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Knochenarbeit: 2. Fall mit Tempe Brennan

Knochenarbeit: 2. Fall mit Tempe Brennan

Titel: Knochenarbeit: 2. Fall mit Tempe Brennan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathy Reichs
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Gittertür auf. Wir folgten ihm in das Zimmer, in dem wir auch tags zuvor gewesen waren, und setzten uns auf dieselbe Rattancouch. Es war sehr still im Haus.
    »Wenn Sie mich entschuldigen, ich bin gleich zurück. Kann ich Ihnen irgend etwas anbieten?«
    Wir verneinten, und er verließ das Zimmer. An der Decke surrte leise ein Ventilator.
    Bald darauf hörte ich Stimmen und Gelächter, dann das Quietschen der Gittertür. Als Owens’ Anhänger hereinströmten, musterte ich sie einen nach dem anderen. Ich spürte, daß Ryan dasselbe tat.
    Nach wenigen Minuten war der Raum gesteckt voll, und mir blieb nur eine Schlußfolgerung übrig. Die Versammlung sah total unauffällig aus. Ebensogut hätten sie eine Baptistengruppe auf ihrem alljährlichen Sommerausflug sein können. Sie scherzten und lachten und sahen alles andere als unterdrückt aus.
    Es gab Babys, Erwachsene, mindestens einen Siebzigjährigen, aber keine Jugendlichen oder Kinder. Ich zählte sie schnell durch: sieben Männer, dreizehn Frauen, drei Babys. Helen hatte gesagt, daß sechsundzwanzig in der Kommune lebten.
    Hillbilly und Helen erkannte ich wieder. El stand an der Tür, mit Carlie auf der Hüfte. Sie sah mich aufmerksam an. Ich lächelte ihr zu, dachte an unser Zusammentreffen gestern nachmittag. Sie verzog keine Miene.
    Mein Blick wanderte suchend über die anderen Gesichter. Kathryn war nicht dabei.
    Als Owens zurückkehrte, wurde es still im Zimmer. Er stellte uns vor und erklärte dann, warum wir hier waren. Die Erwachsenen hörten aufmerksam zu, traten einen Schritt näher. Ryan gab das Foto von Brian und Heidi einem Mann mittleren Alters, der links von ihm stand, und skizzierte den Fall, ohne unnötig ins Detail zu gehen. Der Mann sah das Foto an und gab es weiter. Während das Bild die Runde machte, studierte ich jedes Gesicht und suchte nach kleinen Veränderungen im Ausdruck, die auf ein Wiedererkennen hätten hindeuten können. Doch ich sah nur Verwirrung und Mitleid.
    Als Ryan geendet hatte, forderte Owens seine Anhänger auf, etwas zu dem Paar oder den Anrufen zu sagen. Niemand reagierte.
    »Mr. Ryan und Dr. Brennan haben um die Erlaubnis gebeten, einzeln mit euch sprechen zu dürfen.« Owens sah von einem Gesicht zum anderen. »Ihr könnt ohne Scheu mit ihnen reden. Wenn euch etwas durch den Kopf geht, teilt es ihnen aufrichtig und hilfsbereit mit. Wir haben diese Tragödie nicht verursacht, aber wir sind Teil des kosmischen Ganzen und sollten tun, was in unserer Macht steht, um diese Störung der universellen Ordnung zu beheben. Tut es im Namen der Harmonie.«
    Alle Blicke waren auf ihn gerichtet, und ich spürte eine merkwürdige Intensität im Zimmer.
    »Diejenigen unter euch, die nicht sprechen können, sollten deswegen weder Schuld noch Scham empfinden.« Er klatschte in die Hände. »Okay. Arbeitet und laßt es euch gutgehen. Ganzheitliche Vervollkommnung durch kollektive Verantwortlichkeit!«
    Verschone mich, dachte ich.
    Nachdem sie gegangen waren, dankte ihm Ryan.
    »Hier ist nicht Waco, Mr. Ryan. Wir haben nichts zu verbergen.«
    »Wir hatten gehofft, mit der jungen Frau sprechen zu können, die wir gestern kennengelernt haben«, sagte ich.
    Er sah mich an und sagte dann: »Junge Frau?«
    »Ja. Sie kam mit einem Kind herein. Ich glaube, Carlie hieß der Kleine.«
    Owens sah mich so lange an, daß ich schon dachte, er würde sich nicht mehr erinnern. Dann lächelte er.
    »Sie meinen wohl Kathryn. Sie hat heute einen Termin.«
    »Einen Termin?«
    »Warum interessieren Sie sich gerade für Kathryn?«
    »Sie scheint ungefähr so alt zu sein wie Heidi. Ich dachte, vielleicht kannten sich die beiden.« Irgend etwas sagte mir, daß es besser war, unsere Saftparty in Beaufort nicht zu erwähnen.
    »Kathryn war im letzten Sommer nicht hier. Sie war zu Besuch bei ihren Eltern.«
    »Verstehe. Wann kommt sie zurück?«
    »Das weiß ich nicht genau.«
    Die Gittertür ging auf, und ein großer Mann erschien in der Diele. Er war dünn wie eine Vogelscheuche, und quer über seine rechte Augenbraue und die rechten Wimpern verlief ein weißer Streifen, der ihm ein merkwürdig schiefes Aussehen gab. Ich erinnerte mich an ihn. Er hatte während der Versammlung neben dem Durchgang gestanden und mit einem der Kinder gespielt. Owens hob den Zeigefinger, die Vogelscheuche nickte und zeigte zum hinteren Teil des Hauses. Der Mann trug einen wuchtigen Ring, der an seinem langen, knochigen Finger völlig fehl am Platze wirkte.
    »Es tut mir leid, aber ich

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