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Knochenbruch

Knochenbruch

Titel: Knochenbruch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dick Francis
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zustande, wie dumpfes, geistloses Erdulden und nebelhafte Verwirrung. Unter allen Entführungskandidaten hätte ich mich zu den unwahrscheinlichsten gerechnet.
    Es gab vieles, was für ein halb bewußtloses Gehirn in einem halb bewußtlosen Körper sprach. Mens blotto in corpore ditto … Die Worte tröpfelten unlogisch durch meine Gedanken, und ein Lächeln begann irgendwo entlang des richtigen Nervs, kam jedoch nicht bis zu meinem Mund. Mein Mund war ohnehin halb auf Tuchfühlung mit irgendeinem Bezug aus Lederimitat, der nach Hund roch. Es heißt, viele erwachsene Männer riefen in Augenblicken der Todesangst nach ihren Müttern und dann nach ihrem Gott: Ich jedenfalls hatte keine Mutter mehr, seit ich zwei war, und bis ich sieben wurde, hatte ich geglaubt, Gott sei jemand, der mit ihr davongelaufen war und nun an irgendeinem anderen Ort mit ihr zusammenlebte … ( »Gott hat deine Mutter genommen, Schätzchen, weil er sie mehr brauchte als du« ), ein Umstand, der ihn mir nie besonders sympathisch gemacht hatte, und außerdem hatte ich gar keine Todesangst, sondern lediglich eine gewaltige Gehirnerschütterung, ein paar sehr schmerzhafte Stellen am Körper und vielleicht eine grausige Zukunft am Ende der Reise. Inzwischen ging die Fahrt weiter und weiter. Sie wurde in keiner Hinsicht angenehmer. Nach mehreren Jahren blieb der Wagen ruckartig stehen. Ich fiel beinahe vom Sitz. Mein Gehirn war schlagartig wach, und mein Körper verwünschte es dafür.
    Die beiden Gummigesichter ragten über mir auf, zerrten mich aus dem Auto und trugen mich ein paar Stufen hinauf und in ein Haus. Einer von ihnen hatte seine Hände unter meinen Achseln, und der andere hielt mich an den Fußknöcheln fest. Meine hundertsechzig Pfund schienen keine besondere Last zu sein.
    Das plötzliche Licht hinter der Tür blendete mich, ein Grund so gut wie jeder andere, die Augen zu schließen. Ich schloß sie. Der Dampfhammer hatte keineswegs aufgegeben.
    Sie ließen mich fallen, auf die Seite, auf einen hölzernen Fußboden. Gebohnert. Ich konnte das Bohnerwachs riechen. Parfümiert. Schauderhaft. Ich öffnete meine Augen einen kleinen Schlitz weit und fand meine Vermutung bestätigt. In kleinen, zusammengesetzten Quadraten verlegtes Parkett, modern. Birkenfurnier, hauchdünn. Nichts Besonderes. Dicht über mir sprach eine Stimme, die den unverkennbar aufsteigenden Zorn nur mit hörbarer Anstrengung beherrschte.
    » Und wer bitte ist das hier? «
    Es entstand eine lange, atemlose Stille, in der ich gelacht hätte, hätte ich es gekonnt. Die Gummigesichter hatten nicht mal den richtigen Mann geschnappt. Diese ganzen Prügel für nichts und wieder nichts. Und auch keine Garantie, daß sie mich wieder nach Hause bringen würden.
    Ich blinzelte ins Licht. Der Mann, der gesprochen hatte, saß auf einem ledergepolsterten Lehnstuhl, die Finger steif über einem anschwellenden Wanst gefaltet. Seine Stimme hatte ziemliche Ähnlichkeit mit der von Gummimaske: ohne besonderen Akzent, aber nicht englisch. Seine Schuhe, die mehr auf meiner Höhe lagen, waren weich, handgemacht und aus Genueser Leder.
    Italienischer Stil. Nicht besonders aufschlußreich: Italienische Schuhe werden von Hongkong bis San Francisco verkauft.
    Eines der Gummigesichter räusperte sich. »Es ist Griffon.«
    Die Überreste des Lachens erstarben kalt. Griffon war tatsächlich mein Name. Wenn ich nicht der richtige Mann war, mußten sie es auf meinen Vater abgesehen haben. Aber das machte genausowenig Sinn: Er war wie ich in keinem entführungsanfälligen Beruf tätig.
    Der Mann auf dem Lehnstuhl sagte, noch immer mit demselben gezügelten Zorn, durch zusammengebissene Zähne: »Es ist nicht Griffon.«
    »Doch«, beharrte Gummigesicht matt.
    Der Mann erhob sich von seinem Lehnstuhl und rollte mich mit seiner eleganten Schuhspitze auf den Rücken.
    »Griffon ist ein alter Mann«, sagte er. Die beißende Schärfe seiner Stimme ließ die beiden Gummigesichter einen Schritt zurücktaumeln, als hätte er sie geschlagen.
    »Sie haben uns nicht gesagt , daß er alt ist.«
    Das andere Gummigesicht unterstützte seinen Kollegen mit einem defensiven Jaulen und einem anderen Akzent. Diesmal waschechtes Amerika. »Wir haben ihn den ganzen Abend beobachtet, er ist durch die Ställe gegangen und hat sich die Pferde angesehen. Jedes einzelne. Die Männer, die haben ihn wie ihren Boß behandelt. Er ist der Trainer, er ist Griffon.«
    »Griffons Assistent«, sagte der dicke Mann wutentbrannt. Er

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