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Knochenarbeit: 2. Fall mit Tempe Brennan

Knochenarbeit: 2. Fall mit Tempe Brennan

Titel: Knochenarbeit: 2. Fall mit Tempe Brennan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathy Reichs
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Mann, Tante Tempe, ich glaube, ich hab wirklich Mist gebaut. Sie hat angerufen. Ich habe ihre Nachricht auf der anderen Kassette gefunden.«
    »Was für eine andere Kassette?«
    »Ich habe einen dieser alten Anrufbeantworter mit den Minikassetten. Die eine ließ sich nicht mehr richtig zurückspulen, also habe ich eine neue eingelegt. Ich habe nicht mehr daran gedacht bis gerade eben, als eine Freundin vorbeigekommen ist. Ich war ziemlich sauer auf sie, weil wir letzte Woche miteinander ausgehen wollten, aber als ich sie abholen kam, war sie nicht zu Hause. Und als sie heute abend vorbeikam, sagte ich ihr, sie solle mich in Ruhe lassen, aber sie beharrte darauf, daß sie eine Nachricht hinterlassen hätte. Es gab Krach, und ich holte das alte Band heraus und spielte es ab. Ihre Nachricht war wirklich drauf, aber Harrys ebenso. Ganz am Ende.«
    »Was hat deine Mutter gesagt?«
    »Sie klang ziemlich wütend. Du weißt doch, wie Harry ist. Aber sie klang auch verängstigt. Sie war irgendwo auf einer Farm oder so und wollte weg, aber keiner wollte sie nach Montreal zurückfahren. Ich glaube deshalb, daß sie immer noch in Kanada ist.«
    »Was hat sie sonst noch gesagt?« Mein Herz hämmerte so stark, daß ich schon befürchtete, mein Neffe würde es hören.
    »Sie meinte, daß die Sache allmählich unheimlich werde und daß sie wegwolle. Dann war das Band zu Ende, oder sie wurde abgewürgt. Ich bin mir nicht sicher. Die Nachricht brach einfach ab.«
    »Wann war der Anruf?«
    »Pam hat am Montag angerufen. Harrys Nachricht kam danach.«
    »Hast du keine Datumsanzeige?«
    »Die Maschine stammt noch aus der Truman-Zeit.«
    »Wann hast du das Band gewechselt?«
    »Ich glaube, am Mittwoch oder Donnerstag. Ich weiß es nicht mehr genau. Aber vor dem Wochenende, das weiß ich sicher.«
    »Überleg, Kit.«
    Die Leitung summte.
    »Donnerstag. Als ich vom Boot nach Hause kam, war ich müde, und das Band ließ sich nicht zurückspulen, also habe ich die Kassette herausgenommen und in die Ecke geworfen. Dann habe ich die neue eingelegt. Scheiße, das heißt, sie hat mindestens vor vier Tagen angerufen, vielleicht sogar vor sechs. O Gott, hoffentlich ist alles in Ordnung mit ihr. Sie klang ziemlich panisch, sogar für ihre Verhältnisse.«
    »Ich glaube, ich weiß, bei welchen Leuten sie ist. Es ist bestimmt alles in Ordnung mit ihr.« Ich glaubte meinen eigenen Worten nicht.
    »Ruf mich an, sobald du mit ihr gesprochen hast. Sag ihr, daß ich ein schlechtes Gewissen habe. Ich war einfach gedankenlos.«
     
    Ich ging zum Fenster und drückte das Gesicht an die Scheibe. Der Eisbezug verwandelte die Straßenlampen in Sonnen und die Fenster meines Nachbarn in schimmernde Rechtecke. Tränen liefen mir über die Wangen, als ich an meine Schwester dachte, irgendwo da draußen in diesem Sturm.
    Ich schleppte mich wieder ins Bett, schaltete die Lampe an und wartete auf Ryans Anruf.
    Ab und zu wurde das Licht schwächer, flackerte und kehrte dann wieder zu Normalstärke zurück. Ein Jahrtausend verging. Das Telefon blieb stumm.
    Ich schlief ein.
    Es war der Traum, der mir schließlich die Erleuchtung brachte.

32
    Ich stehe da und starre die alte Kirche an. Es ist Winter, die Bäume sind kahl. Obwohl der Himmel bleigrau ist, werfen die Äste Spinnennetze über die verwitterten grauen Steinmauern. Die Luft riecht nach Schnee, und die Stille vor dem Sturm lastet schwer auf mir. In der Entfernung sehe ich einen gefrorenen See.
    Eine Tür geht auf, und im sanft gelben Schein von drinnen erkenne ich die Silhouette einer Gestalt. Sie zögert und geht dann, den Kopf gegen den Wind gesenkt, in meine Richtung. Die Gestalt kommt näher, und ich sehe, daß es eine Frau ist. Ihr Gesicht ist verschleiert, und sie trägt ein langes schwarzes Kleid.
    Als die Frau nur noch wenige Schritte entfernt ist, fallen die ersten pulverisierten Flocken. Sie trägt eine Kerze, und ich merke, daß sie gebeugt geht, um die Flamme zu schützen. Ich frage mich, warum die Flamme nicht verlöscht.
    Die Frau bleibt stehen und nickt mir zu. Schon ist ihr Schleier mit Schnee gesprenkelt. Ich bemühe mich, ihr Gesicht zu erkennen, aber es verschwimmt immer wieder, wie Kiesel am Grund eines tiefen Tümpels.
    Sie dreht sich um, und ich folge ihr.
    Die Frau entfernt sich immer weiter von mir. Ich erschrecke und will sie einholen, aber mein Körper reagiert nicht. Meine Beine sind wie Blei, ich kann nicht laufen. Ich sehe, wie sie in der Tür verschwindet. Ich will rufen, bringe

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