Knochenarbeit: 2. Fall mit Tempe Brennan
Nudeln hin.
Als Pete die Tüte nahm, erschien Birdie. Er streckte erst einen Hinterlauf, dann den zweiten und setzte sich dann mit abgewinkelten Pfoten hin. Sein Blick suchte mein Gesicht, aber er kam nicht näher.
»He, Bird. Hast du mich vermißt?«
Die Katze rührte sich nicht.
»Du hast recht. Er ist sauer«, sagte ich.
Ich warf meine Handtasche auf die Couch und folgte Pete in die Küche. Auf den Stühlen am Tisch türmte sich Post, das meiste davon ungeöffnet. Dasselbe traf auf die Polsterbank unter dem Fenster zu und das Holzregal unter dem Telefon. Ich sagte nichts. Das war nicht mehr mein Problem.
Wir verbrachten eine angenehme Stunde mit Spaghetti-Essen und Reden über Katy und andere Familienmitglieder. Ich erzählte ihm, daß seine Mutter angerufen und sich über Vernachlässigung beklagt habe. Pete meinte, er würde sie und Birdie in einem Gemeinschaftsprozeß vertreten. Ich sagte ihm, er solle sie anrufen. Er versprach es.
Um halb neun trug ich Birdie zum Auto, und Pete folgte mit den Utensilien. Meine Katze reist mit mehr Gepäck als ich.
Als ich die Tür öffnete, legte Pete die Hand auf meine.
»Bist du sicher, daß du nicht bleiben willst?«
Er verstärkte den Griff und strich mir mit der anderen Hand sanft über die Haare.
Wollte ich? Seine Berührung fühlte sich gut an, und das Abendessen hatte so normal, so ungezwungen gewirkt. Ich spürte, daß etwas in mir schmolz.
Schalt dem Hirn ein, Brennan. Du bist müde. Du bist geil. Mach, daß du nach Hause kommst.
»Was ist mit Judy?«
»Eine vorübergehende Störung der kosmischen Ordnung.«
»Ich glaube nicht, Pete, das hatten wir doch schon. Der Abend war schön.«
Er zuckte die Achseln und ließ die Hände sinken.
»Du weißt ja, wo ich wohne«, sagte er und ging zum Haus zurück.
Ich habe irgendwo gelesen, daß das menschliche Gehirn aus zehn Milliarden Zellen besteht. In dieser Nacht waren in meinem Hirn sämtliche Zellen hellwach und stritten aufgeregt nur über ein Thema: Pete.
Warum hatte ich meinen Schlüssel nicht benutzt?
Grenzen, argumentierten die Zellen. Nicht das alte »Hier ist eine Linie im Sand, die du nicht überschreiten darfst«, sondern die Errichtung neuer territorialer Schranken, sowohl real wie symbolisch.
Warum überhaupt die Trennung? Es hatte eine Zeit gegeben, in der ich nichts mehr wollte, als Pete zu heiraten und den Rest meines Lebens mit ihm zu verbringen. Wie unterschied sich mein damaliges Ich von meinem jetzigen? Ich war sehr jung gewesen, als ich heiratete, aber war mein damals noch reifendes Ich so anders gewesen als mein heutiges? Oder hatten die beiden Petes verschiedene Wege eingeschlagen? War der Pete, den ich geheiratet hatte, so verantwortungslos gewesen? So unzuverlässig? Hatte ich früher geglaubt, das sei Teil seines Charmes?
Du klingst schon fast wie ein Song von Sammy Kahn, krähten die Zellen.
Was hatte zu unserem gegenwärtigen Getrenntsein geführt? Welche Entscheidungen hatten wir getroffen? Würden wir dieselben Entscheidungen noch einmal treffen? Lag es an mir? An Pete? War es Schicksal? Was war schiefgelaufen? Oder war es genau richtig so? War ich jetzt auf einem neuen, aber dem richtigen Weg, nachdem die Straße unserer Ehe mich so weit gebracht hatte, wie sie mich hatte bringen können?
Schwierige Fragen, sagten die Hirnzellen.
Wollte ich noch immer mit Pete schlafen?
Ein einstimmiges Ja von den Zellen.
Aber das letzte Jahr war, was Sex angeht, ziemlich mager gewesen.
Interessante Wortwahl, bemerkten die Vertreter meines Es. Mager. Kein Fleisch. Läßt auf Hunger schließen.
Da war doch dieser Anwalt in Montreal, protestierte ich.
Das war doch nichts, entgegnete die höhere Instanz. Bei dem Kerl hat sich die Nadel ja kaum gerührt. Aber bei Pete ist die Spannung im roten Bereich.
Mit dem Hirn ist nicht zu diskutieren, wenn es in einer solchen Stimmung ist.
14
Am Mittwoch morgen hatte ich gerade mein Büro an der Uni betreten, als das Telefon klingelte. Es überraschte mich, Ryans Stimme zu hören.
»Ich will keinen Wetterbericht«, sagte er zur Begrüßung.
»Knappe zwanzig Grad, man braucht schon Sonnencreme.«
»Sie haben wirklich eine gemeine Ader, Brennan.«
Ich sagte nichts.
»Lassen Sie uns über St. Jovite reden.«
»Schießen Sie los.« Ich nahm einen Stift zur Hand und fing an, Dreiecke zu kritzeln.
»Wir haben die Namen der vier im Nebengebäude.«
Ich wartete.
»Es war eine Familie. Mutter, Vater und zwei Kinder.«
»So weit waren wir
Weitere Kostenlose Bücher