Knochenarbeit: 2. Fall mit Tempe Brennan
leer.
Birdies Schüsseln standen an ihrem gewohnten Platz unter dem Panoramafenster. Komisch, daß Pete sie nicht geleert hatte. So unordentlich mein ehemaliger Gatte mit allem anderen war, so pingelig war er mit Lebensmitteln. Ich machte einen kurzen Kontrollgang, um nachzusehen, ob der Kater sich unter einem Sessel oder in einem Schrank versteckte. Kein Bird.
Ich rief Pete an, aber er war, wie beim letzten Mal, nicht zu Hause. Harry ebenfalls nicht. Weil mir der Gedanke kam, daß sie vielleicht nach Hause geflogen war, wählte ich ihre Nummer in Texas. Auch dort keine Antwort.
Nach dem Auspacken machte ich mir ein Thunfisch-Sandwich und aß es mit Dillgurken und Chips, während ich mir das Ende eines Spiels der Hornets anschaute. Um zehn schaltete ich den Fernseher aus und versuchte es noch einmal bei Pete. Wieder keine Antwort. Ich überlegte, ob ich zu ihm fahren sollte, um Birdie abzuholen, beschloß aber, es bis zum Morgen sein zu lassen.
Ich duschte und machte es mir dann mit den Bélanger-Kopien im Bett gemütlich. Die Unterbrechung hatte Louis-Philippe nicht interessanter gemacht, und nach einer Stunde fielen mir die Augen zu. Ich schaltete das Licht aus, kuschelte mich in die Kissen und hoffte, daß einige Stunden Schlaf in meinem Kopf wieder Ordnung schaffen würden.
Zwei Stunden später saß ich aufrecht im Bett, mein Herz raste, und mein Kopf versuchte verzweifelt herauszufinden, warum. Ich drückte mir die Decke an die Brust und wagte kaum zu atmen. Was war los, um Gottes willen?
Stille. Das einzige Licht im Zimmer kam von meinem Wecker.
Das Krachen splitternden Glases stellte mir die Härchen auf Armen und Nacken auf. Die Erinnerung an einen anderen Einbruch blitzte vor mir auf, reptilische Augen, ein im Mondlicht funkelndes Messer. Ein einziger Gedanke knisterte in meinem Gehirn.
Nicht schon wieder!
Krach, peng.
Ja, wieder!
Das Geräusch kam nicht von draußen! Es kam von unten! Es war in meinem Haus! Was tun? schoß es mir durch den Kopf. Die Schlafzimmertür zusperren? Nachsehen? Die Polizei rufen?
Dann roch ich Rauch.
Scheiße!
Ich warf die Decke zurück, und während ich durchs Zimmer taumelte, versuchte ich, in all meiner Angst einen klaren Gedanken zu fassen. Eine Waffe. Ich brauchte eine Waffe. Warum hatte ich mich nur immer geweigert, eine Pistole zu führen?
Ich torkelte zum Toilettentisch und tastete nach einer großen Schneckenmuschel, die ich auf den Outer Banks gefunden hatte. Sie würde zwar nicht töten, aber sie würde ins Fleisch eindringen und Schaden anrichten. Ich drehte die scharfe Spitze nach vorne, schob die Finger in die Öffnung und drückte den Daumen gegen die Schale.
Kaum atmend, schlich ich zur Tür. Mit der freien Hand tastete ich mich an vertrauten Oberflächen entlang, als wären sie Richtungsweiser in Blindenschrift. Toilettentisch. Türknauf. Gang.
Am Treppenabsatz blieb ich stehen und spähte in die Dunkelheit. Das Blut rauschte mir in den Ohren, als ich, die Muschel fest umklammernd, dastand und lauschte. Von unten kein Ton. Wenn jemand da unten war, blieb ich besser oben und rief die Polizei. Doch wenn es unten brannte, mußte ich hinaus.
Ich atmete tief durch und stellte einen Fuß auf die erste Stufe. Dann die zweite. Die dritte. In der Hocke, die Muschel auf Schulterhöhe, kroch ich nach unten. Der beißende Geruch wurde stärker. Rauch. Benzin. Und noch etwas. Etwas Vertrautes.
Unten verharrte ich, die Szene vor Augen, die sich vor kaum einem Jahr in Montreal abgespielt hatte. Damals hatte mir ein Killer aufgelauert, in meinem eigenen Haus.
Das wird nicht noch einmal passieren. Ruf die Polizei. Mach, daß du rauskommst!
Ich umrundete den Geländerpfosten und spähte ins Eßzimmer.
Schwärze. Dann drehte ich mich zum Wohnzimmer um. Dunkelheit, aber merkwürdig verändert.
Das andere Ende des Zimmers war in einen bräunlichen Schimmer getaucht. Der Kamin, die Queen-Anne-Sessel, alle Einrichtungsgegenstände und Bilder flimmerten leicht, wie in einer Fata Morgana. Durch die Küchentür sah ich orangefarbenes Licht, das vor dem Kühlschrank flackerte.
Iiiiiieeeeeeeeeeeeee!
Mir stockte der Atem, als ein schrilles Jaulen die Stille zerriß. Ich zuckte zusammen, die Muschel traf auf Verputz. Zitternd lehnte ich mich gegen die Wand.
Der Lärm kam vom Rauchmelder!
Ich suchte nach Anzeichen von Bewegung. Nichts außer Dunkelheit und das unheimliche Flackern.
Das Haus brennt! Beweg dich!
Mit hämmerndem Herzen und stoßweiße atmend
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