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Knochenbruch

Knochenbruch

Titel: Knochenbruch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dick Francis
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gegenüber einem Verlierer; und mochte ich noch so wenig wissen, so wußte ich doch, wie man in Verhandlungen die besten langfristigen Ergebnisse erzielte.
    Ich gratulierte ihm zu seinem Sieg.
    Er wußte nicht recht, wie er damit umgehen sollte, aber zumindest ersparte es ihm die Verlegenheit, zugeben zu müssen, daß er sich zum Narren gemacht hatte.
    »Tommy Hoylake hat ein brillantes Rennen geritten«, bemerkte er und ging darüber hinweg, daß er ihm absolut entgegengesetzte Anweisungen gegeben hatte.
    »Ja, das hat er«, pflichtete ich ihm aus ganzem Herzen bei und wiederholte, daß das übrige Etty und dem routinierten Stallpersonal zu verdanken sei, die wie immer ihr Bestes gegeben hatten.
    Er taute etwas auf, aber ich mußte, ein wenig zu meinem eigenen Erstaunen, feststellen, daß ich Alessandro, im Gegensatz zu meinem Vater, für die Aufrichtigkeit seiner Selbsteinschätzung bewunderte, dafür und für die Charakterstärke, die ihm die Kraft dazu gegeben hatte. Charakterstärke hatte ich eigentlich bis zu diesem Augenblick noch nie mit Alessandro in Verbindung gebracht.
    Seit meinem letzten Besuch hatte das Zimmer meines Vaters das Aussehen eines Büros angenommen. Der reguläre Nachttisch war durch einen viel größeren Tisch ersetzt worden, den man, genauso wie das Bett, mühelos durchs Zimmer rollen konnte. Auf dem Tisch stand das Telefon, durch das er soviel Gift verspritzt hatte, daneben lagen ein Stapel Racing Calendars , einige Ausgaben der Sporting Life , Nennungsformulare und eine Ausgabe von Horses in Training , ferner die Rennberichte der vergangenen drei Jahre und, halb versteckt, die Berichte von Etty in ihrer vertrauten Schulmädchenhandschrift.
    »Was, keine Schreibmaschine?« fragte ich schnodderig, und er erwiderte steif, daß er ein Mädchen aus dem Ort eingestellt habe, das irgendwann in der nächsten Woche kommen würde, um Diktate aufzunehmen.
    »Fein«, sagte ich ermutigend, aber er weigerte sich, freundlich zu sein. Er betrachtete den Sieg im Lincoln als ernsthafte Bedrohung seiner Autorität und drückte mit seinem ganzen Verhalten klar und deutlich aus, daß diese Autorität nicht an mich und nicht einmal an Etty übergehen würde; nicht, solange er irgend etwas tun konnte, um das zu verhindern.
    Er hatte sich selbst in eine überaus zwiespältige Situation gebracht. Jeder Gewinner würde für ihn persönlich eine Marter sein, während er ihn vom finanziellen Standpunkt aus dringend benötigte. Ein zu großer Teil seines Vermögens steckte immer noch in halben Anteilen. Und wenn die Pferde alle so schlecht liefen, wie er es sich zu wünschen schien, würde ihr Wert zusammenschrumpfen wie Dahlien bei Frost.
    Ihn zu verstehen war eine Sache; ihm zu helfen eine ganz andere.
    »Ich kann es gar nicht erwarten, daß du wieder zurückkommst«, sagte ich, aber auch das brachte uns nicht weiter. Es schien, als verheilten die Knochen nicht so schnell, wie man zu Anfang gehofft hatte, und die Erinnerung an die Verzögerung katapultierte ihn nur in eine andere Art von Groll.
    »Irgend so ein Mumpitz, daß die Knochen bei älteren Menschen länger brauchen, um zusammenzuwachsen«, sagte er gereizt. »So viele Wochen … und sie können immer noch nicht sagen, wann ich aus diesen verwünschten Streckapparaten rauskomme. Ich habe ihnen gesagt, daß ich einen Gipsverband will, mit dem ich laufen kann … Verdammt, es gibt doch genug Leute, die das tun … Aber die Ärzte sagen, es gebe viele Fälle, in denen das nicht möglich ist, und daß ich eben einer von denen sei.«
    »Du kannst von Glück sagen, daß du dein Bein überhaupt noch hast«, stellte ich fest. »Zuerst haben sie gedacht, sie müßten es abnehmen.«
    »Was wahrhaftig besser gewesen wäre«, schnaubte er. »Dann wäre ich jetzt schon wieder zurück auf Rowley Lodge.«
    Ich hatte wieder etwas Champagner mitgebracht, aber er wollte keinen haben. Hatte wahrscheinlich Angst, es könnte zu sehr nach einer Feier aussehen.
     
    Gillie nahm mich auf ihre unkomplizierte Art in die Arme, und sie war die erste, die mir zu meinem Erfolg gratulierte: »Ich hab’s dir doch gesagt.«
    »Das hast du«, pflichtete ich ihr zufrieden bei. »Und da ich aufgrund deiner Gewißheit zweitausend Pfund gewonnen habe, führe ich dich ins Empress aus.«
    Das schäbige Schwarze war jedoch knapp.
    »Sieh doch nur«, jammerte sie und zwickte sich mit den Fingern in den Unterleib, »ich hab’s vor zehn Tagen angehabt, und da war’s noch vollkommen in Ordnung.

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