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Knochenbrecher (German Edition)

Knochenbrecher (German Edition)

Titel: Knochenbrecher (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernd Flessner
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irgendwelche Artikel über Hedda Bogena erschienen?«
    »Soweit ich mich erinnern kann, nicht«, antwortete Oma Jansen, »aber ich kann ja noch mal nachschauen, wenn ich alles für Sie zusammenstelle. Ich fange gleich damit an und lichte Ihnen morgen oder übermorgen alles beim Pastor ab. Der hat nämlich einen Fotokopierer in seinem Büro, den ich benutzen kann. Alles andere schreibe ich Ihnen auf, die Krankheiten, soweit ich da etwas weiß. Ich rufe Sie an, wenn ich fertig bin.«
    Greven bedankte sich, zog beim Hinausgehen den Kopf ein, um ihn sich nicht zu stoßen, und ging am alten Friedhof und der Kirche vorbei zu seinem Auto. Als er den Wagen öffnete, sah er sich kurz um und ärgerte sich im selben Augenblick über diese Aktion. Kein Mensch war ihm gefolgt, auch kein Schatten. Die kleine Kreuzung hinter der Kirche war leer wie sein Konto nach der letzten Italienfahrt. Nur das kreisrunde Fenster der Kirche starrte ihn an wie das Auge Polyphems, der von Odysseus geblendet worden war. Auf die wütende Frage nach seinem Blender hatte Odysseus dem schreienden Zyklopen »Niemand« geantwortet, worauf Polyphem den anderen Zyklopen der Insel zugerufen hat: »Niemand hat mich geblendet!« Natürlich war ihm daraufhin keiner zu Hilfe gekommen, um Odysseus zu verfolgen. Niemand war ihm gefolgt, nicht einmal ein Schatten. Odysseus aber hatte das Schattenreich besucht und sich den Schatten gestellt.
    Greven wollte gerade einsteigen, als sein Handy wimmerte. Ackermann hatte einen Anruf von Klaus Bogena erhalten: »Er ist sich ziemlich sicher, vor einer Stunde seinen Vater auf dem Neuen Weg in Norden gesehen zu haben.«
    »Wie will er ihn denn erkannt haben?«, fragte Greven ungläubig. »Er kann ihn ja nur von Fotos her kennen.«
    »Er hätte sich kaum verändert, hat Bogena gemeint, sondern wäre nur älter geworden. Zu Hause hätte er sich die alten Fotos genau angesehen, und die hätten seinen Verdacht bestätigt.«
    »Also doch ein Schatten«, sagte Greven.
    »Wie soll ich das jetzt verstehen?«
    »Entschuldige, ich war in Gedanken. Wenn das stimmt, sollten wir uns mal mit ihm unterhalten. Vielleicht haben wir Glück, und er wohnt nicht bei einem Freund.«
    »Das hält Bogena für unwahrscheinlich. Angeblich hat sein Vater nur zwei halbwegs gute Freunde gehabt, von denen einer seit Jahren tot, der andere weggezogen sei. Wir kümmern uns schon darum.«
     
    Sein Knie rührte sich nicht. Seit dem Mord an Tante Hedda und seinem Bad im Hafenbecken hatte sich der Schmerz zurückgezogen.
    Auch jetzt spürte er nichts. Er fuhr durch Leybuchtpolder und spürte nichts.
    Nicht im Geringsten hatte Greven mit dem Vater von Klaus Bogena gerechnet, hatte ihn in den USA oder Brasilien vermutet, abgeschnitten von jeglichen Nachrichten aus seiner alten Heimat. Wie hätte er dort etwas von den beiden Morden erfahren sollen? Morde in der deutschen Provinz waren in amerikanischen Nachrichten kein Thema. Allenfalls ein paar der deutschsprachigen Zeitungen hätten etwas bringen können. Eine bessere Erklärung war für Greven, dass der Mann längst wieder zurückgekehrt oder aber gar nicht so weit gekommen war, wie Klaus vermutet hatte.
    In Upgant-Schott meldete sich Ackermann wieder: »Wir haben ihn schon. Bogena hat sich nicht geirrt. Sein Vater wohnt seit Montag unter seinem richtigen Namen in der Pension Möller in der Uffenstraße. Übrigens ist er im Moment auf seinem Zimmer, sagt die Wirtin.«
    »Das bin ich auch gleich«, fügte Greven hinzu und bog nach links auf die B 72 ab.
    Siegfried Jührns musste finanziell nicht gut dastehen, denn er hatte die mit Abstand billigste Unterkunft gewählt, die Norden zu bieten hatte. Eine echte Absteige, die gerne von Handlungsreisenden genutzt wurde, die ihre dürftigen Spesen pauschal abrechnen und so noch ein paar Euro machen konnten. Das unauffällige, schmale Haus steckte zwischen zwei Neubauten, der Name der Pension war fast verblasst. Man musste sie kennen, um hier übernachten zu wollen. Das taten offenbar genügend Menschen, denn es hingen nur eine Handvoll Schlüssel über den Postfächern in der Rezeption, die kaum größer war als Monas Gästetoilette. Hinter dem stumpfen Tresen stieß Greven nicht auf die alte Wirtin, die er erwartet hatte, sondern auf eine junge Frau mit dunklen Augen und langen, kastanienbraunen Haaren. »Zimmer Nummer neun«, sagte sie freundlich, »die Treppe hoch und dann links.«
    »Danke, ich war schon mal da«, antwortete Greven, dessen Augen sich kurz in den

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