transport funktioniert, weil

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